Jung und trotzdem dogmatischSo lief die Eröffnung der City-Church im Bergischen Löwen
Bergisch Gladbach – Am Eingang des Bergischen Löwen werden 3G- und Ticketkontrollen durchgeführt, die Tickets mussten online gebucht werden und sind kostenlos. Der erste Gottesdienst der „City-Church“ in Bergisch Gladbach.
Carl Andersson nimmt seit vier Jahren an deren Gottesdiensten teil und freut sich über den neuen Standort in seiner Stadt. Vor dem Eingang trifft er auf einige Bekannte, alle in der Gemeinde sind per Du.
Alles soll von Herzen kommen
Nach der Kontrolle gibt es einen schnellen Kakao mit Hafermilch an der Kaffee-Bar, denn gleich geht es los. „Wir machen oft ein Spiel daraus, wer wem die meisten Getränke ausgibt, weil die ja fast nichts kosten. Wir wollen anderen etwas Gutes tun, das kommt von Herzen“, schmunzelt Andersson und wirkt stolz auf seine Gemeinde.
Von Herzen soll bei der City-Church vieles kommen. Die Teilnahme an den Gottesdiensten, das Engagement in der Gemeinde und die freiwilligen Spenden, durch die sie sich finanziert. „Wir haben keine Mitglieder, also auch keine verpflichtenden Beiträge. Viele fühlen sich so mit Gott verbunden, dass sie ihren Zehnten an die City-Church spenden. Also zehn Prozent ihres Einkommens. Das kommt von Herzen und sie zeigen damit, dass sie Jesus vertrauen“, erklärt Kim Wittmer.
Ein Konzept, das historische Vorbilder hat und bei Pfingstkirchen noch heute üblich ist. Kirche und Gemeinschaft neu und modern zu denken, scheint zu funktionieren. Aber eine Frage bleibt: Wie freiwillig bleibt ein Beitrag in einer unübersehbaren Gruppendynamik? Zeigt doch der eigene Einsatz, wie groß das Herz ist und wie sehr man Gott vertraut.
Die Gemeinde ist jung und divers
Als alle auf ihren Plätzen sitzen, zeigt sich, dass die City-Church hält, was sie auf den Fotos ihrer Webseite vermittelt: Die Teilnehmenden sind divers und alle Altersgruppen, besonders die Jüngeren, vertreten. Nach einleitenden Worten kommt die Band auf die Bühne. Gespielt werden moderne Kirchenlieder. Arme werden in die Höhe gestreckt, die Blicke wandern ergriffen hinterher oder werden demütig gen Boden gesenkt, während Liedzeilen wie „Preis den Vater, preis den Sohn, preis den König aller Könige“ inbrünstig mitgesungen werden.
Dann folgt die Predigt: Persönlich, mit ein paar lustigen Sprüchen aufgelockert und vielen Anglizismen referiert Tobi Trojan, Kinderarzt und Mitglied des Leitungsteams, über das Ziel, „The Good Life“ zu leben und dass die Kultur der Eile in unserer Gesellschaft Feind des Glaubens sei: Seit der Erfindung des Smartphones haben Menschen unendliche Möglichkeiten, sich abzulenken und Informationen zu erlangen, ohne dem Gehirn eine Pause zu gönnen und das Erlebte zu verarbeiten. Um das „Good Life“ zu erreichen, müsse man Stressquellen reduzieren und eliminieren.
Die Entstehung
Die City-Church
Die Köln City-Church wurde 2015 von Dom und Sarah John gegründet. Beide haben in England Theologie studiert und waren vier Jahre lang in Derby als Pastoren tätig. Dort kamen sie mit das erste Mal mit der City-Church in Kontakt. Schnell entstand der Plan, eine solche Kirche auch in Köln zu gründen.
Mittlerweile ist die Gemeinde auf 500 bis 700 Menschen gewachsen.Die Kirche gehört dem Bund freikirchlicher Pfingstgemeinden (BFP) an und ist ökumenisch. Die Köln City-Church finanziert sich ausschließlich aus freiwilligen Spenden. Die Gottesdienste finden alle zwei Wochen statt. In den anderen Wochen trifft sich die Gemeinde in kleinen Gruppen, um über Gott, Glauben und persönliche Anliegen zu sprechen. Die Kirche präsentiert sich im Internet. (abr)
Problemlösung wie aus dem Achtsamkeitsratgeber
Tobi Trojan geht auf aktuelle Alltagsprobleme ein und bietet Lösungen an, die – in weniger religiöser Form– auch in Achtsamkeitsratgebern zu finden sein könnten: „Nehmt euch mehr zurück, legt das Handy öfter zur Seite, Jesus war niemals in Eile, nehmt euch ein Beispiel an ihm und entschleunigt, betet und lest die Bibel. Tut weniger, damit er mehr tun kann, in euch“, rät Tobi Trojan.
Nach knappen anderthalb Stunden ist der Gottesdienst vorbei und Kim Wittmer richtet für einen Spendenaufruf das Wort an die Gemeinde: „Durch unsere Finanzen zeigen wir, dass wir Gott vertrauen, ihn an erste Stelle setzen.“
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Carl Andersson, der begeistert von der Predigt ist, sagt auf dem Weg zum Ausgang: „Was mir so gut gefällt, sind die Beziehungen, die hier entstehen und dass der Fokus auf dem Einzelnen liegt.“ Auch Melina (23) und Yafet (31) setzen auf den sozialen Aspekt der City-Church und pflegen den Großteil ihrer Freundschaften innerhalb der Gemeinde.