Bergisch GladbachInvestor kauft historische Grube Weiß
Bergisch Gladbach – Es gibt Bewegung auf der Industriebrache Grube Weiß: Der neue Besitzer hat vor zwei Wochen mit den Arbeiten auf dem Gelände der früheren Erzgrube begonnen, Gestrüpp und Wildwuchs entfernt.
„Aber jetzt geht die Arbeit erst richtig los“, sagt Investor Oliver Vogt. Zusammen mit einem Kompagnon hat er den 12.000 Quadratmeter großen Grubenkomplex der Stadt Bergisch Gladbach abgekauft. Was genau aus dem Areal einmal werden soll, steht noch nicht endgültig fest. Es wird wohl auf eine Nutzung als Büro- und Gewerbegebiet hinauslaufen.
Grube Weiß erinnert an Vergangenheit
Es gibt nicht mehr viele Orte, an denen man noch Relikte der längst vergangenen Bergbaugeschichte bewundern kann. Am Ende des nach der Grube Weiß benannten Sträßchens am Ortsrand von Moitzfeld aber schon: Hier, zwischen Brombeergestrüpp, Autoreifen und Bauschutt, ruht die Vergangenheit.
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Noch zwei Gebäude, das Verwaltungsgebäude und der Trafoturm, über den das Bergwerk mit Elektrizität versorgt wurde, erinnern an den einstigen für die Region so bedeutenden Industriezweig. Vogt möchte beide Komplexe erhalten, „wenn es irgendwie geht“, sagt der 51-jährige Moitzfelder.
Hohes unternehmerisches Risiko
Das finanzielle Risiko ist groß – im Untergrund gibt es Stollen und Altlasten. Banken geben deshalb grundsätzlich keine Kredite für Bauprojekte in Bergbaugebieten. Das hohe unternehmerische Risiko wird wohl auch der Grund dafür sein, dass sich bislang kein einziger Investor an das Projekt herangetraut hat. „Es gab zwar einige Interessenten, aber die wollten nur Teile des Areals kaufen“, berichtet Stadtsprecher Martin Rölen.
Insofern ist die Stadt vermutlich froh darüber, dass das Kapitel abgeschlossen ist. Die Stadt besitzt nun keine Flächen mehr, die dem Bergbaurecht unterliegen. Über den Kaufpreis für die Grube Weiß wird Stillschweigen bewahrt. „Vor dem Hintergrund der Knappheit von Gewerbeflächen wäre das Vorhaben, hier neue Ansiedlungsmöglichkeiten zu schaffen, sehr zu begrüßen“, sagt Rölen.
Historie
Im 19. Jahrhundert war der Rheinisch-Bergische Kreis eine bedeutende Bergbauregion. Zweitwichtigste Grube im Erzrevier war die Grube Weiß in Moitzfeld, sie ging 1852 in Betrieb und hatte in ihren besten Zeiten 450 Beschäftigte. Über mehrere Schächte mit einer Tiefe von 235 Metern wurden hier Zink und Blei gefördert. Von den ehemaligen Grubenbauten sind auf dem Gelände, das die Stadt jetzt verkauft hat, noch das Verwaltungsgebäude und ein Trafohaus mit Turm erhalten. Der Niedergang des Bensberger Bergbaus begann während der 1920er Jahre und setzte sich mit der Weltwirtschaftskrise 1929 fort. Anfang der 1930 Jahre kam es infolge des rückläufigen Absatzes der Zinkpreise zum endgültigen Niedergang der Branche. 1930 wurde der Untertagebau auf der Grube Weiß für immer eingestellt. Die endgültige Schließung des Betriebs erfolgte 1957.
Die Stadt Bergisch Gladbach hat das Gelände der Grube Weiß 1993 von der Firma Siemens erworben. Die Fläche betrug nach Angaben der Stadtverwaltung insgesamt 100 000 Quadratmeter. Kernareal ist das Naturschutzgebiet der Grube Weiß. Die Gewerbeflächen seien nach Auskunft der Stadtverwaltung eher eine „Beigabe“ des Gesamtpakets gewesen. Die Stadt habe das Gelände damals vor allem deshalb erworben, um im Eigentum von Ausgleichsflächen zur Entwicklung von Baugebieten im Stadtgebiet zu sein. Kleinere Teilflächen außerhalb des Naturschutzgebietes seien in der Vergangenheit bereits an einzelne Firmen verkauft worden. Oliver Vogt hat jetzt das größte zusammenhängende Gebiet gekauft. Das Gelände ist in einem Bebauungsplan als Gewerbegebiet ausgewiesen. Wohngebiet ist also nur in Ausnahmefällen zulässig. (ub)
„Mein Urgroßvater hat hier unter Tage gearbeitet“
Der neue Besitzer Oliver Vogt hat eine Schwäche für historische Bauten, wie er zuletzt mit der detailgetreuen Sanierung der alten Volksschule in Heidkamp unter Beweis gestellt hat.
Beim Projekt Grube Weiß kommt noch eine emotionale Verbundenheit dazu: „Mein Urgroßvater hat hier unter Tage gearbeitet“, erzählt Vogt. Und seine Eltern haben in den 50er Jahren vorübergehend in dem Verwaltungshaus gewohnt – zu der Zeit, als Interatom für einige Jahre Eigentümer war und das Gebäude auch als Wohnhaus genutzt hat.
Das alte Verwaltungsgebäude soll saniert werden
Heute wirkt der Anblick des verfallenen Verwaltungsgebäudes gespenstisch und reizvoll zugleich: zerborstene Fensterscheiben, verrostete Gitterstäbe, abgeplatzter Putz, tiefe Risse in der Gebäudewand. An einer Ecke ist das Haus sogar abgesackt, wohl weil das Mauerwerk im Keller durchfeuchtet ist.
Vogt will einen Sachverständigen beauftragen, um zu klären, ob das Fundament an Festigkeit verloren hat. Das Gutachten wird über das Schicksal des Gebäudes entscheiden – ob das Gebäude zu retten ist oder abgebrochen werden muss, weil die Sanierung zu teuer ist.
„Ich brauche jetzt erst mal Fakten“, sagt Vogt oft. Es ist nicht seine Art, vornehm um den heißen Brei herumzureden. „Erst wenn alle Fakten auf dem Tisch liegen, kann ich abschätzen, was daraus werden kann.“ Ob beispielsweise an dem Standort außer hochwertigem Gewerbe noch andere Nutzungen, vielleicht kultureller Art möglich sein könnten.
Viele Gebäude sollen erhalten bleiben
Es ist eine Arbeit, die Vogt nicht besonders anstrengt, obwohl das Gelände, wie er selbst zugibt, nicht einfach ist. „Es macht mir Spaß“, sagt Vogt“, „einfach nur Spaß.“ Für ihn steht jetzt schon fest: Das frühere Magazin der Erzgrube – ein Anbau des Verwaltungsgebäudes mit Rundbögen und Säulen – werde er niemals preisgeben.
„Die Halle ist doch wohl ein Traum“, schwärmt Vogt, „stellen Sie sich hier nur mal einen geschliffenen Estrich als Bodenbelag vor mit integrierter Beleuchtung.“ Im Moment hängen noch verdreckte Ventilatoren von früher an der Decke, der Putz an den Wänden ist abgeplatzt, Säcke voller Bauschutt türmen sich.
Den Trafoturm aus Ziegelstein will Vogt ebenfalls erhalten. „Von oben hat man einen herrlichen Blick über das Naturschutzgebiet bis hin zur Grube Lüderich“, berichtet Vogt. Er könne sich dort sehr gut Büros vorstellen. Man glaubt, aus seiner Stimme Ungeduld herauszuhören. Doch dann kommt wieder der Praktiker zum Vorschein: „Erst müssen die Fakten her. Ich habe ja keinen zeitlichen Druck.“