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Buh-Rufe im RathausGeschäftsleute in Schildgen fürchten um ihre Existenz

Lesezeit 4 Minuten

Der geplante Wegfall der Längsparkplätze bringt die Einzelhändler in Existenznöte.

Bergisch Gladbach – Weniger Verkehr, mehr Sicherheit für die Radler, mehr Platz für die Fußgänger – all das erhofft sich die Stadtverwaltung durch das neue Verkehrskonzept für die Altenberger-Dom-Straße in Schildgen. „Aber wo bleiben wir?“, kritisieren die Geschäftsleute. Die Wut ist so groß, dass über 40 Mitglieder der Interessengemeinschaft Schildgen am Dienstagabend gegen die aktuellen Umbaupläne demonstrieren, bevor die Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung beginnt.

Mit ihrem Protest wollen sie der Politik deutlich machen, dass sie ohne Parkplätze nicht arbeiten können und wollen. „Der Wegfall der 22 Parkplätze würde die Einzelhändler in ihrer Existenz massiv gefährden“, sagt Klaus Broich, Inhaber des Uhren-Schmuck und Optikerladens, einem Unternehmen, das es schon seit 50 Jahren im Ort gibt: „Das vorliegende Konzept macht alles kaputt“.

Flexibel nutzbarer Mittelstreifen geplant

Zu den gravierenden Lösungsansätzen, die Altenberger-Dom-Straße attraktiver zu gestalten und den Durchgangsverkehr zu reduzieren, gehört der Ausbau der Rad- und Fußwege auf eine „ausreichende Breite“. Ein flexibel nutzbarer Mittelstreifen soll den Vorteil bieten, Querungshilfen für Fußgänger zu Geschäften zu schaffen und gleichzeitig eine Ausweichmöglichkeit als „dritter Fahrstreifen“ darstellen.

Ersatzparkplätze

Der Ausschuss für strategische Stadtentwicklung hat die Variante mit dem flexiblen Mittelstreifen auf der Altenberger-Dom-Straße beschlossen. Dafür stimmte die Ampelkoalition (SPD, Grüne, FDP), Freie Wähler, AfD. Dagegen stimmten die CDU und die Bürgerpartei GL. Damit werden 22 Längsparkplätze an der Straße wegfallen. Die anwesenden Händler reagierten auf die Entscheidung mit lauten Buh-Rufen. Die Verwaltung erhielt den Auftrag, Ersatzparkplätze zu suchen. (ub)

Das wiederum geht nur, wenn 22 Längsparkplätze wegfallen. Aus Sicht der Einzelhändler komme dies der Zerstörung des gut funktionierenden Nahversorgungszentrums gleich. „Wie die meisten hier bin ich extrem angewiesen auf Stellplätze in direkter Nähe“, sagt Ruth Wahl, Inhaberin der Löwen-Apotheke. Die vielen älteren Kunden, aber auch Mütter mit Kindern, kämen mit dem Auto, nicht etwa mit dem Lastenrad.

Einzelhändler: Kunden kommen vorwiegend mit dem Auto

Vier Mal am Tag werde ihre Apotheke mit Ware beliefert. „Nie im Leben werden die Lieferanten auf dem Mittelstreifen halten und die Pakete über die Straße schleppen: „Die parken dann mitten auf dem Fahrradweg.“ Auch Andrea Fehl, Inhaberin der Wäsche-Boutique, fühlt sich in ihrer Existenz bedroht. Wenn niemand mehr in der Nähe halten könne, befürchtet sie: „Dann werden die Kunden direkt im Internet bestellen.“

Ein Mitglied des neu gegründeten Bürgervereins berichtet, dass 52,8 Prozent der Kunden sein Geschäft mit dem Auto erreichten, 36,4 Prozent zu Fuß, nur 9 Prozent mit dem Fahrrad und noch weniger, 1,8 Prozent, mit dem Bus. Martin Büchel sagt: „Wenn alle Läden zumachen, kann ich mein Marketing-Unternehmen hier auch dicht machen und nach Köln umziehen.“

Vorgehensweise verärgert Schildgener

Am meisten irritiert und verärgert die Menschen in Schildgen, dass sie nicht „mitgenommen“ worden sind. Die Stadt habe ihnen nicht zugehört, nicht richtig mit ihnen geredet, nur getrennt und nur mit einzelnen Interessengruppen. Vielleicht kommt den Einzelhändlern das Verkehrskonzept deshalb wie eine Verordnung vor, die sie sich nicht aufzwingen lassen wollen.

Es ist die Art der Vorgehensweise, die die Schildgener verärgert. Die angekündigte Verkehrswende sorgt so dafür, dass die Atmosphäre im Ort vergiftet wird. Der Besitzer eines Friseursalons möchte etwa seine Meinung nicht öffentlich äußern. Mit der Fraktion der Radfahrer sei nicht zu spaßen, sagt er.

Umgestaltung könnte Durchgangsverkehr begünstigen

Dabei hätten die Geschäftsleute kein Problem mit Radverkehr. „In diese Ecke lassen wir uns nicht stellen“, betont Broich. Aber der Verkehrsraum müsse gerecht aufgeteilt werden. Ein Gewerbetreibender glaubt, es werde aber auch „überschätzt, dass jetzt alle auf das Rad umsteigen“. Auch ein E-Bike könne sich bei weiten nicht jeder leisten.

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Aus Sicht der IG Schildgen und des Bürgervereins verfehlt die Planung zudem das beabsichtigte Ziel, den Verkehr auf der Altenberger-Dom-Straße zu reduzieren. Das Gegenteil sei der Fall: „Die bauliche Umgestaltung geschieht allein zugunsten des Durchgangsverkehrs“, mahnt Broich. Ohne parkende Autos sei die Altenberger-Dom-Straße so schön überschaubar, dass alle schneller durchrauschen könnten.

Und weiter weg einen Standort für einen Parkplatz zu finden, bringe nichts. „Die Leute wollen nicht weit laufen“, so die Erfahrung von Maximilian Kraus, Prokurist der Kraus GmbH mit 48 Bäckereien. Bestatter Jochen König sagt: „Es geht vor allem darum, dass wir alle zusammenhalten, sonst wird Schildgen zu einer leblosen Schlafstadt.“