„Will niemanden ärgern“Gladbacher könnte Radstreifen auf Laurentiusstraße verhindern
Bergisch Gladbach – Die Umgestaltung der Laurentiusstraße in eine Fahrradstraße hat für viel Kritik gesorgt. Vor allem der Wegfall von 16 Parkplätzen hat bei Anliegern für Protest gesorgt. Jetzt versucht Hausbesitzer Felix Nagelschmidt mit einem rechtlichen Kniff einen Teil der Parkplätze wieder zurückzuholen. Sein Druckmittel: Er könnte den privaten Bürgersteig vor seiner Haustür absperren. Dann aber wäre der aktuelle Ausbauzustand mit Schutzstreifen für Radfahrer in beide Richtungen aus Sicherheitsgründen nicht länger tragbar.
„Ich will niemanden ärgern, sondern alle Beteiligten noch einmal an den Verhandlungstisch bekommen“, betont Nagelschmidt und spricht dabei auch für seine 77 Mitstreiter, zusammengeschlossen in der Facebook-Gruppe „Laurentiusstraße -Gl, bleibt wie sie ist“. Eine kurzfristige Sperrung des zehn Meter langen und drei Meter tiefen Bürgersteigs vor Nagelschmidts Haus Nummer 80 in Höhe der Einmündung der Hornstraße erscheint ihm dabei als das letzte Mittel. Acht Parkplätze sind an diesem Straßenabschnitt weggefallen.
An der Laurentiusstraße: „Wir Anwohner fühlen uns nicht ernst genommen“
„Wir Anwohner fühlen uns nicht ernst genommen“, sagt er. Die Geschäftshäuser in der Nähe – darunter Blumenladen, Reiseveranstalter, heilpädagogische Praxis, Ärztehaus und Apotheke – seien auf Haltemöglichkeiten für ihre Kunden angewiesen. Nagelschmidt geht davon aus, rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, wenn er kurzfristig Fakten schaffen und den Gehweg für private Zwecke blockieren würde.
Streit um die Laurentiusstraße
Umbau in zwei Schritten
Die Öffnung der Einbahnstraße Laurentiusstraße für den entgegenkommenden Radverkehr ist bereits mit entsprechenden Markierungen umgesetzt. Erst in einem zweiten Schritt , spätestens im Jahr 2023, sollen die Radler dann auf einer Fahrradstraße, dem eigentlichen Ziel des Umbaus, endgültig Vorrang bekommen. Bis dahin soll auch der vom Bundesrat verabschiedete Entwurf der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung in Kraft getreten sein. Die aktuell noch geltende Vorschrift würde wegfallen, dass auf einer Fahrradstraße der Radverkehr die vorherrschende Fortbewegungsart sein muss. Eine Bedingung, die die Laurentiusstraße derzeit nicht erfüllt. Ein Fachbüro soll in nächster Zeit ein Konzept erstellen, das mit Politik und Bürgerschaft abgestimmt werden soll. (ub)
Tatsächlich gibt es keinen Beweis dafür, dass der Gehweg vor der Hausnummer 80 jemals zur öffentlichen Gehweg-Parzelle gewidmet worden ist, dies bestätigt ein stadteigenes Gutachten, das der Redaktion vorliegt. Nach städtischer Auffassung sei der fahrradfreundliche Umbau der Laurentiusstraße aber trotzdem „rechtssicher gestaltet“, stellt Stadtsprecher Martin Rölen fest.
Absperrung der Bürgersteigs: „drastisches Mittel“
Die Absperrung des Bürgersteigs durch Hindernisse bezeichnet Rölen als „drastisches Mittel, das ordnungsrechtliche Maßnahmen zur Abwendung von Gefahren nach sich ziehen würde.“ Denn Fußgänger müssten auf die Straße ausweichen oder die Straßenseite wechseln. „Es würde regelmäßig zu Gefahrensituationen mit anderen Verkehrsteilnehmern kommen“, heißt es in dem Gutachten.
Bei der Frage, ob es sich bei der Bürgersteig-Parzelle um einen Teil der öffentlichen Straße handelt, ist die Stadt aber in der Beweispflicht. Da es kein offizielles Dokument gibt, das die Öffentlichkeit des Weges belegt, greift die Stadt dabei auf das preußische Verkehrsrecht aus dem Jahr 1875 zurück. Als Beleg für die Rechtmäßigkeit des Gemeingebrauchs dient hier der sogenannte Fluchtlinienplan. „Ein solcher wurde für die Laurentiusstraße um 1900 aufgestellt und bezieht sowohl die Straßenfläche als auch die Gehwege in der heutigen Ausdehnung mit ein“, erläutert Rölen, „die Tatsache, dass sich einzelne Parzellen im Privateigentum befinden, steht dazu nicht im Widerspruch.“
Bis heute keine Antwort auf Parkalternative-Vorschlag
Felix Nagelschmidt würde es darauf ankommen lassen und vor das Verwaltungsgericht ziehen: „Dann müsste die Stadt ihre Ansprüche über mehrere Instanzen gerichtlich klären zu lassen.“ Besser sei da ein Kompromiss, mit dem alle zufrieden seien: „die Radfahrer, die Fußgänger sowie die Anwohner und Geschäftskunden.“ Auf seinen Vorschlag, dass Autofahrer halb auf dem Gehweg parken dürfen, habe er bis heute keine Antwort erhalten, ärgert er sich. Dabei würde dies ausreichend Platz schaffen, so dass die Radwege, so wie sie jetzt sind, bestehen bleiben und einige Parkplätze gerettet werden könnten.
Aus Sicht der Stadtverwaltung ist dies aber keine Option: Die Idee sei ausgiebig geprüft und verworfen worden, heißt es auf Anfrage dieser Redaktion. Die Gründe: „Die Markierung der Parkplätze schränkt den Fußverkehr zu sehr ein“, berichtet Rölen. Die verbleibende Restbreite von 1,50 bis zwei Meter an dieser Stelle sei nach den Regelwerken nicht ausreichend. Die Straßenverkehrsordnung erlaube Parken auf Gehwegen nur dann, „wenn genügend Platz für Fußgänger auch mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrern auch im Begegnungsverkehr bleibt.“
Gegen ein halbseitiges Parken auf dem Gehweg spreche laut Rölen zudem die Präzedenzwirkung einer solchen Ausnahmeregelung: Müssten weitere Erlaubnisse erteilt werden, stünde dies dem Konzept der Fahrradstraße entgegen. Denn an der Laurentiusstraße gibt es noch weitere Abschnitte des Bürgersteigs in Privateigentum.