Weg durch eine andere ZeitGladbacher Schulmuseum präsentiert virtuellen Rundgang
Bergisch Gladbach – Sie erinnert an ein Foltergerät, und wäre sie nicht viel zu klein dafür, dann ginge sie auch als Guillotine durch, unter der zur Zeit der Französischen Revolution viele gekrönte und ungekrönte Häupter unfreiwillig endeten.
Messerscharf wie die Guillotine ist sie zwar auch, doch diente die Maschine weit harmloseren Zwecken: Mit ihrer Hilfe wurden früher Griffel hergestellt. In einer Zeit, als digitale Tafeln noch nicht zum Schulalltag gehörten, sondern Schiefertafeln mit entsprechendem Schreibgerät, dem Griffel.
"Höchste Eisenbahn" für einen neuen Auftritt
Durch die wundersame und versunkene Welt des Schulunterrichts vergangener Zeiten führt auf sehr moderne Weise die neue Homepage des Bergisch Gladbacher Schulmuseums in Katterbach. „Höchste Eisenbahn“ sei der Schritt der Modernisierung gewesen, erklärt Daniel Alker, der sich beruflich mit derlei Auftritten beschäftigt und auch schon für das Kunstmuseum Villa Zanders tätig war.
„Wir haben den Internetauftritt um 2008 entwickelt. Heute rufen die meisten solche Seiten mit dem Smartphone oder Tablet auf“, erklärt Alker. Dafür aber sei der alte Auftritt technisch nicht optimal gerüstet gewesen.
Eine Verjüngungskur für das Museum
Treibende Kraft der digitalen Reform, die Daniel Alker unterstützt von Jan Orth umsetzte, war Dr. Peter Joerißen, Leiter des Schulmuseums. Zwar hat er selbst längst das Rentenalter erreicht, aber jüngst erst der Dauerausstellung des Museums eine Verjüngungskur verpasst und sie damit wieder an moderne Standards herangeführt. Doch was modern sei, dürfe sich nicht altbacken verkaufen, meint er und suchte neue Formen der digitalen Präsentation.
Die fanden er und Daniel Alker unter anderem mit den sogenannten „Hinguckern“, zwölf kurzen Video-Sequenzen, in denen besonders anschauliche Objekte des Schulmuseums vorgestellt werden. Keine langen Forschungselaborate, sondern „Appetithäppchen“, so Joerißen, die Lust auf mehr machen sollen.
Serviert werden die Häppchen von Laura Alker und Lino Krukenberg, die mit ihren 23 beziehungsweise 25 Jahren der Schule noch nicht seit Jahrzehnten entwachsen sind.
Der Stuhl, der den Unterricht revolutionierte
In den kurzen Videos führen sie von Raum zu Raum und präsentieren ihre Lieblingsstücke. Darunter die legendäre „Finger-Rechenmaschine“ von 1921, der Schulkasten aus Eichenholz von 1824 – ein etwas sperriger Vorgänger heutiger Schultaschen –, der legendäre ab 1950 von Karl Nothhelfer konzipierte Holzstuhl, der den Unterricht revolutionierte, weil die starren Bänke endlich Geschichte waren und flexible Unterrichtsformen nun auch in der Sitzordnung zum Ausdruck kommen konnten oder auch der Apple-Computer, der zwar erst aus dem Jahr 1986 stammt, aber dennoch ein Methusalem ist.
Die Texte dazu stammen von Joerißen und wurden von den beiden Studenten so abgewandelt, wie es ihrer Art, sich auszudrücken entspricht. „Wir hatten beide keine Erfahrung damit, vor der Kamera zu stehen und haben beim ersten Durchgang gesehen, dass das alles noch viel zu statisch war, erzählt Laura Alker. Also schrieben sie ein eigenes Drehbuch für die Sequenzen. Erst nach und nach seien dann die jeweiligen Szenen vor der Kamera gewachsen, so Lino Krukenberg.
Eingebettet in eine umfassende neue Gesamtdarstellung des Hauses ist ein informativer Spaziergang durch die Räume entstanden, der einstimmen soll, das Schulmuseum auch einmal selbst zu besuchen.