GroßbaustelleFreud und Leid über Bauarbeiten am Kreisverkehr Schnabelsmühle
Bergisch Gladbach – Unter den Händlern auf dem Bergisch Gladbacher Wochenmarkt war am Samstag die Stimmung schlecht. Die Arbeiten an der Schnabelsmühle fanden zwar mit der Fertigstellung des Kreisverkehrs einen vorläufigen Abschluss, die Marktbeschicker müssen aber wohl noch länger mit der Situation zurechtkommen. „Ältere Leute kommen kaum noch, seit der Bus hier nicht mehr hält“, sagt Heinz Sevenich, der mit seiner Frau Anna Gemüse und Obst verkauft. Die Busspur am Konrad-Adenauer-Platz wird noch länger außer Betrieb sein. „Für uns ist das eine Katastrophe“, schimpft Sevenich.
Weniger Umsatz seit Beginn der Bauarbeiten
30 Prozent weniger Umsatz habe er seit Beginn der Bauarbeiten registrieren müssen. „Schauen Sie sich mal um“, sagt er um kurz vor 12 Uhr und zeigt auf den wirklich nicht sehr belebten Marktplatz. „Normalerweise ist es um die Uhrzeit richtig voll.“ So etwas habe das Ehepaar in den 30 Jahren auf dem Markt noch nicht erlebt. „Furchtbar. Die Leute kriegen keine Parkplätze mehr und kommen erst gar nicht.“ Auch Thomas Skorupa, der schlesische Spezialitäten anbietet, klagt über existenzielle Sorgen. 40 Prozent weniger Umsatz durch die Baustelle habe er. „Das dauert doch alles viel zu lange.“
Alles im Plan
„Alles im Zeitplan“, sagt dagegen Thomas Steinbach. Er ist als Straßenbaumeister der Firma Dr. Fink-Stauf für den Bau des Kreisverkehrs verantwortlich. Am Wochenende konnte dank des guten Wetters die letzte Asphaltschicht aufgetragen werden. „Sonst hätten wir vier Wochen warten müssen“, sagt Steinbach. Der Grund: verschiedene Veranstaltungen in der City in den nächsten drei Wochen, während derer aufs Asphaltieren verzichtet wird. 450 Tonnen Asphalt kamen am Samstag aus dem Werk in Köln-Porz in die Gladbacher Innenstadt. Sechs Sattelschlepper und ein Vierachser waren dazu im Dauereinsatz. Zwei Straßenfertiger und vier Walzen verlegten das Material. Anschließend wurde verfugt, und die neuen Markierungen wurden aufgebracht. Ein imposanter Anblick.
„Das ist doch interessant zu sehen, deshalb bin ich mit den Kindern hierher gekommen“, sagt Felix Bertenrath. Der Schulleiter der Otto-Hahn-Realschule stand mit seinen sechs und neun Jahre alten Töchtern und dem elfjährigen Sohn am Rande der Baustelle. Bertenrath interessiert der Bau noch aus einem anderen Grund. Der Kunstkurs des OHR hat einen Entwurf für die Gestaltung des Kreisverkehrs eingereicht. „So nah kommt man sonst nicht an eine so große Baustelle ran“, sagt Bertenrath, der sich an der für Autos gesperrten Bensberger Straße positioniert hat.
Nicht alle Fahrer einsichtig
Auf die Sperrungen des zentralen Verkehrsknotenpunktes am gesamten Wochenende reagierten die Gladbacher unterschiedlich. Viele mieden die Innenstadt, ließen das Auto zu Hause stehen oder suchten sich auf den Umleitungen ihren Weg ins Zentrum. Doch manch wagemutiger Autofahrer ließ sich auch von den vielen Durchfahrtverbotsschildern nicht aufhalten. Ganz kühn landete einer sogar auf der Baustelle, als er aus dem eigentlich gesperrten Tunnel kam.
Einige andere versuchten, illegal an den Absperrungen vorbei zu kommen. „Das ist schon schlimm geworden mit dem Egoismus in den letzten 20 Jahren“, berichtet Straßenbaumeister Steinbach über die Uneinsichtigkeit der Autofahrer an Baustellen. Den Zeitplan brachten aber auch die Unbelehrbaren nicht durcheinander. Am Sonntagnachmittag waren noch letzte Arbeiten notwendig, Steinbach ging aber davon aus, dass der Berufsverkehr am Montag wie geplant den Kreisel nutzen kann.
Projekt „Stunde hoch vier“
Vor zwei Jahren begann das Projekt Strunde hoch vier, es besteht aus insgesamt vier Projekten, die unter diesem Titel bei der Stadtverwaltung laufen.
Hochwasserschutz:
Das Konzept sieht einen Hochwasserschutzkanal vom Hebborner Bach über die Odenthaler Straße bis zur Stadtgrenze Köln vor. Die Baumaßnahmen in der Innenstadt sind der erste Schritt.
Abwasserbeseitigung:
In Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz will die Stadtverwaltung gleichzeitig die EU- und NRW-Rechtsnormen umsetzen, nach denen Oberflächenwasser nicht ungeklärt in Bäche eingeleitet werden darf.
Stadt gestalten:
Das Projekt „Stadt gestalten“ ist Teil des Stadtentwicklungskonzeptes. Im Rahmen der Baumaßnahmen für Hochwasserschutz wird die Offenlegung der Strunde fertiggestellt. Das geschah in zwei Bauabschnitten, im Forumpark und im Buchmühlenpark. Beides sind Projekte im Rahmen der Regionale 2010, für die es Fördergelder gab, die nur bis Ende 2016 abrufbar waren.
Kreisverkehr Schnabelsmühle:
Durch den Bau erhofft sich die Stadtverwaltung eine Optimierung des innerstädtischen Verkehrs. Außerdem soll künftig der Blick auf die Villa Zanders und den Konrad-Adenauer-Platz von Bensberg kommend wieder möglich sein.
Kosten:
Insgesamt kostet das Maßnahmenpaket von Strunde hoch vier 25 Millionen Euro, das sind drei Millionen Euro mehr als ursprünglich geplant. 60 Prozent der Kosten für den Hochwasserschutz und den Straßenbau trägt das Land. Vom Förderprogramm Regionale 2010 kommen fünf Millionen Euro, also 80 Prozent der Kosten, für die Gestaltung der Parkanlagen.