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Hungrig auf MusikgenussErstes Kirchenkonzert nach Corona

Lesezeit 2 Minuten

Harfenist Tom Daun spielte in St. Johann Baptist vor „vollem“ Haus.

  1. Vor dem Kirchenportal bilden sich Schlangen – jeder muss sich mit Namen, Adresse und Telefon in die Anwesenheitsliste eintragen.
  2. Wie aneinandergereihte Perlen durchströmen die gezupften Harfenklänge den hohen Kirchenraum bis in die letzte Reihe.
  3. Tom Daun ist nicht nur ein glänzender Harfenist, er versteht es auch, seine Zuhörer mit interessanten Schilderungen auf die jeweiligen Werke einzustimmen.

Bergisch Gladbach – Nach langer Corona-Pause endlich wieder ein Konzert in Refrath. Doch nicht in Alten Kirche konnte das Harfenkonzert mit Tom Daun wie geplant stattfinden, sondern in der großen katholischen Kirche St. Johann Baptist, mitten im Ortskern. „In der Alten Kirche hätten vier bis fünf Besucher Platz gefunden“, berichtet Kantor Christophe Knabe bei der Begrüßung. „Und hier wurden genau 100 Besucher zugelassen.“ Nur mit Voranmeldung.

Vor dem Kirchenportal bilden sich Schlangen – jeder muss sich mit Namen, Adresse und Telefon in die Anwesenheitsliste eintragen. Doch die Gäste sind hungrig auf Musikgenuss, stellen sich schnell auf das neue Procedere ein: Jeweils drei haben einen reservierten Platz in der Kirchenbank, dann wird eine Reihe freigelassen. „Trotz Abstand eine schöne Atmosphäre“, meint Knabe. Es ist schön luftig im Kirchenraum, als der Harfenist Tom Daum die erwartungsfrohen Gäste einstimmt auf das Konzert „Die Harfe im Serial – Klänge aus 1001 Nacht“.

Fremde Welten

Exotisch klingt „Cecen kizi“ von Tamburi Cemil Bey. Mit den Melodien über die Geschichte eines tschetschenischen Mädchens am Sultanshof entführt Daun in fremde Welten, spürt anschließend mit einem traditionellen griechischen Morgenlied der Stimmung auf der ägäischen Insel Kalymnos nach. Wie aneinandergereihte Perlen durchströmen die gezupften Harfenklänge den hohen Kirchenraum bis in die letzte Reihe.

Auch die temperamentvollen Musikstücke Schirazula Marazula, Ungarescha und Saltarello, die Jacob Paix im 15. und 16. Jahrhundert aufgezeichnet hatte, klingen sanft im Saitenanschlag, niemals übereilt – eine musikalische Kostbarkeit. Die Reise in die Welten des Serails führen ins Mittelalter mit dem arabo-andalusischen „Lamma bada“, in die Welt der sefardischen Juden mit „Hija mia“ und weiter in die Welt Persiens, des Osmanischen Reiches, des Balkans. Orient und Okzident finden hier zusammen mit orientalischen Fantasien und Themen aus der Volksmusik. Über die Jahrhunderte durften nur Frauen das Saiteninstrument spielen – zur Erbauung der Herren.

Ursprünglich für Kalvier komponiert

Immer wieder schafft Tom Daun neue Spannungsfelder mit abendländischen Charakterstücken zwischen Barock und Impressionismus – Jean Baptiste Lullys „Marche pur la cérémonie des Turcs“ und Erik Saties „Gnossienne 1 und 3“, langsame Kompositionen, ursprünglich für Klavier geschrieben.

Auch auf der Harfe vermitteln sie die besondere melancholische, mystische Atmosphäre. Und damit schließt sich der Kreis der „Harfe im Serail“. Tom Daun ist nicht nur ein glänzender Harfenist, er versteht es auch, seine Zuhörer mit interessanten Schilderungen auf die jeweiligen Werke einzustimmen.