Gladbacher KünstlerLockdown führt bei Eckard Alker zu Schaffensrausch
Bergisch Gladbach – Wie reagiert man als Künstler auf die Lockdowns? In der Coronazeit habe ich geschaffen – quasi wie besessen. Ich kann nicht verstehen, wenn Leute sagen, „mir fällt nichts mehr ein oder ich komme nicht weiter“. Bei mir geht es von einer Arbeit in die andere – ich entdecke neue Themen, hinterfrage zum Beispiel das Wort „Labyrinth“. Was ist das eigentlich? Und stelle fest, den Begriff und die Form des Labyrinths gibt es in allen Kulturen. So bin ich von Goethes „Faust“ aufs Labyrinth gekommen, habe Bilder entwickelt mit diesem formalen Ausgangspunkt – oft verarbeitet mit Ölfarbe, Federzeichnung, Digitalprint.
Die Serie
Wie geht eigentlich Kunst ohne Öffentlichkeit? Ausstellungen und Projekte sind abgesagt. In unserer Serie „Werdende Werke“ verraten Künstler, wie sie die Zeit in ihren Ateliers nutzen.
Manchmal passiert es, dass ich ein Foto eigentlich schon wegwerfen wollte. Dann entdecke ich ein Detail, eine Partie. Wenn ich da hineinzeichne, entsteht eine Irritation – das eine ist realistisch, das andere bedeutet die zweite Ebene. So geht eine Geschichte in die andere über. Ich kann gar nicht genug machen, um das los zu werden. Ich bin dann wie im Rausch. Deshalb habe ich von den Einschränkungen wenig mitbekommen. Als ich hörte, dass wegen des Lockdowns die Stadt Köln leer ist, wolle ich hinfahren, Aufnahmen machen, aber ich kam einfach nicht dazu. Und ich wurde nicht abgelenkt durch Freunde, die mal kurz vorbeikommen, einen Kaffee trinken wollen oder eine Radtour unternehmen. Alles das fiel weg, man sucht nicht die Nähe, sondern die Weite. Insofern wurde ich nicht gestört, das war herrlich.
Ich habe mich konzentriert auf diese Serie, mit dem Bewusstsein auf eine Ausstellung in Köln oder in Bensberg – es war also ein Ziel im Raum. Da wollte ich so viel wie möglich schaffen und habe sehr intensiv neue Dinge entwickelt. Vor kurzem kam auch die neue Broschüre „weil ich was suchte, konnte ich etwas finden“ zu den Werken mit einer Einführung von Elke Elsa Müller aus dem Druck. Die Kunsthistorikerin schreibt, dass ich weiblich - männlich, also Mann und Frau, gegenüberstelle. Das war mir nicht bewusst. Offensichtlich spielt immer noch unterschwellig Krista, meine verstorbene Frau, eine große Rolle. Da sind wir wieder bei der Psyche, von der wir wenig wissen – warum reagieren wir so?
Suche nach Zitaten
Parallel läuft die Suche nach den Zitaten. Ich war glücklich über das große Bild „Ich selbst – Besucher“, als ich auf einmal den Text entdeckte von Rainer Maria Rilke in einer Aufzeichnung von Malte Laurids Brigge: „Ich lerne sehen. Ich weiß nicht, woran es liegt, es geht alles tiefer in mich ein und bleibt nicht an der Stelle stehen, wo es sonst immer zu Ende war.“ Genau so empfand ich, es kommen auf einmal Dinge auf mich zu, die nicht gesteuert sind. Ich habe nie verstanden, dass ein Bild mit drei Bananen in einer Schale den Titel „Drei Bananen in Schale“ trägt, ich will über den Text das Gespür und die Emotion herüberbringen, die ich empfunden habe, als ich das Werk entwickelt habe. Ein Werk, das aktuelle Dinge wie Corona thematisiert, habe ich nicht, auch nicht „Rätselhafter Corpus“. Was vielleicht wie eine Maske aussieht, ist eine Dame auf einem Markt in Afrika, die dieses blaue Gewand trug. Im Laufe des Entstehens habe ich die Form umgedreht, den Ausschnitt verändert und nur noch einen Corpus gesehen.
Für mich besteht nun die Hoffnung, dass die neue Werkserie irgendwann ausgestellt werden kann. Die Ausstellungstermine wurden ja schon von Monat zu Monat verschoben Doch ich kann froh sein, dass die Bilder nicht in diesem Lockdown aufgebaut wurden; man hätte sie allenfalls virtuell im Internet zeigen können.