Grube CoxGroßer Ärger im kleinen Paradies

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Bergisch Gladbach – Die Idylle beginnt gleich hinter dem Kreishaus. Sofort ist man drin. Und es fühlt sich auch so an. Vor allem, wenn die Sommersonne die feuchten Wiesen anstrahlt. Die Farbenpracht der Seerosen das Auge erfreut. Vier Seen romantisch und scheinbar bedeutungslos glitzern. Dabei hatten sie einst einen Schatz. Zwar kein Gold, sondern eher plumpe Gesteinsbrocken aus dem Mineral Dolomit. Es wurde zur Herstellung von hochwertigem Spiegelglas abgebaut.
Inzwischen steht die ehemalige Grube Cox unter Naturschutz und ist zu einem Stück unberührter Natur, einem kleinen Paradies geradezu geworden. Wenn da nicht – vor allem an warmen Sommerwochenenden – Besucher wären, die drohen diese Oase mitten in der Stadt zu zerstören.Erholungssuchende nutzen das Schutzgebiet als Liegewiese, Badesee, Hundeauslauf, Mountainbike-Parcours, Grillplatz, FKK-Wiese und Liebesnest. Jugendliche und Erwachsene campen dort, klettern an Steilhängen, zünden Feuer an, ballern mit großkalibrigen Waffen auf Erklärungstafeln, reißen Zäune nieder, konsumieren reichlich alkoholische Getränke und hinterlassen eine Müllhalde.
„Absperrungen und Verbotsschilder werden einfach ignoriert“, beklagt Hans Paffrath, einer von sieben Fischern. Ihnen hat der Eigentümer, die Gutsverwaltung Lerbach, nach Ende des Abbaus die Pachtrechte vergeben. Darüber hinaus kümmern sie sich mit großem ehrenamtlichem Engagement um die Pflege. Dabei fordern sie jetzt mehr Unterstützung vom Rheinisch-Bergischen Kreis: eine effektivere Ausschilderung im zwölf Hektar großen Naturschutzgebiet vor allem an den vier Eingängen, mehr Kontrollen sowie konsequente Strafen in Form von Bußgeldern.
„Der Appell an die Vernunft reicht nicht “, meint Paffrath. Doch die Untere Landschaftsbehörde will vor allem die Menschen überzeugen. Der Ausblick auf das attraktive Naturschutzgebiet sei gewollt: „Aber eben nur von dem ausgewiesenen Rundweg aus“, sagt Ralf Thiele, Untere Landschaftsbehörde. Um täglich Streife zu gehen, fehle dem Kreis das Personal. Mehr als Stichproben seien nicht drin. Noch mehr Zäune zu errichten, hält Thiele für nicht sinnvoll. „Wir wollen nicht den Eindruck erwecken, dass es sich um eine Kaserne handelt.“ Dabei ist auch Thiele klar: Je mehr Leute in die Grube Cox strömen und die ausgewiesenen Wege verlassen, desto größer ist der Druck auf die Natur.
„Durch die Unvernunft einiger Besucher kann großer Schaden entstehen“, sagt Wilfried Knickmeier, Artenschutzbeauftragter des Kreises. Denn durch den Abbau sei dort ein Gelände entstanden, das sonnige, warme und trockene Plätze biete, aber auch schattige und feuchte Hanggebiete. Neben Steilwänden finden sich auch wassergefüllte Mulden. Diese unterschiedlichen Bedingungen seien ideal für Tiere und Pflanzen, die woanders im Ballungsgebiet nicht anzutreffen seien: Zauneidechsen, Ringelnattern oder Wildbienen. Immer wieder kann man in die Hocke gehen und findet 50 Orchideenarten, Fieberklee oder Tausendgüldenkraut, ein Verwandter des Enzians. Die Erfolge der Pflege sind an vielen Stellen unübersehbar.
Seit 30 Jahren passt Paffrath hier auf die Natur auf, was ihm den Beinamen „Vater Cox“ eingebracht hat. Im Rückblick sei ein „großer Erfolg zu verzeichnen“ – auch Dank der Polizei, die schnell zur Stelle sei. Früher hätten sich dort Hunderte in der Freizeit getummelt, heute seien es um die 20 Leute. Dafür sind die oft besonders uneinsichtig. „Ich bin schon einmal mit dem Messer bedroht worden“, erzählt Paffrath. Gerade diese „Mischung aus Ignoranz und Uneinsichtigkeit“ könne jedoch richtig gefährlich werden, sagt Thiele. Wer in der ehemaligen Grube bade oder an den Uferabbrüchen klettere, gefährde sich auch selbst. Erst kürzlich ist ein Hang am See ins Rutschen gekommen. Es bestehe also sogar Lebensgefahr beim Klettern.
Rot-weißes Flatterband
Der Rheinisch-Bergische Kreis will nun möglicherweise mit einem Schild auf die Gefahr beim Klettern hinweisen. Vorübergehend warnt rot-weißes Flatterband vor dieser Gefahr. Die besprühten und von Schüssen durchlöcherten Erklärungstafeln zu ersetzen, sei teuer. Deshalb soll geprüft werden, ob sie gereinigt werden könnten. Und möglicherweise soll am Eingang hinterm Kreishaus ein zusätzlicher Hinweis auf das Naturschutzgebiet angebracht werden.
So können die Pächter und andere Naturliebhaber auf eine blühende Zukunft der Grube Cox hoffen.
Wer in dem Naturschutzgebiet auf verbotenen Wegen erwischt wird, muss zahlen: 35 Euro Bußgeld fallen bei einem Picknick an, 50 Euro sind bei lauter Musik fällig oder 100 Euro beim Grillen. Für Mehrfachtäter verdoppelt sich das Bußgeld.