Bergisch GladbachHändler setzen die neuen Regeln um und appellieren an die Kundschaft
Bergisch Gladbach – Die neuen, schärferen Corona-Regeln treffen die Händler hart, sie machen sich Sorgen um das Weihnachtsgeschäft. Ausgerechnet in der konsumstarken Adventszeit muss die Anzahl von Kunden in den Geschäften begrenzt werden. Das betrifft die großen Filialen und beide Einkaufszentren in der Innenstadt, vor allem aber die Supermärkte. Hier Leute auszusperren, könnte zu langen Warteschlangen führen.
Eintritt nur bei Grün. Wer Rot sieht muss erst mal warten. Die Rewe-Filiale in der Bensberger Schlossgalerie steuert den Kundenstrom seit ein paar Tagen mit einer elektronischen Einlass-Ampel, einem Monitor, der je nachdem, wie viele Kunden einkaufen, auf Grün (bitte eintreten) oder Rot (Stop) schaltet. „Automatisiert über eine App werden wir informiert, wenn sich die Zahl der Kunden dem kritischen Wert nähert, und können rechtzeitig Mitarbeiter zu den Eingängen schicken“, erläutert Marktleiterin Ursula Wintgens.
Geschenk-Gutschein
Um die Nachfrage im stationären Handel anzukurbeln, haben Bergisch Gladbacher Geschäftsleute einen digitalen Geschenk-Gutschein eingeführt – unterstützt von Stadt und Handelsverband Rheinland. Die Kunden können den Gutschein online oder in Geschäften kaufen. Der Betrag kann auf den Einkauf mehrerer Läden aufgeteilt werden. 81 Geschäfte machen mit. (ub)
www.schenk-lokal.de
Die Zusatzbelastung, ständig alle drei Eingänge einzeln mit Personal zu überwachen, fällt so zwar weg. Trotzdem: „Der Stressfaktor steigt“, sagt Wintgens. Nur noch 70 Kunden dürfen ab 1. Dezember in dem Supermarkt an der Schloßstraße gleichzeitig einkaufen. Die am Mittwoch von Bund und Ländern beschlossenen Regeln erlauben Geschäften ab 800 Quadratmetern Verkaufsfläche nur noch einen Kunden pro 20 Quadratmeter – statt bisher einen pro zehn Quadratmeter.
Dringende Bitte: „Ruhe bewahren“
„Die psychische Belastung ist bei allen Mitarbeitern hoch“, berichtet Wintgens. Die Befürchtung: Lange Warteschlangen könnten für Unruhe und Beschimpfungen sorgen. Erschwerend kommt hinzu: Heiligabend fällt in diesem Jahr auf einen Donnerstag. Das heißt: Die Geschäfte haben vier Tage geschlossen. Deshalb die dringende Bitte der Marktleiterin: „Ruhe bewahren.“ Einkäufe sollten nicht auf den letzten Drücker, sondern möglichst wochentags, nicht nur zu den Stoßzeiten am Samstag erledigt werden. Es bestehe die Gefahr, dass lange Schlangen vor den Geschäften wieder den Eindruck erwecken, die Waren würden knapp werden, und wie beim ersten Lockdown im Frühjahr für Hamstereinkäufe sorgen.
„Die neuen Beschlüsse kann ich nicht nachvollziehen“, sagt Marcus Otto, Geschäftsführer des Handelsverbands NRW-Rheinland, er befürchtet weitere Frequenzverluste. Die neue Regelung stehe seiner Meinung nach auch rechtlich auf unsicheren Füßen. Otto appelliert eindringlich an die Kunden, „trotz der Einschränkungen nicht alles dem Online-Handel zu überlassen“. Sondern durch gezielte Einkäufe die Einzelhändler zu unterstützen: „Ich fürchte, sonst werden viele Einzelhändler, das Corona-Jahr nicht überstehen.“ In der Zeit vor Weihnachten machten die Geschäftsleute fünf bis 20 Prozent ihres Jahresumsatzes.
Die Beschlüsse
Die neuen Regeln für den Einzelhandel: Die Zugangsbeschränkungen richten sich nach der Größe der Läden: Entscheidend ist die Zahl 800. Bis zu dieser Verkaufsfläche darf sich nur eine Person pro zehn Quadratmeter aufhalten. In größeren Geschäften gilt die Vorgabe von einer Person pro 20 Quadratmeter. Auf den Parkflächen gilt Maskenpflicht. Das Land muss seine Corona-Schutzverordnung erst noch ändern. (ub)
Udo Kellmann, Geschäftsführer des Loewen-Centers, berichtet von Umsatzverlusten von bis zu 30 Prozent. Ins Einkaufszentrum dürfen jetzt noch 350 statt bisher 700 Kunden gleichzeitig rein. Für die Kontrolle musste er eigens einen Security-Dienst beauftragen, dessen Personal am Eingang Strichlisten führt. „Das ist okay. Einen großen Ansturm wie früher beim Schlussverkauf gibt es ja schon lange nicht mehr.“ Aber eins ärgert Kellmann ganz besonders: „Die Politik redet nur darüber, das Weihnachtsfest zu retten, unternimmt aber nichts, die Existenz der Händler und Gastronomen zu sichern.“
Von Situation zu Situation hangeln
„Abgerechnet wird zum Schluss“, will sich Bettina Wisniewski, Managerin der Rhein-Berg-Galerie , zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu Umsatzeinbrüchen äußern. Das Center setzt auf digitale Zugangskontrollen: Ein wegen Corona extra installiertes Frequenzmesssystem misst über Sensoren an den Ein- und Ausgängen sowie auf den Parkdecks in Echtzeit, wie viele Menschen im Gebäude sind.
Für das Einkaufszentrum muss die Gesamtfläche von 12 500 Quadratmetern angesetzt werden: Über 600 Menschen dürfen demnach gleichzeitig rein. „Wir achten darauf, rufen stündlich die Daten ab“, betont Wisniewski. Die drei großen Läden in der Galerie regelten die Regulierung über Einkaufswagen. „Wir hangeln uns von Situation zu Situation und versuchen, das Beste daraus zu machen.“
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Dass der Wille der Einzelhändler groß ist, sich nicht unterkriegen zu lassen, zeigt, dass sie mit kleinen Maßnahmen ablenken von den düsteren Zeiten: In der Rhein-Berg-Galerie begrüßt ein Roboter die Kunden, weist sogar freundlich darauf hin, falls einer keine Maske trägt. Es gibt einen Verpackungsstand, eine Geschenkgutschein-Aktion. Die IG Bergisch Gladbach hat über 60 Tannenbäume mit Lichterketten in der Stadt verschenkt. Das soll Mut machen.