Bergisch GladbachPetra Weymans verwaltet alleine städtische Kulturprojekte
Bergisch Gladbach – Mit donnerndem Applaus ist in der letzten Sitzung des Ratsausschusses von den Politikern die Bilanz des Kulturbüros gewürdigt worden – ein Akt, der nicht alle Tage im Rathaus zu beobachten ist. Und Grund genug, sich mit jener Frau zu beschäftigen, die Gesicht, Herz und Hand der städtischen Kultur ist: Petra Weymans, die das Einfrau-Büro seit zehn Jahren in Schwung hält.
Im ehemaligen Lübbe-Haus residiert das Kulturbüro, ebenso wie der großzügig und etwas willkürlich angelegte Fachbereich „Bildung, Kultur, Schule und Sport“, zu dem Petra Weymans gehört. Dessen Leiter Dettlef Rockenberg lässt es sich nicht nehmen, beim Gespräch dabei zu sein und seine Mitarbeiterin über den grünen Klee zu loben, ebenso ein Vertreter der Pressestelle.
11.000 Euro für Kulturprojektförderung
Petra Weymans ist keine Frau, die sich in den Vordergrund drängt, schon gar nicht gern im Rampenlicht steht. Das große Wort führen andere, selbst bei Presseterminen. Doch im Hintergrund zieht sie Hunderte Fäden, um einer Stadt Kultur zu geben, die sich eigentlich keine Kultur leisten kann. Ganze 11.000 Euro stehen jährlich für Kulturprojektförderung zur Verfügung. Bergisch Gladbach ist in der Haushaltssicherung und Kultur somit eine sogenannte freiwillige Leistung – was als Argument dafür dient, gar kein Geld auszugegeben.
11.000 Euro also, die sich im letzten Jahr 16 Projekte teilten; dabei kommen Summen heraus, die sich meist im niedrigen dreistelligen Bereich bewegen – hier eine Ausstellung, dort ein Chorkonzert oder eine Literaturveranstaltung. Die dicksten Batzen gab es im letzten Jahr für den Konzertchor Bergisch Gladbach und eine Ausstellung im Schulmuseum (je 1.100 Euro). Dazu organisiert Weymans Festivals und sorgt dafür, dass das Angebot bekannt wird – vor ihr auf dem Tisch liegt ein dicker Packen Flyer, alle von ihr mitgestaltet.
Petra Weymans besitzt ein ganz besonderes Talent zum Netzwerken: „Wenn wir unsere Mittel nicht zusammenschmeißen würden, ginge längst nicht so viel,“ sagt sie. Dazu gehört; die diversen Ämter ins Boot holen, Fördermittel von Ländern, Stiftungen oder EU-Töpfen auftreiben. Wenn man so wenig zu verteilen hat, wo setzt man Prioritäten? „Ich möchte, dass alle Altersklassen und sozialen Schichten Zugang zu Kulturangeboten haben,“ beschreibt die Gladbacher Verwaltungsfrau – die 2008 vom Jugendamt wechselte – ihre Intention. Von der Grundschule bis zur Senioreneinrichtung reicht das Spektrum. „Niedrigschwellig“ solle der Zugang sein. Petra Weymans denkt nicht elitär, sondern inklusiv und zielt damit unter die sogenannte Hochkultur.
Fachbereichsleiter kritisiert personelle Unterbesetzung
Das ist ganz im Sinne von Dettlef Rockenberg. „Die großen Projekte laufen,“ erklärt der Fachbereichsleiter und verweist auf Kunstmuseum und Bergisches Museum, die personell besser aufgestellt worden sind, sowie auf die Musikschule, wo die prekäre Situation der Honorarkräfte entschärft wurde. „Aber dass die Kulturprojekte einer großen Stadt wie Bergisch Gladbach von einer einzigen Frau betreut werden, ist ein Unding,“ kritisiert Rockenberg. Man brauche mindestens noch eine weitere halbe Stelle. Nur: „Wir können leider im Moment nichts ändern. Wenn die Stadt – wie es aussieht – 2020 aus der Haushaltssicherung ’raus ist, werden wir es der Politik so schwer wie möglich machen. Dann bin ich bereit, mich zu engagieren. Und dann müssen die Parteien Farbe bekennen und einen Pakt für Kultur schließen.“
Ob es allerdings jemals gelingen könne, den Posten „Karneval“ aus dem Kulturetat in ein anderes Ressort wegzuschieben? Das sind immerhin stattliche 97 975 Euro, die Kritiker lieber für die Kulturarbeit reklamieren würden. Rockenberg winkt ab. „Das,“ meint er, „ist im Rheinland illusorisch.“
Die Projektförderung des Kulturbüros Bergisch Gladbach
Beim Kultur- und Stadtfest im September verantwortlich für die Kultur- und Vereinsbörse im Forum-Park und das Bühnenprogramm.
Kulturstrolche: Angebot für Grundschulkinder. Drei Jahre lang entdecken Kinder kostenlos das Kulturangebot der Region, zum Beispiel im Kunstmuseum. Derzeit sind 38 Klassen aus sechs Schulen involviert. Anfangs gefördert vom Familienministerium, seit 2018 finanziert von Stadt und privaten Sponsoren (Verein Bürger für uns Pänz, Bensberger Bürgerstiftung, Bensberger Bank, Benedikt Bräunlich, Initiative der Ordensträgerinnen, BBBank, Mediterana, Belkaw). Die Kosten betragen 660 Euro pro Schuljahr und Klasse, 1800 Euro für alle drei Jahre. Weitere Sponsoren werden gesucht.
JetKits: Abkürzung für das Projekt „Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen“, das Grundschulkindern das Erlernen von Kulturtechniken finanziert; Partner ist die Städtische Musikschule Max Bruch.
Kulturrucksack NRW: Acht bis zehn Workshops mit Tanz, Literatur, Kunst, Film, Theater, kostenfreies Angebot für Jugendliche von 10 bis 14 Jahren, bezuschusst vom Land NRW.
Nachtfrequenz – Nacht der Jugendkultur: Mit Musik- und Tanzdarbietungen und Workshops zu Graffiti oder Theater; für 14-21-Jährige in Zusammenarbeit mit Jugendamt, Jugendzentren und Kreaschule.
Filmfestival Nahaufnahme: inklusives Angebot im Bergischen Löwen und Bensberger Kino mit Filmvorführungen und Begleitprogramm; in Zusammenarbeit mit Integrations- und Behindertenbeauftragten.
Seniorenkulturwoche: Veranstaltungen in allen kulturellen Bereichen für Ältere und Gehandicapte, niederschwelliges Angebot teils vor Ort vom Musizieren für Demenzkranke über Kinovorstellungen bis zum Ausflug; mit Unterstützung der Kreissparkasse.
Förderungen gibt es zudem für Büchereien und einzelne Projekteund Veranstaltungen aus den Bereichen Musik, Theater, Kunst und Literatur sowie im letzten Jahr die deutsch-palästinensischen Kulturtage. (eck)