Neubaugebiet164 Wohnungen auf dem Steinbüchel-Gelände geplant
Bergisch Gladbach – Alle reden von Wohnungsnot, die Immobilienpreise explodieren, doch wenn irgendwo gebaut werden soll, dann stehen meist zuerst die Bedenkenträger in der ersten Reihe. Selten ist es daher, dass ein Bebauungsvorschlag mit so viel Begeisterung und Vorschusslorbeeren willkommen geheißen wurde wie der, der jetzt im Planungsausschuss als „Bebauungsplan Dechant-Müller-Straße West“ auf der Tagesordnung stand.
Am Rand der Planskizzen steht der Arbeitstitel „Wohnquartier Gronau“, aber bis die 164 zentrumsnahen Wohneinheiten – frühestens ab zweiter Jahreshälfte 2021 – in den Verkauf an die Endabnehmer gehen, wird den Marketingspezialisten wohl noch ein klangvoller Projekttitel eingefallen sein.
„Steinbüchel-Gelände“ wird der wohl nicht lauten, aber so wird das Karree zwischen Tannenbergstraße, Kalkstraße, Dechant-Müller-Straße und der rückwärtigen Grenze des Spielgeländes Beit-Jala-Platz landläufig nach seiner früheren Nutzung durch einen Sanitärhandel bisher meist bezeichnet.Im Ausschuss gab es Kritik nur von den Linken, denen das Projekt zu hochpreisig ist und die einen Sozialwohnungsanteil forderten, und von den Grünen – verhaltener – denen die Baudichte zu hoch ist und die auf Auflagen seitens des Gestaltungsbeirates pochten.
Die Baudichte ist allerdings bereits etwas heruntergesetzt, von 180 auf die erwähnten 164 Wohnungen, und der Gestaltungsbeirat hat sich bereits mit Vorhaben befasst und geht mit dem, was derzeit auf dem Papier steht, komplett d’accord. Damit der Investor, etwa bei einem noch nicht absehbaren Eigentümer- oder Bauträgerwechsel, davon nicht abweichen kann, wurde der Inhalt der bereits positiv beschiedenen Bauvoranfrage im Ausschuss jetzt in die Form eines B-Plans gegossen.
Der soll allerdings nur als Reserve bereit stehen, falls der Bauantrag zulasten von Bauvolumen, Baugrenzen oder optischer Qualität vom Inhalt der Bauvoranfrage abweichen sollte. „Eine vorbeugende Steuerungsmaßnahme“ nennt Fachbereichsleiterin Elisabeth Sprenger. Weniger vornehm könnte man es auch ein Drohmittel nennen.
Eingesetzt werden soll es nicht, denn baurechtlich genügt für die Genehmigung einer solchen Maßnahme im Innenbereich der „Baulücken“-Paragraph 34 des Baugesetzbuches: „Eine Bebauung nach Maßgabe der Umgebungsbebauung ist zulässig.“
Vierflügelige Wohnanlage
Bei der Orientierung an diesem Maßstab haben die Architekten Bernd Zimmermann und Klaus Oettgen, die das Projekt am Donnerstag nochmals gegenüber der Öffentlichkeit erläuterten, das Konzept der Blockrand-Bebauung herangezogen, das seit dem 19. Jahrhunderten in Großstädten eingesetzt wurde: eine vierflügelige, viergeschossige Wohnanlage rund um einen begrünten Innenbereich, der durch 14 Zugänge von außen erschlossen ist.
Die Fassaden werden durch 13 „Glasgelenke“, vollverglaste Treppenhäuser, in separate „Stadthaus“-Einheiten gegliedert, um eine erdrückende Blockmonotonie zu vermeiden. Die Innenräume sind nach rund zwei Dutzend Grundrissmodellen geschneidert, die Wohnungsgrößen zwischen 42 und 120 Quadratmetern erlauben.
Ein Hektar Fläche
Das Areal, das etwa 10.000 Quadratmeter umfasst, wovon 3500 auf den Innenhof entfallen, wird von einer Tiefgarage unterfangen, die von der Ecke Kalkstraße/Tannenbergstraße aus erschlossen wird. An diesem Bauteil entzünden sich noch die meisten Fragen, die erst beantwortet werden können, wenn mehr über die geologische Beschaffenheit des Untergrundes bekannt ist.
Kalkstraße soll Hauptverkehrsachse werden
Im Zusammenhang mit der faktischen Schließung des Bahnübergangs Tannenbergstraße und dem Wunsch den Einbahnstraßenabschnitt der Hauptstraße stärker zu beruhigen, soll die Erschließung der City künftig parallel zur Hauptstraße erfolgen.
Langfristig soll die westliche Hauptverkehrsanbindung der Innenstadt vom Driescher Kreisel aus parallel zur Bahnlinie über eine Trasse Kalkstraße, Gleisdreieck, Kuhler Busch erfolgen, die den Durchstich Buchholzstraße noch aufnimmt und dann in die Mülheimer Straße mündet.
Die Verbreiterung der Kalkstraße soll nach Norden auf das Areal des Futtermittelmarkt erfolgen. Falls das nicht möglich ist, bietet nach Süden hin das Steinbüchelkarree noch Platz. Dann müssten allerdings die Linden fallen. (gf)
Da der Eigentümerwechsel noch nicht stattgefunden hat, wollen die Investoren sich zu einem späteren Zeitpunkt vorstellen. Im Planungsausschuss wurde das Projekt fast überschwänglich begrüßt. „Nahezu perfekt“, nannte CDU-Fraktionschef Michael Metten das Vorhaben.
Die Klage einer benachbarten Glashütte, der das Wohngebiet zu nah auf der Pelle sitzt und die spätere Konflikte befürchtet, ist gescheitert, aber es soll eine Rücksichtnahme gegenüber dem Betrieb festgeschrieben werden, durch höhere Schallschutzauflagen entlang der Kalkstraße. Die Bäume, vier Platanen in der Tannenbergstraße und sieben Linden entlang der Kalkstraße können erhalten werden dadurch, dass der Vierkantblock von den Grundstücksgrenzen zurückweicht.
An der Dechant-Müller-Straße ist dadurch ein dreispurigen Ausbau mit Radweg möglich. An der Kalkstraße soll ein entsprechender Ausbau später ebenfalls erfolgen, als Hauptachse zur Erschließung der Innenstadt.