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PersonalnotWarum die Ausbildung zum Bademeister in Bergisch Gladbach so cool ist

Lesezeit 4 Minuten
Johanna Leiter und Christian Dinges sind „Fachangestellte für den Bäderbetrieb“.

Schwer gefragt: Johanna Leiter und Christian Dinges sind „Fachangestellte für den Bäderbetrieb“.

Die Freibadsaison geht dem Ende entgegen. Die Personalsorgen für die Bädergesellschaft bleiben.

Wer die Gunst der Stunde nutzt und seine Bahnen im Kombibad Paffrath zieht, der genießt das Wetter und das Wasser. Die Freibadsaison neigt sich dem Ende zu. Dabei ist die Öffnung der Bäder gar keine Selbstverständlichkeit. Denn es fehlt das Personal – um genauer zu sein: Es fehlen „Fachangestellte für den Bäderbetriebe“. Umgangssprachlich sind das die Bade- oder Schwimmmeister.

In der städtischen Gladbacher Bädergesellschaft gibt es derzeit einen Azubi, und eine Fachangestellte hat vor kurzem ihre Ausbildung beendet. Manfred Habrunner, der Chef der städtischen Bädergesellschaft: „Wir versuchen, mit der Ausbildung im eigenen Haus die schlimmste Not abzufedern.“

Öffnungszeiten der Freibäder wurden drastisch gekürzt

Wie schlimm diese Not tatsächlich ist, zeigte sich am Anfang der Freibadsaison: Sowohl im Freibad Milchborntal als auch im Kombibad Paffrath wurden die Öffnungszeiten drastisch eingeschränkt. Jetzt ist die Saison vorbei und die Bädergesellschaft hat es – wohl auch dank eines durchwachsenen Sommers - geschafft, ohne weitere Einschränkungen die Bäder geöffnet zu halten. Ein Krankheitsfall kann ausreichen, um die Personalplanung über den Haufen zu werfen und in der Folge müssen Bäder schließen.

Johanna Leiter, sie hat gerade ihren Abschluss gemacht, ist sich ihres „Marktwertes“ bewusst: „Ich könnte eigentlich überall in Deutschland einen Job bekommen“, weiß sie. Aber sie hat sich nach einer dreijährigen Ausbildung erst einmal für Bergisch Gladbach entschieden. Über die DRLG hat sie überhaupt von der Ausbildung erfahren.

Private Dienstleister vermitteln für viel Geld Bademeister

Sie kennt auch die Geschichten von „Fachangestellten für den Bäderbetrieb“, die in der Freibadsaison in Deutschland für 7000 Euro brutto und sogar mehr angestellt werden. Regulär verdient ein Schwimmmeister 35 000 Euro bis 45 000 Euro Jahresgehalt. Private Dienstleister vermitteln die wesentlich teureren Bademeister, ohne die in vielen Kommunen der Bäderbetrieb überhaupt nicht mehr möglich wäre. Was dann auf dem Konto des Schwimmmeisters tatsächlich hängen bleibt, ist nicht klar.

Christian Dinges, der Auszubildende, kann sich auch vorstellen, nach seiner Lehre nicht für immer bei der Stadt Bergisch Gladbach zu bleiben. Er ist über seinen Bruder auf den Ausbildungsberuf aufmerksam geworden. „Klar, meinen Freunden musste ich erst mal erklären, warum Bademeister cool ist.“ Auch auf den großen Kreuzfahrtschiffen werden zum Beispiel ausgebildete Bademeister gebraucht und gesucht. „Eine Zeit lang könnte ich mir das schon vorstellen“, sagt Dinges. Vom Kombibad Paffrath auf die Aida - eine Perspektive, die es so früher nicht gab.

Es gibt ihn noch, den Respekt vor dem Bademeister

Nicht nur die Nachfrage, auch das Berufsbild des Bademeisters hat sich geändert. Zudem die Anforderungen. Ein ausgebildeter Bademeister ist heute auch ein kleiner Chemiker, der die Wasserqualität im Auge haben muss. Aber die „Becken-Aufsicht“ bleibt die Kernarbeit für den Bademeister.

Und da sind beide Nachwuchskräfte mitunter erstaunt, mit welchem Respekt die Anweisungen des Bademeisters in der Regel befolgt werden. Johanna Leiter erzählt von einem äußerlich idealtypischen Rocker mit entsprechender Statur und Tätowierungen, den sie darauf aufmerksam gemacht habe, nicht vom Becken aus ins Wasser zu springen. „Der hat sofort nett genickt und es nicht mehr getan“, erzählt sie. Der Bademeister in dem weißen Dress ist immer noch ein Stück Respektsperson.

Berliner Verhältnisse gibt es in Gladbacher Bäder nicht

Aber es gibt auch den ganz gegenläufigen Trend – und der ist wahrscheinlich stärker. Menschen, die sich im Freibad einfach komplett danebenbenehmen und sich von der freundlichen Ansprache des Bademeisters überhaupt nicht beeindrucken lassen. Christian Dinges: „Ich bin ganz froh, dass wir für solche Fälle den Security-Dienst haben.“ Aber von Berliner Verhältnissen, die im Sommer für Schlagzeilen sorgten - dort musste ein Bad nach Schlägereien geschlossen werden - sei man wirklich meilenweit entfernt.

Christian Dinges und Johanna Leiter sind jedenfalls überzeugt, einen super spannenden Beruf zu haben. Und Manfred Habrunner ist froh, Auszubildende im Unternehmen zu haben, die bleiben. „Es gibt ja nichts Ärgerlicheres für eine Bädergesellschaft, als moderne, funktionierende Bäder zu haben, die wegen Personalmangels nicht geöffnet werden können.“


Künstliche Intelligenz am Beckenrand

Der Bund Deutscher Schwimmmeister hat vorgerechnet, dass in Deutschland mehr als 3000 Stellen nicht besetzt werden können. Hilfe verspricht eine Technologie, bei der Kollege Computer über die Becken wacht. Der hält über verschiedene Kameras Ausschau nach Bewegungsmustern, die auf Ertrinkende hindeuten. In Wiesbaden ist so etwas schon ausprobiert worden und auch die Gladbacher Bäderbetriebe verfolgen diese Technik. „Künstliche Intelligenz kann sicher irgendwann auch im Badebetrieb eingesetzt werden“, sagt Manfred Habrunner, Geschäftsführer der Gladbacher Bädergesellschaft. Dabei sind die Grenzen der Technik offensichtlich: Keine Kamera kann einen Ertrinkenden aus dem Wasser ziehen. Das ist dann Sache des Schwimmmeisters. Und einen Roboter als Rettungsschwimmer, den gibt es wirklich noch nicht. (nie)