Die Refratherin Cinja Christnacht bietet auf einer Internetplattform Arbeitseinsatz gegen Ferienauszeit an. So funktioniert das Konzept.
Urlaubsplattform aus Bergisch GladbachTausche Stallhilfe gegen Urlaub auf dem Land
Inflation, extrem hohe Preise in der Ferienzeit und dann noch die FTI-Pleite. Wer kann sich denn so noch Urlaub leisten? Für Cinja Christnacht aus Refrath muss Urlaub nicht unbedingt viel kosten. Als alleinerziehende Mutter musste sie ohnehin stets kreativ sein und hat aus ihrer Lebensart ein Geschäftsmodell gemacht.
„Helpindeal“ heißt die Tauschplattform mit Win-Win-Situation und wer gerade nicht so viel Geld in der Tasche hat, um sich eine Pauschalreise zu leisten, schaut dort nach Inseraten.
Wie wäre also mit einer Auszeit auf dem Bauernhof und im Gegenzug Tiere zu versorgen, einem kostenfreien Stellplatz für das Wohnmobil gegen House- oder Tiersitting im Süden oder einen Alleinerziehenden-Austausch gegen Unterkunft in der Großstadt? Urlaub gegen Hilfe nennt sich das Prinzip und eröffnet neben der Reise an sich auch weitere Horizonte. Christnacht ist sparsam und nachhaltig aufgewachsen, gleichzeitig offen und kommunikativ und sieht schon immer, wo Hilfe benötigt wird.
Aus eigener Erfahrung hat Refratherin eine Geschäftsidee entwickelt
„Vor allem, wenn Kinder dann schulpflichtig werden, wird es schwierig, einen Urlaub zu finanzieren“, weiß Christnacht aus eigener Erfahrung. So machte sie damals mit Tochter Emily auf Sardinien Urlaub, strich im Gegenzug die Wand ihres Apartments neu. „Ich kann kein Wort Italienisch. Wir sind in den Baumarkt gefahren und haben mit Händen und Füßen eingekauft. Dafür lernt man das Land und die Leute ganz anders und näher kennen, denn wann kommt man im Urlaub schon mal in einen Baumarkt?“, erinnert sie sich lachend an die Gegenleistung.
So gerne wie an die Zeit mit der Gastfamilie, die gemeinsamen Abendessen und als sie zusammen mit den Italienern Limoncello und Kräutersalz hergestellt hat. „Man hat einen Anlaufpunkt und knüpft Kontakte. Das ist besonders toll für Alleinreisende oder Alleinerziehende“, steht die Unternehmerin auch aus eigener positiver Erfahrung hinter ihrer Idee, die dann ein paar Jahre später kam.
41-Jährige hat das Rad nicht neu erfunden, aber optimiert
Das Rad neu erfunden mit der Plattform hat die 41-Jährige nicht, es aber optimiert. „Facebook-Gruppen zum Thema gibt es schon lange. Aber viele haben keine Lust mehr, was anzubieten wegen vieler unpassender Kommentare unter den Inseraten, negativen Erfahrungen bei den Hilfeleistungen oder der Unzuverlässigkeit. Dazu ist es schlecht strukturiert und man findet passende Inserate im Zweifelsfall nicht mehr wieder“, so Christnacht, die genau solche Verbesserungen auf ihrer eigenen Webseite hat miteinfließen lassen.
Wer bei Helpindeal Angebote einsehen will, muss sich zunächst registrieren, um Teil der Community zu werden. Auf Wunsch können sich die Mitglieder verifizieren lassen. Transparenz ist durch gegenseitige Bewertungen gegeben und die Möglichkeit einer Deal-Vereinbarung, wo beide Parteien vorab ihre Wünsche schriftlich festlegen.
1500 Interessenten sind bei der Plattform bereits angemeldet
1500 angemeldete User umfasst die Plattform, seit sie 2021 online gegangen ist, täglich kommen neue dazu. Karine lebt in Nordschweden, Lappland und betreibt ein Huskycamp: „Im Winter brauchen wir dort immer wieder tatkräftige Unterstützung“, erzählt sie. Als diese ihr erstes Inserat bei Helpindeal veröffentlicht hat, hätten sich direkt mehrere Leute gemeldet. Die Frau, für die sie sich letztendlich entschieden hat, blieb für drei Monate, half mit zur vollsten Zufriedenheit von Karine, die das Inserat nun erneut geschaltet hat.
Von der Plattform leben kann Christnacht aktuell noch nicht, hat einen Teilzeitjob im Recruiting, betreut Vernissagen von Maler Mikail Akar und arbeitet als Haushaltshilfe. Darüber hinaus investiert sie viel Zeit ins Networking, beispielsweise beim Marktplatz der guten Geschäfte, um ihr Start-up bekannt zu machen, hat allerdings schon zwei Mitarbeiter: unterstützt wird sie von Programmierer Tobias von Kitzing und ihrem Papa Bernd Vlatten als Projektmanager, der mit viel Engagement an dem Projekt beteiligt ist. Den gestalterischen Part übernimmt die gelernte Gestalterin für visuelles Marketing selbst.
Alleine wegen der positiven Aspekte der Nachhaltigkeit und des sozialen Miteinanders, der Urlaub gegen Hilfe mit sich bringt, blickt die 41-Jährige positiv in die Zukunft für ihre Idee und verbringt so mit Tochter Emily einen Teil der Sommerferien auf dem Pferdehof mit Arbeiten, aber auch unvergesslichen gemeinsamen Momenten.