Ein Brunnen, der seinen Platz nie fand: Ein Wettbewerb soll nun eine bessere Präsentation für den historischen Wassertrog finden.
Kunstwerk aus SteinMarktbrunnen in Bergisch Gladbach soll zum siebten Mal umziehen
Böse und wild blickt das Gesicht des Satyrs, die Zunge ostentativ herausgestreckt. Vielleicht waren seine Züge einmal sanfter – verdüsterten sich erst mit jedem Umzug mehr, den er mitmachen musste. Denn der historische Marktbrunnen, den der Satyrkopf als Wasserspeier ziert, hat seinen Platz in der Stadt nie so richtig gefunden.
Obwohl das steinerne Kunstwerk mit einem Gewicht von 13 Tonnen nicht eben handlich ist, vagabundierte es seit Anbeginn von einem Ort in der Stadtmitte zum nächsten. Ständig stand das besondere Stück im Weg.
Derzeitiger Standort wird dem Kunstwerk laut Architekturhistoriker nicht gerecht
Derzeit findet man den Brunnen, etwas versteckt, zwischen dem Bergischen Löwen und dem Gasthaus Paas. Ein abseitiger Standort, der dem Kunstwerk nicht gerecht werde, kritisiert der Architekturhistoriker Prof. Michael Werling. Möglichkeiten für eine bessere Präsentation des Marktbrunnens soll ein Ideenwettbewerb liefern.
Den hat die Fakultät für Architektur der Technischen Hochschule Köln ausgeschrieben, angestoßen von Prof. Daniel Lohmann und dem inzwischen emeritierten Kollegen Werling. Für die drei besten Konzepte hat der Verschönerungsverein Bergisch Gladbach, der den Brunnen zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Auftrag gegeben hatte, insgesamt 1000 Euro ausgelobt.
1894 hatten Anna und Richard Zanders dem Verschönerungsverein den damals stattlichen Betrag von 10.000 Mark vermacht, um mit dem Geld einen respektablen Brunnen für die Stadt bauen zu lassen und „bei der Bürgerschaft die Freude an der Heimat zu stärken“. Mit der Arbeit beauftragt wurde Adolf von Hildebrand, einer der renommiertesten Künstler seiner Zeit. Er schuf einen mediterran anmutenden Brunnentrog mit Aufsatz, aus dessen Mitte der Satyrkopf Wasser speit.
Brunnen wurde zum Wanderbrunnen, da er stets im Weg stand
An der Rückseite, heute fast verdeckt, findet sich eine Inschrift, zudem ein Wasserbecken für Hunde. Das Werk fand 1901 seinen ersten Platz auf dem Marktplatz vor dem zu diesem Zeitpunkt noch nicht erbauten Rathaus. Als der Verwaltungsbau fünf Jahre später errichtet war, zeigte sich, dass der Brunnen im Weg stand. Seine Odyssee begann.
Ein neuer Standort wurde im Nordwesten des heutigen Konrad-Adenauer-Platzes gefunden, nahe der Paffrather Straße. „Dieser zweite Standort war allerdings auf Dauer auch nicht passend, da die abschüssige Paffrather Straße sowohl bei den Fuhrwerken als auch den Autos eine solche Beschleunigung verursachte, dass bei deren Einmündung im Marktplatzbereich der Marktbrunnen gefährdet war“, so Werling mit Berufung auf die Quellen.
Heute steht der historische Brunnen nicht im Weg, aber im Abseits
1935 sei der Brunnen daher transloziert worden und stand nun gegenüber des Gasthauses Paas. Als Anfang der 1950er Jahre das Areal städtebaulich neu geordnet wurde, war der Brunnen wieder im Weg. Nun verschleppte man ihn in die Nähe der Gnadenkirche. „An diesem vierten Standort fristete er verkehrsumtost eher ein Schattendasein“, so Werling.
Wegen einer neuen Straßenführung holte man ihn wenig später zurück und platzierte ihn zwischen Villa Zanders und dem Bürgerhaus Bergischer Löwe. Da er hier nach Neuanlage des kleinen Parks an der Villa einen Zugang versperrte, war auch hier noch nicht Endstation für den Brunnen. Man versetzte ihn um 40 Meter an seinen heutigen Standort.
Hier steht der Marktbrunnen seit rund 30 Jahren, kaum jemandem im Weg, doch auch kaum jemandem im Blick. Ob es möglich ist, den wandernden Brunnen künftig besser zu präsentieren oder ob er erneut auf die Reise gehen muss, wird der Ideen-Wettbewerb zeigen, der am 25. April im Rathaus Stadtmitte stattfindet.
Der Bildhauer Adolf von Hildebrand
Adolf von Hildebrand (1847-1921) war einer der führenden deutschen Bildhauer seiner Zeit. Seinen Wohnsitz hatte er abwechselnd in der Toskana und in München. Hildebrands Plastiken und Skulpturen tragen klassizistische, „mediterrane“ Züge, zeichnen sich durch eine reduzierte Formgebung aus. Dies gilt auch für seine Brunnenkunst.
Anna Zanders, Industriellengattin aus Bergisch Gladbach, entstammte der Familie von Siemens und schätzte den Bildhauer seit ihrer Jugend. Nach Entwürfen von Hildebrand wurde neben dem Marktbrunnen vermutlich auch die neo-klassizistische Zanders-Gedächtnishalle auf dem Friedhof Quirlsberg errichtet.