Polizei findet bei Verhaftung TablettenBensberger Gericht stellt Drogenverfahren ein
Bergisch Gladbach – Sieben Minuten vor der Zeit erscheint der 31-jährige Bergisch Gladbacher zu seiner Verhandlung, doch hängt die Überpünktlichkeit auch damit zusammen, dass er zurzeit im Attendorn „wohnt“. Im dortigen Gefängnis brummt er seit Jahresbeginn mangels hinreichender Einkünfte mehrere Geldstrafen wegen illegalen Drogenbesitzes ab – mit der Nebenwirkung, dass ihm die Haft erkennbar guttut.
Dass er jetzt wieder vor Gericht steht, ist übrigens auch eine Nebenwirkung – und zwar die seiner Verhaftung. Als ihn die Fahnder am 3. Januar in Refrath aufgriffen, fanden sie zwei Ecstasy-Pillen bei ihm.
12 bis 14 Euro Lohn im Knast - aber pro Tag
Sein Verteidiger Bruno Eickholt legt sich mächtig ins Zeug für ihn, fragt, ob denn überhaupt ein Urteil nötig sei. Seit Ralf R. (Name geändert) in Haft ist, hat der junge Mann, der bis 2019 bei einer Zeitarbeitsfirma in der Gastronomie tätig war, wieder eine Tagesstruktur gefunden. Er arbeitet in der JVA. „Pensumsarbeit“ nenne sich das, berichtet Ralf R. Dabei würden zum Beispiel Schrauben verpackt. „Wenn es gut läuft, verdiene ich 12 bis 14 Euro“ – pro Tag.
Einer engagierten Sozialarbeiterin habe er ein neunstündiges Resozialiserungsprojekttraining in der Haft zu verdanken, sagt R. weiter. Dass es noch nicht begonnen habe, liege daran, dass die Sozialarbeiterin auch mal Urlaub machen müsse. Wenn er im April 2023 aus der Haft entlassen werde, wolle er sich eine Wohnung in einer westfälischen Kleinstadt nehmen, fern von Köln, wo er die falschen Leute kennt.
Staatsanwältin stimmt Einstellung zu
Falls es nötig sei, stehe auch sein im Zuschauerraum anwesender Vater bereit, ihm den Rest der Geldstrafen vorzulegen, damit er früher aus der Haft könne. Natürlich verzichte er auf die Rückgabe der beiden Pillen. Die habe ihm ein flüchtiger Bekannter geschenkt.
Was tut man mit einem, der mehr als ein halbes Dutzend Vorstrafen wegen illegalen Drogenbesitzes hat, jetzt aber auf einem guten Weg scheint? „Das ist ein schwieriger Fall“, sagt die Staatsanwältin, die von Amts wegen im Prinzip auf Strenge abonniert ist. Eine neuerliche Geldstrafe bringe nichts. Sie werde sich einer Einstellung des Verfahrens nach Paragraf 153a nicht widersetzen.
Umarmung für den Vater
Diese Vorschrift der Strafprozessordnung regelt das „Absehen von der Verfolgung unter Auflagen und Weisungen“. Oft muss der Angeklagte einen Geldbetrag an eine gemeinnützige Vereinigung zahlen. Im Fall von Ralf R. überlegen Staatsanwältin und Richterin gemeinsam, was man einem Häftling überhaupt für Auflagen aufbrummen kann, die dieser auch in der Haft erfüllen kann.
Am Ende wird Ralf R. aufgegeben, das Training auch wirklich zu machen, sich den Drogentests im Knast zu unterziehen und dabei clean zu bleiben und weiterhin in der Haft zu arbeiten, solange Arbeit da ist. Die Richterin gestattet Ralf R. noch, sich mit einer Umarmung von seinem Vater zu verabschieden. Zuvor hat sie ihn gemahnt: „Wenn das nicht klappt, sehen wir uns wieder. Und dann sieht es nicht gut für Sie aus.“