Bergisch Gladbachs Feuerwehrchef spricht über ein mögliches Blackout-Szenario für die Kreisstadt.
Interview mit Feuerwehrchef„Bergisch Gladbach hat mit Zanders-Pumpen ein Ass im Ärmel“
Jörg Köhler,49, ist Leiter der Feuerwehr Bergisch Gladbach. Sein Job ist es, für jedes Szenario vorbereitet zu sein, auch für einen Blackout aufgrund von Energieknappheit.
Warum haben Sie eine Inventur der Schutzmöglichkeiten im Falle eines Stromausfalls gemacht?
Köhler: Es geht darum, vorbereitet zu sein, um den Menschen zu signalisieren, dass sie nicht alleine sind und auch die Stadt sich auf schwere Zeiten einstellt. Und alles dafür tut, im Katastrophenfall, so gut es geht, Hilfe leisten zu können.
Halten Sie denn einen großflächigen Blackout im Winter für denkbar?
Nein, ich halte dieses Szenario für eher unwahrscheinlich. Aber regional begrenzte Stromausfälle könnten durchaus möglich sein.
Verantwortlich für den Katastrophenschutz ist doch aber der Rheinisch-Bergische Kreis?
Ja, der Katastrophenschutz in Deutschland ist kompliziert organisiert, das hat zuletzt auch das Hochwasser an der Ahr gezeigt. Die Bundesländer sind zuständig für den Katastrophenschutz. Die Vorplanung und Einschätzung der Lage obliegt dem Kreis. Dennoch wollen wir als Großstadt gewappnet sein.
Welche Pläne gibt es, um einen längeren Stromausfall zu überstehen?
Die Feuerwehr hat für Kraftstoff für ihre Fahrzeuge vorgesorgt. Denn wenn der Strom weg ist, funktionieren die Tankstellen nicht mehr. Deshalb haben wir zwei Tankstellen mit Notstromaggregaten ertüchtigt, um Diesel und Benzin tanken zu können. Die Tankstellen sind für uns zugänglich. Mit Heizöl würde uns ein Bensberger Mineralölversorger beliefern.
Wie sieht es mit der Kommunikation aus?
Das ist ein sehr viel schwierigeres Thema. Die Feuerwehr haben wir dreifach abgesichert: mit einer Telefonanbindung über Kupferkabel und über Glasfaserkabel. Notfalls können wir auch über das Handynetz über Satellit kommunizieren. Wir werden vermutlich die letzten sein, die noch telefonieren können.
Für wie viele Tage wären die Feuerwehrwachen mit Strom versorgt?
Für die fünf Feuerwehrwachen stehen 30 Stromgeneratoren zur Verfügung. Der Betrieb mit Kraftstoff wäre für mehrere Wochen gesichert.
Vor welchen Problemen stünde die Stadtverwaltung?
Das ist ein neuralgischer Punkt. Die Server sind zwar über Notstrom versorgt. Aber die Terminals hängen am Stromnetz. Wenn es keinen gibt, bleiben die Bildschirme dunkel. Zurzeit wird ein Konzept für eine funktionierende analoge Notfalllösung erstellt.
Welche Probleme kämen auf die Bevölkerung zu?
Fällt der Strom aus, geht nichts mehr. Innerhalb von wenigen Stunden läuft kein Telefon mehr, keine Toilettenspülung, kein Herd, kein Geldautomat, kein Aufzug. Und keine Pumpe, was für Probleme mit der Trinkwasserversorgung führt. Wird Abwasser nicht in den Hebeanlagen abgepumpt, kommt es irgendwann hoch. Zum Glück haben wir mit den Zanders-Pumpen ein Ass im Ärmel. Über die Brunnen können wir Tankwagen befüllen und in die Stadtteile bringen. Das ist ein Privileg, das nur wenige Städte haben.
Ohne Strom können auch keine Notrufe für den Rettungsdienst abgesetzt werden?
Die Feuerwehr würde an bestimmten Stellen im Stadtgebiet sogenannte Katastrophenschutz-Leuchttürme als Notfall-Informationspunkte einrichten. Als Anlaufstelle für die Bürger, um sich zu informieren, aber auch um den Notarzt alarmieren zu können.
Halten Sie es für Angstmacherei, dass das Bundesamt für Bevölkerungsschutz rät, Vorräte anzulegen?
Nein, keinesfalls. Es macht grundsätzlich Sinn, für einige Tage Vorräte und Wasser im Haus zu haben. Ich selbst habe für meine Familie für acht bis zehn Tage Lebensmittel vorrätig.
Die Sicherstellung des Betriebs der Krankenhäuser liegt in der Hand des Kreises. Aber was ist zum Beispiel mit Seniorenheimen?
Da müssen die Betreiber selbst eine Vorsorge mit Notstrom treffen. Alle Altenheime mit Strom zu versorgen, ist für uns unmöglich. Wir als Feuerwehr werden sowieso nicht alle Probleme lösen können. Mit 300 Wehrleuten sind wir auf uns alleine gestellt, unsere Kräfte sind endlich.
Muss sich die Gladbacher Bevölkerung Sorgen machen?
Nein. Wir müssen uns aber von dem Gedanken einer Vollkasko-Gesellschaft verabschieden. Jeder sollte sich mit dem Thema beschäftigen. Mich beruhigt, dass unsere Partnerstadt Butscha uns im Ernstfall viele Tipps geben könnte. Die Stadt wird mit Raketen beschossen und das Telefonnetz funktioniert trotzdem noch.