Sensation in Bergisch GladbachFrank Stein wird Bürgermeister und „Ampel“ ist möglich
- Die Wahl in Bergisch Gladbach ist ein Paukenschlag: Stadtkämmerer Frank Stein (SPD) wird überraschend zum Bürgermeister gewählt.
- Auch der Rat bringt eine Sensation: Mit der Mehrheit für Grüne, SPD und FDP ist ein „Ampel“-Bündnis möglich.
- Der Bericht und die Hintergründe zur Wahl in Bergisch Gladbach.
Bergisch Gladbach – Es ist gegen 19 Uhr am Wahlabend, als sich langsam aber sicher eine politische Sensation im Bergischen Löwen verfestigt: Bergisch Gladbach bekommt einen SPD-Bürgermeister und eine Mehrheit für das Bündnis aus Grünen, SPD und FDP. Für die Gladbacher CDU wird es ein rabenschwarzer Abend: Kein Bürgermeister mehr, keine Mehrheit mehr im Rat. Gladbach steht vor einem politischen Neuanfang.
„Frank, Frank“-Rufe, ungeduldiges Hüpfen, minutenlanges rhythmisches Klatschen: Endlich um 21.50 Uhr kommt Frank Stein, der neue Gladbacher Bürgermeister, der Wahlsieger in den Bergischen Löwen – an der Seite von Ehefrau Martina. Im Publikum sind seine zwei Kinder. An diesem Wahlabend fällt man sich zwar nicht in die Arme, man gibt sich nicht mal die Hand, aber an den Tischen von Grünen, SPD und FDP sind dafür nur strahlende Gesichter zu sehen. Stein atmet sichtlich berührt tief durch, bevor er das Mikrofon in die Hand nimmt. „Ich bin überwältigt. Es ist ein beeindruckendes Votum, und ich spüre die Verantwortung, die in diesem Ergebnis liegt“. Das Dreier-Bündnis hätten sich vor einem Jahr das Ziel gesetzt eine Wende im Stadtrat herbeizuführen: „Es ist unglaublich, dass es gelungen ist.“
52,3 Prozent wählen Frank Stein
Stein kommt auf 52,3 Prozent der Stimmen, sein Kontrahent Christian Buchen (CDU) liegt bei 39,2 Prozent. Buchen reagiert enttäuscht, aber gefasst: „Ich habe mir das anders vorgestellt. Ich bin von einer Stichwahl ausgegangen.“ Buchen braucht jetzt Rückendeckung: „Meine Familie und meine Freunde sind für mich da“, sagt Buchen. Die CDU-Mitglieder verfolgen die Wahlergebnisse nicht wie die anderen Parteien an Tischen des Bergischen Löwen, sondern im Spiegelsaal. Eine geschlossene Gesellschaft. Aber diejenigen, die den Spiegelsaal verlassen, berichten von weinenden Politikern, die die Welt nicht mehr verstehen. Viele sehen sich nach einem engagierten Wahlkampf auf der Siegerstraße. Eine krasse Fehleinschätzung.
Möglich gemacht hat den politischen Paukenschlag vor allem eine Entwicklung: die Gewinne der Grünen. Unglaubliche 28,7 Prozent stimmen für diese Partei – 2014 waren es 16 Prozent. Fast eine Verdoppelung. Maik Außendorf von den Grünen: „Das Ergebnis übertrifft alle meinen Erwartungen.“ Die Grünen versammeln sich zwischendurch kurz auf dem Konrad-Adenauer-Platz für ein Danke-Schön-Foto an die Wähler. Mit diesem Wahlergebnis im Rücken formulieren die Grünen am Wahlabend ihren Führungsanspruch in dem Bündnis mit SPD und FDP.
Die SPD verliert im Vergleich zu 2014 rund fünf Prozent. So gesehen eine Wahlniederlage. Klaus Waldschmidt, SPD-Fraktionschef: „Wir haben unseren großen Ziele alle erreicht. Frank Stein ist Bürgermeister, und Bergisch Gladbach bekommt eine neue Mehrheit.“ Ähnlich die Reaktion von FDP-Parteichefin Anita Rick-Blunck: „Wir hätten uns für die Liberalen schon ein paar Punkte mehr gewünscht. Untern Strich müssen wir zufrieden sein, denn wir haben nun einen Neustart für Bergisch Gladbach, den wir uns so sehr gewünscht haben.“
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Auf Anhieb in den Stadtrat schafft es die Freie Wählergeinschaft Bergisch Gladbach. Sie ziehen mit zwei Mandaten in den Stadtrat ein und erhalten den Fraktionsstatus. „Wir freuen uns sehr, dass wir unser Ziel erreicht haben. Die Arbeit der letzten Monate hat sich gelohnt“, sagt Benno Nuding, Vorsitzender der Wählergemeinschaft. Die Bürgerpartei GL holt 2,9 Prozent der Stimmen. Und die AfD landet bei 4,6 Prozent. Ihr Bürgermeisterkandidat Günther Schöpf zeigt sich ein wenig enttäuscht: „Ich hatte mit mehr gerechnet.“ Die Mehrheitsverhältnisse im Rat sind klar. Das Dreierbündnis (Grüne, SPD, FDP) verfügt über 29 der 56 Ratsmandate. Angesichts der Zersplitterung ist das eine relativ breite Basis. Die CDU kommt auf 20 Sitze – und ist nun stärkste Oppositionspartei.