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Mindestens bis Ende 2023Bergisch Gladbacher Verwaltung bleibt nach Hackerangriff im Ausnahmezustand

Lesezeit 3 Minuten
Das Foto zeigt eine Internetseite, die weltweite Hackerangriffe dokuentiert

Auf einer Internetseite zeigte die Stadt Hackerangriffe, die sich überall auf der Welt ereignen

Lösegeldzahlungen an die Hacker lehnt die Stadt Bergisch Gladbach ab. Bürgerinnen und Bürger müssen sich weiter gedulden.

Irgendwann wird der Neustart auf den städtischen Rechnern kommen. Wann genau dies aber sein wird, weiß im Rathaus in Bergisch Gladbach derzeit niemand. Die Cyber-Attacke auf den Dienstleister Südwestfalen IT (SIT) bremst die Verwaltung weiter aus. „In diesem Jahr wird es sicher nicht mehr sein“, sagt der Beigeordnete Thore Eggert, Leiter des „Stabes für außergewöhnliche Ereignisse“ (SAE) in der Verwaltung.

Das Foto zeigt Bernhard Bertram (2.v.l.), Thore Eggert 83.v.l.) und David Sprenger (4.v.l.) auf der Pressekonferenz der Stadt

Pressekonferenz der Stadtverwaltung: Bernhard Bertram (2.v.l.), Thore Eggert (3.v.l.) und David Sprenger (4.v.l.)

Die Bürgerinnen und Bürger, die auf Dienstleistungen des Bürgerbüros und der Finanzverwaltung angewiesen seien, müssten sich weiter in Geduld üben. Gladbach sei sogar noch weniger stark betroffen als Nachbarkommunen. So sind in Odenthal und Kürten gleich die gesamten Websites der Kommunen nicht mehr geschaltet, mit Notseiten werden die kommunalen Dienste halbwegs aufrechterhalten.

An Normalität ist nach dem Hackerangriff in der Verwaltung nicht zu denken

Eggert, der städtische IT-Beauftragte David Sprenger und Kämmereileiter Bernhard Bertram machten am Freitagmorgen auf einer Pressekonferenz deutlich: An Normalität ist nach dem Hackerangriff auf den Dienstleister Südwestfalen-IT in der Verwaltung nicht zu denken.

Weltweit gebe es Cyber-Angriffe, viele aus den USA, aus China, auch aus Irland. Auf einer großen Leinwand hatten die Verantwortlichen der Stadt eine Website aufgespielt, wild sprangen die Pfeile von Kontinent zu Kontinent, von Land zu Land. „Wir lernen täglich“, meinte Eggert zu den Bildern.

72 Kommunen von Hackangriff betroffen

Jede Kommune, jedes Unternehmen könne Ziel der Attacken werden. „Wir sind im Ausnahmezustand“, meinte Eggert. Ende Oktober hatte „Ransomsoftware“ (englisch für „Lösegeld-Software“) die SIT lahmgelegt, auch nach drei Wochen ist das so. Betroffen sind 72 Kommunen mit 22.000 Rechnern und 1400 Servern – eine gewaltige Störung. „Die Kollegen im Rathaus haben den Ernst der Lage erkannt“, sagte Eggert.

Auch wenn dies nach außen nicht so erscheine, machten die Mitarbeiter massiv Überstunden, um die Arbeit der Kommune sicherzustellen. Auch zwischen Weihnachten und Neujahr werde gearbeitet werden müssen. Was Eggert auch berichtete: Die Stadt hat die „Zugbrücken“ zur SIT hochgelassen, der Dienstleister zur Stadt auch. Jede Seite müsse bei einem Neustart sicherstellen, dass ihre Rechner nicht verseucht seien.

Bergisch Gladbach: Stadtgesellschaft noch ruhig

„Erst mal die Lage erkennen, dann das Lernen daraus“, verdeutlichte der Beigeordnete. Zum Glück sei die Stadtgesellschaft angesichts der Dramatik noch ruhig. Die Verwaltung sei auch handlungsfähig, im Rahmen des Möglichen. Mit allen entscheidenden Gewerbesteuerzahlern sei man in Kontakt.

Bei der Zahlung der Grundsteuer könne alles zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. „Bitte nichts von sich aus an die Stadtkasse überweisen“, mahnte Eggert die Bürger zur Selbstdisziplin. Bei 40.000 Grundsteuerbescheiden könnten die Mitarbeitenden nicht alles direkt zuordnen.

Arbeit wird um Vielfaches höher ausfallen

„Die Hälfte zahlt, die andere nicht. Dann fehlt das Kassenzeichen vielleicht.“ Die Arbeit werde um ein Vielfaches höher ausfallen als im normalen Verfahren. Die kommunalen Kassenkredite seien auch nicht ausgeschöpft, dies allerdings bei Zinskosten von bis zu vier Prozent.

David Sprenger, als Fachbereichsleiter für die Verwaltungssteuerung verantwortlich, erklärte, dass die Verwaltung die städtischen PCs nun jede Stunde auf Viren scanne. Bislang sei dies an den Wochenenden geschehen. Leider verfüge die Stadt über kein Backup-System zu den von der SIT verwalteten Einwohnerdaten. Wann diese wieder freigegeben würden, sei nicht bekannt.

Selbst bei einfachsten Dingen gelangt die Technik aktuell an ihre Grenzen

Von sich aus loszumarschieren und die Dienste selber anzubieten, mache daher keinen Sinn. Am besten sei es für Kommunen, IT-Dienstleistungen aus Sicherheitsgründen auf mehreren Schultern zu verteilen. Stand heute, habe sich bei allen internen Prüfungen gezeigt, dass die Rechner der Stadt nicht von einem Virus betroffen seien.

Aber selbst bei einfachsten Dingen gelange die Technik in diesen Tagen an ihre Grenzen: Bei einer E-Mail von Stadt zu Kreisverwaltung gebe es interne Fehlermeldungen.

Lösegeldzahlungen an die Hacker, zwecks Freigabe der SIT-Server lehne die Stadt ab, so Eggert: „Wer einmal zahlt, hat den Hackern gezeigt, dass er ein attraktives Opfer ist.“