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„Wieder am Leben teilnehmen“Therapie für übergewichtige Menschen in Bergisch Gladbach

Lesezeit 4 Minuten

Über 130 Kilo abgespeckt hat Marco Russello. Oberarzt Marko Skuk (r.) und Verena von Mengden haben seine Therapie über zwei Jahre lang koordiniert.

Bergisch Gladbach – Am Empfang wartet Marco Russello schon. Die vielen steilen Treppen des Parkhauses am Evangelischen Krankenhaus ist er zu Fuß hochgestiegen. Vor drei Jahren wäre das für den jungen Mann aus Reichshof absolut unvorstellbar gewesen. „Ich kam auf Krücken, ich habe den Weg kaum geschafft,“ erinnert er sich. Denn Anfang 2017 wog der ungefähr 1,75 Meter große Mann 258 Kilo, sein BMI (Bodymass-Index) lag bei 64; ab 30 gilt man als adipös. Jetzt sind es noch 127 Kilo. Dazwischen liegen Welten – und eine Operation im Juni 2017.

„Ich nehme wieder am Leben teil,“ sagt Marco Russello und scherzt mit Oberarzt Marko Skok und Verena von Mengden, die die Adipositaspatienten in der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am EVK betreuen. Er geht wieder arbeiten, wirkt aufgekratzt und lebenslustig, aber er hat einen langen Weg hinter sich. Nach einem Verkehrsunfall mit schweren psychischen Folgeschäden legte er in zehn Monaten 100 Kilo zu. Er musste seinen Beruf als Verspanungstechniker aufgeben, weil er keine Luft mehr bekam, nachts nicht schlafen konnte und das Gehirn nicht mehr richtig funktionierte.

Nachhaltige Beeinflussung der Essgewohnheiten und -qualität

Marco Russello erzählt eine Erfolgsgeschichte, aber so einfach ist die Sache dann doch nicht, betont Marko Skok. „Wir entfernen immerhin ein gesundes Organ,“ erklärt er. Das hat Folgen. „Ich kann jetzt nur noch Kinderportionen essen,“ berichtet Russello, beim Familienfest mit seinen italienischen Verwandten darf es nur ein kleines Stück Lasagne sein, damit zum Nachtisch wenigstens noch ein Eisbällchen geht. Im Restaurant erntet der stämmige Mann oft Unverständnis, wenn er eine halbe Portion bestellen oder die Reste einpacken möchte.

OP-Methoden

Am EVK werden zwei minimal-invasive Operationsverfahren angewandt, die nach medizinischer Indikation in der Regel von gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden:

Bei der Schlauchmagenbildung (Sleeve) wird ein großer Teil des Magens in Längsrichtung entfernt. Patienten können fortan nur noch kleine Mengen an Nahrung zu sich nehmen und sind viel schneller satt.

Beim Magenbypass wird der Magen verkleinert und zusätzlich ein Teil des Dünndarms herausgenommen. Das reduziert die Aufnahme von Kalorien.

„Das bleibt so. Deshalb müssen die Patienten ein Leben lang Medikamente und Nahrungsergänzungspräparate nehmen, um die aus der Magenverkleinerung erfolgende Mangelernährung auszugleichen,“ erläutert der Mediziner. Der Eingriff (siehe OP-Methoden), der minimalinvasiv mit Hilfe des neuen Operationsroboters daVinci von Chefarzt Dr. Andreas Hecker und seinem Team vorgenommen wird, beeinflusst die Essgewohnheiten und -qualität nachhaltig.

„Eigenverantwortung ist ganz wichtig.“

Das ist nicht nur angenehm. „Ich kann einiges überhaupt nicht mehr essen und trinken,“ sagt Marco Russello. Kohlensäurehaltige Getränke gehen gar nicht bei ihm, Möhren verträgt er auch nicht. „Jeder Patient muss das selbst ausprobieren,“ weiß Verena von Mengden. Überhaupt: „Eigenverantwortung ist ganz wichtig. Nur wer aktiv mitarbeitet, kann teilnehmen.“

Tatsächlich ist der chirurgische Eingriff zur Gewichtsreduzierung das äußerste Mittel. Im Adipositas-Zentrum, das seit vier Jahren im EVK eingerichtet ist, geht es um ein umfassendes Therapiekonzept. „Unser Ziel ist es, nicht zu operieren,“ sagt Marko Skuk. „Der überwiegende Teil der Patienten schafft es ohne Operation.“ Das Adipositas-Programm beinhaltet mehrere Module, die im Zentrum für Prävention und Rehabilitation P.U.R. gebündelt sind: Bewegungskurse, Ernährungsberatung, Selbsthilfegruppen, psychologische Betreuung.

Auch Skeptiker werden überzeugt

Der Andrang ist groß. „In der Regel haben die Patienten eine lange, leidvolle Diätkarriere hinter sich, wenn sie zu uns kommen,“ berichtet Verena von Mengden. Von Weight Watchers bis Metabolic Balance haben sie alles ausprobiert und sind dementsprechend bestens informiert.“ Dennoch: Die engmaschige Betreuung an der Klinik überzeuge am Ende auch Skeptiker, freut sich Marko Skok.

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Marco Russello jedenfalls ist hochmotiviert. Wenn er die 120-Kilo-Grenze geknackt hat, darf er sich einem weiteren Eingriff unterziehen, der sogenannten Fettschürzenreduktionsplastik. Dahinter verbirgt sich die operative Entfernung der schweren Gewebelappen, die durch das Abspecken am Bauch entstanden sind und Marco im Moment noch belasten.

Sie sind nicht nur unschön, sondern bergen auch Infektionsgefahren. Deshalb nimmt er den Eingriff auf sich, der nicht risikolos ist, weil ein großer Schnitt am Unterbauch gemacht werden muss. „Das bringt bestimmt nochmal 15, 20 Kilo,“ freut er sich. Dann ist er gar nicht mehr so weit entfernt von seinem Traumgewicht.