Die Schule ist die einzige in Deutschland, in der nur Frauen an den Clown-Kursen teilnehmen dürfen. Ohne Männer fühlen sich viele Teilnehmerinnen ungehemmter.
Auf der Suche nach AbsurdemIn dieser Bergisch Gladbacher Schule lernen Frauen, wie man Clownin wird
Sie sind auf der Suche nach dem Abnormalen und verstärken es: In der „Clowns Zeit“ lernen Frauen alles, was es braucht, um eine Clownin zu werden: Die Fähigkeit, auch mit Negativem spielen zu können, mache eine gute Clownin aus, sagt Inhaberin und Kursleiterin Denise May: „Es gibt nicht immer nur Positives. Man kann auch eine deprimierte, melancholische Clownin sein.“ Außerdem müsse eine Clownin sehr beziehungsfähig und sehr wach dafür sein, was gerade in der Umgebung passiert.Auch wenn Clowns tollpatschig wirken, brauchen sie viel Körpergefühl: „80 Prozent einer Performance kommen aus dem Körper, nur 20 Prozent macht die Sprache.“ Ideen, wie man eine komische Geste aufbaut, kämen aus dem Körper, nicht aus dem Kopf.Also würde May mit ihren Schülerinnen zuerst dieses Körpergefühl trainieren. An ihren zweiten Tag vertiefen sie ihre Fähigkeiten im „Anstupsen“: Erst üben sie in Zweier-Gruppen, in denen sie sich zum Beispiel am Rücken anstupsen. Dieser Impuls ist das Zeichen, mit dem Oberkörper voran ein paar Schritte zu laufen.
Absurdes verursacht Komik
In der zweiten Phase sollen sie sich vorstellen, dass ein imaginärer Windstoß ihnen diesen Impuls gibt. Jetzt laufen zwölf Frauen durch den Raum, als würden sie geschubst werden und beinahe über ihre eigenen Füße stolpern. Dabei wirkt es bei einigen so, als könnten sie sich nur noch fangen, indem sie stark mit den Armen rudern. Ihre Bewegungen untermalen sie mit ihren Stimmen.
„In der Clownerie untermalt man fast jede Bewegung mit stimmlichen Lauten“, sagt May. Schon diese „abnormalen“ Bewegungen sorgen für Belustigung unter den Teilnehmerinnen und die ein oder andere kann sich ein Lachen nicht verkneifen. „Wenn der Körper die Weichheit und Leichtigkeit einmal drin hat, seid ihr in Sachen Komik schon gut unterwegs“, erklärt sie ihren Schülerinnen.
„Clowns Zeit“ in Bergisch Gladbach, ist die einzige Clownsschule in Deutschland, in der nur Frauen an den Kursen teilnehmen dürfen. „Frauen haben keine Tradition in der Clownerie. Deswegen gibt es nicht so viele Möglichkeiten für sie, sich ausbilden zu lassen“, sagt May. Außerdem hätten Frauen weniger Hemmungen, wenn sie unter sich sind. „Am Anfang ist alles, was wir hier machen peinlich. Viele Frauen lassen sich eher fallen und fühlen sich zwangloser, wenn kein Mann dabei ist“, sagt sie.
Die meisten ihrer Schülerinnen seien zwischen 45 und 75 Jahren alt. „Sie kommen oft, wenn sie an einem Punkt mit Umbrüchen in ihrem Leben stehen“, sagt sie. Also beispielsweise, wenn die Kinder aus dem Haus seien, wenn sich neue Berufsperspektiven ergeben hätten oder wenn eine Scheidung anstehe. „Sie kommen oft, weil sie sich mehr Leichtigkeit wünschen und freudvoller durchs Leben gehen möchten“, berichtet die Clownin.
Clownin kommt durch Selbsterfahrung
Dieser Antrieb würde sich auch in der Entwicklung ihrer Clownin, die mit der Ausbildung zum Alter Ego einer Person wird, zeigen: „Sie haben eher das Bedürfnis aus der Selbsterfahrung in den Kursen eigene Charakterzüge zu entdecken und daraus ihre Clownin zu entwickeln“, berichtet May. Männer hingegen würden ihr Alter Ego öfter mit dem Ziel entwickeln, irgendwann mal auf einer Bühne zu stehen. Frauen hätten weniger Mut, wenn es darum geht, auf einer Bühne zu stehen.
Ähnlich ist es auch bei den Teilnehmerinnen Veronica und Conny, die beiden ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchten: Ihre Motivation komme eher von innen, auf die würden sie nur in einer Gruppe gehen. „Ich wollte einfach mal eine andere Seite von mir kennenlernen und gucken, ob das was für mich ist“, sagt die ehemalige Bankerin Veronica. Das sei auch Connys Grund gewesen, die in einer Behörde arbeitet. Sie denkt: „Die Clownin hat ganz viel damit zutun, was man so mit sich rumschleppt. Sie ist eng mit dem inneren Kind verknüpft.“ Außerdem wolle sie mal „laut und bunt sein. Gerade im Berufsalltag habe ich dafür wenig Gelegenheit“, sagt sie.
Teilnehmerinnen wissen nicht, worauf sie sich einlassen
Es sei schon eine Überwindung, sich bei dem Kurs anzumelden, berichtet Veronica: „Man lässt sich auf etwas ein, von dem man nicht weiß, wo das hinführt.“ Im Kurs hingegen sei die Überwindung, die Übungen mitzumachen eher gering: „Das ist hier ja ein geschützter Raum. Und es ist schon gut, dass keine Männer dabei sind“, findet sie. Conny stimmt ihr zu: „Manche haben ja auch schlechte Erfahrungen mit Männern gemacht.
Zum Abschluss der ersten Einheit teilen sich die Teilnehmerinnen wieder in Zweiergruppen ein. Jetzt sollen sie Gesten mit jeder Bewegung vergrößern. Veronica deutet mit einer mit einer Hand an, sich die Zähne zu putzen und macht immer größere kreisende Bewegungen, während sie vor- und zurückgeht. Sie scheint Spaß an der Übung zu haben und ihre Partnerin wirkt ebenfalls amüsiert.