Deutschlandweites RankingBergisch Gladbach ist die drittgrünste Stadt
Bergisch Gladbach – Wer die politischen Debatten zwischen Parteien, Bürgerinitiativen und Wirtschaftsverbänden um die Zukunft von Gladbach als Wirtschaftsstandort und um die Ausweisung von Gewerbegebieten verfolgt, der hat den Eindruck, als gelte es, sich dem hemmungslosen Ausverkauf des letzten Bisschens Natur entgegenzustemmen. Jeder Baum wird umkämpft.Doch ein neues Ranking der 79 bundesdeutschen Großstädte zeichnet jetzt ein völlig anderes Bild. Bergisch Gladbach rangiert hier auf Platz drei der grünsten deutschen Städte mit mehr als 100 000 Einwohnern. Nur Siegen und Göttingen sind grüner.
Festgestellt hat das jemand, völlig unverdächtig jeder politischen Parteinahme am Rhein, nämlich die Berliner Morgenpost. Eigentlich ging es den Berliner Kollegen darum, zu ermitteln, wie es eigentlich mit dem Berliner Anspruch bestellt ist, zu den grünsten deutschen Metropolen zu gehören. Der Stadtstaat kam dabei auf Platz 63, knapp vor Köln auf Platz 65.
Blick aus dem Weltall
Um es genau zu wissen und nicht einfach nur statistische Daten zu addieren, schauten die Grüninvestigatoren aus dem Weltraum auf Dächer, Straßen und Vegetation und werteten 185 Satellitenbilder aus. Vorteil dieser Methode: Es werden nicht nur offizielle öffentliche Grünflächen erfasst, sondern auch Privatgärten, Straßenböschungen, begrünte Dächer und was noch alles sonst bewachsen ist.Das Etikett „Stadt im Grünen“ legen sich viele Großstädte zu, auch Bergisch Gladbach natürlich. Aber selbst die maximale Grünfläche, die sich die Stadt in ihrem sogenannten Freiraum-Konzept selbst zuspricht, bleibt hinter dem Satellitenbefund zurück: Offiziell gelten knapp 59 Quadratkilometer der 83,1 Quadratkilometer des Stadtgebietes als Freifläche, sei es im landschaftlichen Außenbereich oder inmitten des Siedlungsgebietes. Das wären 71 Prozent.Der Fotospion in der Erdumlaufbahn kommt hingegen auf 84,1 Prozent Grünanteil.Natürlich kommt Berlin nicht auf die Idee, sich mit Gladbach zu vergleichen: Die drei Spitzenreiter im Grün-Wettbewerb seien doch „sehr klein“, heißt es etwas herablassend, und man macht einen zweiten Wettbewerb auf für „richtige Großstädte“ (ab einer halben Million Einwohner auf) mit 14 Teilnehmern, in dem Hamburg vor Dortmund führt und Berlin auf einen befriedigenden Platz acht im Mittelfeld kommt – vor Köln, dass mit 58,1 Prozent Grünanteil auf Platz neun landet.
Satellit entdeckte 1000 Hektar
„Sehr klein“ soll also heißen: praktisch ein ländliches Idyll, als Großstadt nicht ernst zu nehmen. Dabei ist Gladbach als Industriestadt gestartet. Die sattgrüne Einbettung war dereinst als Reservefläche gedacht für die boomende „Werkbank Kölns“. Als die Fusion mit Bensberg 1975 vom Landtag verordnet wurde, wurde ausdrücklich auf die Freiflächen in Herkenrath und Asselborn hingewiesen, wohin die Industrie aus dem Westen ausweichen könne.
Heute sind Fläche wie diese tabu, vom Außenbereich soll die Stadtentwicklung die Finger lassen. Das sind aber in Gladbach bereits 54 Quadratkilometer, 65 Prozent des Stadtgebietes. In den knapp 30 Quadratkilometern des bebauten Siedlungsraums stecken noch einmal weitere gute fünf Quadratkilometer begrünter Freiraum.So weit die amtlichen Zahlen, aber der Satellit erspäht weitere 10,8 Quadratkilometer oder mehr als 1000 Hektar faktischer Grünfläche.Insgesamt weist die Kreisstadt offiziell 32 Quadratkilometer Wald auf (38,5 Prozent), fast 19 Quadratkilometer Acker und Wiesen (22,5 Prozent) und nicht zuletzt Naherholungsgebiete im Umfang von 47 Hektar.Der Landschaftsschutz beschirmt fast das halbe Stadtgebiet (35 Quadratkilometer gleich 42,5 Prozent), 20 Prozent sind Naturschutzgebiet. Erst wenn man das abgezogen hat, kommt man zu den Zahlen, bei denen andere Städte erst anfangen, ihr Grün-Vermögen aufzulisten: 15 572 registrierte Bäume auf städtischen Flächen, davon knapp 10 000 als Straßenbäume, 68 öffentliche Park- und Grünanlagen (darunter zehn größere) im Umfang von 48 Hektar, circa 110 Spielplätze von zusammen 65 Hektar und 540 „Beete“ am Straßenrand (Grünstreifen, Baumscheiben et cetera), die es auf 25 Hektar bringen. Dazu kommen 20 Hektar Eingrünung von öffentlichen Gebäuden.