Schon während der Operationen könnten Chirurgen nachbessern oder den Verlauf des Eingriffes anpassen.
„Spielen in der Ersten Liga“Dieses neue Gerät vereinfacht OPs in Bergisch Gladbacher Klinik
Der Fuß des Fotomodells im Vinzenz Pallotti Hospital (VPH) ragt durch das Loch des blauen OP-Tuches. Zum Glück ist er nicht gebrochen, sondern dient nur als Modell für die Präsentation eines neuen intraoperativen Röntgengerätes, das während der Operation eingesetzt wird. Es ähnelt dem bekannten Computer-Tomografen, der in Schichten Schnittbilder von erkrankten Körperteilen des Patienten erzeugt.
Doch dieser 3D-Bildwandler im Operationssaal von Dr. Gereon Schiffer, Chefarzt der Unfallchirurgie an der GFO Klinik in Bensberg, könne noch viel mehr: „Unser neuer 3D-Bildwandler dreht sich in einer 180-Grad-Orbitalbewegung um das Operationsfeld, errechnet einen dreidimensionalen Bilddatensatz von zum Beispiel einem Gelenkbruch in allen Ebenen“, erklärt der erfahrene Chirurg über den Siemens Cios, der den Chirurgen ein sehr genaues dreidimensionales Bild vom Bruch aus allen Richtungen zeigt.
„In der Unfallchirurgie stellt sich bei schweren Gelenkbrüchen, zum Beispiel von Schienbeinkopf oder Handgelenk, zunächst die Frage, ob man operiert und dann wie“, schildert Schiffer. „Da braucht man in der Regel Schnittbilder als CT, Computertomografien.“
3D-Bildwandler hilft, schon bei OP wichtige Entscheidungen zu treffen
Mit dem neuen 3D-Bildwandler bekommt der Chirurg eine genaue dreidimensionale Vorstellung für die Planung der Operation: „Da werden beim Schienbeinkopf zum Beispiel von vorne, von außen, von hinten und von der Seite CTs gemacht, damit ich an alle Bruchstücke, die gerichtet werden müssen, überhaupt drankomme“, erklärt Schiffer das Schnittbild eines Patienten mit deutlich sichtbar gebrochenem Schienbein – auf den 3D-Monitoren bekommt der Chirurg quasi eine Innensicht von allen Seiten – die Bilder können gesteuert werden, laufen ab wie in einem Film.
„Schon vor der OP kann ich mit der 3D-Bildgebung planen, welche Implantate ich benötige, wie ich sie setze und das Gelenk stabilisiere.“ Bei allen komplexeren Operationen setzt er das Spezialgerät ein – bei Gelenkbrüchen ist der Einsatz inzwischen Standard.
Und das neue Gerät hat einen weiteren Vorteil: „Auch das Ergebnis kann ich mit dem 3D-Bildwandler beurteilen – noch während der Operation, wenn der Patient noch in Narkose liegt und die Wunde offen ist, kann ich noch einmal das Gerät einsetzen und auf dem 3D-Monitor die Bilder in allen möglichen Ebenen anschauen – und sofort entscheiden, ob ein Implantat korrigiert werden muss.“
Alle Ebenen auf einmal
Zum Beispiel beim Sprunggelenkbruch: Stehen Schienen- und Wadenbein wieder in der richtigen Position zueinander? Zur Beurteilung braucht der Chirurg ein 3D-Schnittbild. Die Stellung von Wadenbein zum Schienbein, ob es schon in der Gelenkkuhle drin ist, kann man bei einem zweidimensionalen Bild nicht beurteilen. „Ich habe da schon drei bis vier Scans gemacht, bis alles perfekt war: Mit dem 3D-Scan bekomme ich einen Datensatz in allen Ebenen, kann unterblättern, hin- und herschieben, die Ebenen verändern.“
Jede Schraube, die er gesetzt hat, kann er kontrollieren – eine nach der anderen auf allen Bildebenen; erkennt, ob sich der Bruch gut angelagert hat. Oder ob er die lange Querschraube, mit der Schien- und Wadenbein miteinander verbunden wurden, zurückdrehen und bis zum optimalen Ergebnis platzieren.
Auch ein plastisches 3D-Modell kann Gereon Schiffer darstellen: Das sieht ein wenig aus wie eine Bronzeplastik, doch man sieht genau die Platzierung der Schrauben und Implantate – das harmonische OP-Ergebnis. Unkorrigiert hat der Patient unter Umständen fünf Jahre nach dem Eingriff eine Arthrose entwickelt.
Mit 3D-Bildern können Chirurgen sofort korrigieren
Früher wurde der Patient nach der Operation auf sein Zimmer gefahren, am nächsten Tag noch mal für ein CT in die Radiologie gefahren. „Jetzt holen wir diese Prozess-Revision in den OP hinein, können sofort reagieren und korrigieren“, so Schiffer. „Früher gab es immer wieder das Abwägen, soll ich das mit dem Patienten besprechen, noch mal operieren, mit dem Risiko neuer Narkose und Infektion.“ Heute gehe man mit einem optimalen Ergebnis aus dem OP heraus.
Beim Einsatz von Prothesen für Hüfte und Knie wird nach wie vor ein normales zweidimensionales CT gemacht. „Aber in der Unfallchirurgie spielt das 3D-Verfahren eine größere Rolle, weil wir immer versuchen, minimalinvasiv einzugreifen“, stellt der Unfallchirurg die Situation dar. „Kleine Schnitte, nicht alles freilegen, das Gewebe möglichst unberührt lassen – das heißt, als Unfallchirurgen sind wir immer mehr auf die 3D-Darstellung angewiesen.“ Und er sinniert auch, es sei nicht einfach, den ganzen „Schichtkram“ zu verstehen – da müsse man Radiologe sein. Doch das Handwerk beherrscht Schiffer auch.
„In der Endoprothetik-Maximalversorgung spielen wir jetzt in der Ersten Bundesliga“, feixt er. Doch lange habe er für den neuen Siemens Cios kämpfen müssen. Er kostet 200 000 Euro.
Als Schiffer im Jahr 2012 von der Universitätsklinik Köln ans Vinzenz Pallotti Hospital wechselte, war die Anschaffung eines 3D-Bildwandlers für ihn eine unumstößliche Einstellungsvoraussetzung. Damals gab es an der Uni schon das Vorgängermodell, mit Schiffer zog er auch ins VPH ein. Doch der neue Siemens Cios ist deutlich leistungsstärker – die Bildqualität deutlich besser.