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Unruhe bei ElternNeues Anmeldeverfahren in Bergisch Gladbach bringt Gesamtschulen ins Abseits

Lesezeit 4 Minuten
Schüler melden sich im Unterricht.

Für Unruhe sorgt bei Eltern in Bergisch Gladbach die Umstellung des Anmeldeverfahrens für die weiterführenden Schulen.

Die Schulverwaltung schafft das vorgezogene Anmeldeverfahren für Gesamtschulen ab. Viele Eltern sind verunsichert.

Auf diesen Termin blicken viele Gladbacher Eltern und Schüler mit Nervosität. Die Anmeldung an weiterführenden Schulen steht kurz bevor: Sie startet diesmal in der Zeit vom 24. Februar bis 7. März. Für Irritation und heftige Kritik sorgt in der jüngsten Sitzung des Schulausschusses, dass die Stadtverwaltung das bisherige vorgezogene Anmeldeverfahren für die Gesamtschulen kurzfristig abgeschafft hat. Die Politik erhebt sogar den Vorwurf des Vertrauensverlusts der Schulverwaltung.

„Viele Eltern sind total verunsichert“, moniert Angelika Wollny, Sprecherin der weiterführenden Schulen im Ausschuss. In ihrer Funktion als Schulleiterin der Integrierten Gesamtschule Paffrath (IGP) nutzt sie die Gelegenheit, um ihren aufgestauten Ärger über das neue Verfahren, aber auch Kritik an dem intransparenten Vorgehen der Stadt direkt bei Ariane Henning von der Schulverwaltung loszuwerden: „Die Gesamtschulen sind in die Gespräche der Verwaltungen erst gar nicht und dann erst spät im Januar einbezogen worden.“

Politik fordert von der Verwaltung eine Begründung

Die Freie Wählergemeinschaft hat das Streitthema auf die Tagesordnung gebracht und fordert die Verwaltung auf, den Mehrwert sowie die Argumente für die kurzfristige Veränderung zu begründen. Denn die Bezirksregierung hatte das vorgezogene Anmeldeverfahren bereits genehmigt. In der Nachbarstadt Köln wird es dieses Jahr, wie immer, ebenfalls praktiziert.

Bisher gab es auch in Bergisch Gladbach jahrzehntelang ein zeitlich vorgezogenes Anmeldeverfahren für die IGP, bei dem in den vergangenen Jahren immer etwa 40 Kinder leer ausgingen. Familien, die in dem vorgezogenen Verfahren bei der IGP eine Absage bekommen hatten, konnten ihr Kind dann im Hauptanmeldeverfahren entweder an der zweiten Gesamtschule im Stadtgebiet, der Nelson-Mandela-Gesamtschule in Gronau, oder einer der anderen weiterführenden Schulen ihrer Wahl anmelden.

Die Kapazitäten an allen Schulen sind erschöpft

Das geht nach der neuen Reglung nun nicht mehr. Denn alle Schulen, auch die beiden Gesamtschulen im Stadtgebiet, nehmen diesmal aus Gleichheitskriterien am Hauptanmeldeverfahren teil. In der zweiten Anmelderunde, vom 17. bis 19. März, können dann alle Kinder, die eine Absage erhalten haben, an einer Schule mit noch freien Plätzen angemeldet werden.

In den vergangenen beiden Jahren ist es jedoch bereits an fast allen zwölf weiterführenden Schulen eng geworden. Nicht jeder Viertklässler erhielt einen Platz an seiner Wunschschule. Außer der IGP, die wieder besonders nachgefragt war, hatte 2024 auch die Nelson-Mandela-Gesamtschule keine Kapazitäten mehr.

Meine große Sorge ist, dass das Wohl der Kinder auf der Strecke bleibt
Angelika Wollny, Schulleiterin Integrierte Gesamtschule Paffrath

Für Kinder, die im ersten Verfahren eine Absage erhalten haben, bleibt also nur noch ein kleiner Teil der Schulen übrig. Da setzt Wollnys Kritik an, dabei spreche sie für diejenigen, die keine Stimme haben: die Eltern. Obwohl sich die Familien viele Gedanken über die geeignete Schulform für ihr Kind machen würden, trauten sie sich jetzt nicht mehr, es bei der Gesamtschule anzumelden.

Zu groß sei die Angst, bei einer anderen gewünschten Schule dann keinen Platz mehr zu bekommen. „Meine große Sorge ist, dass das Wohl der Kinder auf der Strecke bleibt“, sagt Wollny und hält das neue Verfahren pädagogisch für eine Bankrotterklärung: „Die Angst, einen Schulplatz zu bekommen, rückt in den Vordergrund.“

„Die Schulverwaltung verspricht sich von dem neu geplanten Verfahren eine Gleichbehandlung aller Schulen und Schulformen“, erläutert Ariane Henning. Die IGP habe schon länger keine Sonderstellung mehr. Alle Realschulen etwa hätten dann ebenfalls ins vorgezogene Verfahren gehen müssen. Damit würde der Vorteil des vorgezogenen Verfahrens ad absurdum geführt.

„Leider höre ich keinen einzigen Satz zur Situation der Kinder und Eltern“, kritisiert Monika Lindberg-Bargstein (SPD): „Die Verwaltung verliert an Vertrauen, dabei wäre es ein Einfaches gewesen, dies zu verhindern.“ Auf Unverständnis trifft das Vorgehen auch bei den Grünen: „Ohne Not haben Sie ein Verfahren, das bisher gut lief, auf den Kopf gestellt“, sagt Anke Außendorf, „mit allen Schulen haben Sie gesprochen, aber nicht mit den Gesamtschulen.“ Da müsse es sich die Schulverwaltung gefallen lassen, dass die Politik nachfrage.

Auch bei der Kritik an der Kommunikation steht die Politik hinter der IGP-Schulleiterin. Denn zum ersten Gespräch im November hat die Schulverwaltung die Schulleitungen der beiden Gesamtschulen gar nicht erst eingeladen. Als dort das Außenvorlassen der Gesamtschulen auf Ablehnung stieß, wurde ein zweiter Online-Termin vereinbart.

Aber, wie Wollny berichtet, sei es ihr und Dieter Wagner, Schulleiter der Nelson-Mandela-Gesamtschule, nicht möglich gewesen, sich in das intern genutzte System einzuwählen: „Dies haben wir sofort mitgeteilt.“ Schließlich bekamen beide Gesamtschulen dann ein Protokoll, wie das Anmeldeverfahren in diesem Jahr abläuft.

Am Ende versucht dann Dezernent Thore Eggert die Wogen zu glätten: Er verspricht, die Fakten noch einmal zu prüfen, um im nächsten Jahr erneut über das Anmeldeverfahren zu sprechen.