Gestaltungsbeirat Bergisch GladbachImmer im Dienst des Stadtbilds
- Der Gestaltungsbeirat Bergisch Gladbach ist für die bauliche Gestaltung der Stadt mitverantwortlich.
- Oberste Prämisse: Die neuen Gebäude sollen ins Stadtbild passen.
- Ist die Architektur nicht passend, lädt der Beirat zu Beratung und Ortstermin ein.
Bergisch Gladbach – Zum Beispiel die künftige Bebauung des Steinbüchel-Geländes an der Kalkstraße. Zentral in der Stadtmitte, perspektivisch fast ein neues Wohnviertel zwischen den Hauptverkehrsstraßen. Zu großvolumig und mit zu wenig Grün seien die ersten Pläne ausgefallen, berichtet Matthias Fritzen aus seiner Arbeit.
Der Diplom-Ingenieur aus dem Münsterland ist Vorsitzender des fünfköpfigen Gestaltungsbeirats der Stadt: Bei allen zentralen Planungen beraten die unabhängigen Experten und geben in nichtöffentlicher Sitzung Tipps. „Auf Augenhöhe, respektvoll und fachbezogen“ funktioniere diese Beratung mit den Bauträgern und deren Architekten, sagt Fritzen anlässlich der Vorstellung der Jahresbilanz 2019. Auch für das Steinbüchel-Areal sei das so gewesen. Die künftige Baudichte werde dort zurückgenommen, gemäß Expertenrat. Die Bewohner sollten sich ja später wohlfühlen in den vier Wänden. Mission erfüllt.
„Ohne den Beirat sähe das Stadtbild heute anders aus“, sagt Dorothea Corts. Sie ist nah dran an der Arbeit, bis August hat sie die Geschäftsstelle des Gremiums bei der Stadt geleitet. 28 Beratungsanfragen habe es 2018/19 gegeben, bei 19 seien die Architekten den Empfehlungen des Beirats freiwillig entgegengekommen. Mit dem Kopf durch die Wand geht es trotzdem nicht: Zwei Anträge kamen ohne gewünschte Umplanung ins Planungsverfahren, nur einer sei angenommen worden, der zweite zurückgewiesen.
Die Leitlinie bei allen Beratungen: Gebäude sollen ins Stadtbild passen und sich einfügen. „Wir wollen verbessern, nicht verhindern“, sagt Corts. Architekten, die wild mit ihren Ideen planen und sich außerhalb der vorhandenen Bebauung wähnen, haben bei den Mitgliedern des Gestaltungsbeirats der Stadt schlechte Karten. Das unabhängige Expertengremium mit Geschäftsstelle im Rathaus will mit Argumenten überzeugen.
Ist die Architektur nicht angepasst oder wird das Grundstück zu stark ausgenutzt, laden die Mitglieder zu Beratung und Ortstermin ein. In der Hoffnung auf Einsicht der Bauträger, denn rechtliche Hebel gibt es nicht. Besonders in Refrath ist das ein Thema. Fritzen dazu: „Wir Beiratsmitglieder sehen die Gleichförmigkeit der Neubauten durchaus kritisch.“ Die Umplanung der Gaststätte Kickehäuschen sei indessen als positives Beispiel zu bewerten. Im Vergleich zum ersten Entwurf sei die geplante Bebauung nun deutlich reduziert. Eine Veränderung im Stadtbild bleibe dennoch.
Ein erwähnenswertes Beispiel für die Beiratsmitglieder ist auch das Vorhaben Paffrather Straße 19. Kein denkmalgeschütztes Haus, aber eines mit prägender Architektur an der Kante hinunter zur Grünen Ladenstraße. Viergeschossig mit Garageneinfahrt statt Ladenlokal, mit überbauter Freifläche und einem dunklen Durchgang zu den unterhalb gelegenen Geschäften: Ein erster Entwurf fiel im Beirat glatt durch. Was folgte, waren Ortstermine, drei Beratungen und viele Gespräche mit den Bauherren.
Wechsel in der Geschäftsstelle
Für Dorothea Corts, die in den Ruhestand gewechselt ist, hat Dipl.-Ing. Architektin Barbara Reiff-Sagroda die Leitung der Geschäftsstelle übernommen, bei der Stadt in der Fachabteilung Hochbau tätig. Dem Beirat gehören folgende Architekten, Stadtplaner und Landschaftsarchitekten an: Matthias Fritzen (Ahlen/Münster), Michael Arns (Freudenberg), Bernadette Heiermann (Köln), Regina Stottrop (Köln) und Friedhelm Terfrüchte (Essen).
Seit der ersten Sitzung im März 2015 hat der Beirat 24-mal getagt und über 97 Bauprojekte beraten. Erstes Objekt war das ehemalige Weissenberger-Hotel an der Schloßstraße, aus Sicht des Beirats auch ein positives Beispiel.
In der nächsten Sitzung des Gladbacher Planungsausschusses werden fünf mit Erfolg durchgeführte Beratungen vorgestellt: Neubau Laurentiusstraße 7, Neubau Paffrather Straße 19, Um-/Neubau Kickehäuschen, Neubau Mehrfamilienhäuser der Rheinisch-Bergischen Siedlungsgesellschaft an der Handstraße, Neubau Wohn- und Bürogebäude Richard-Zanders-Straße 15.
Der Konsensentwurf passe sich besser ein ins Gefüge und vermeide Angsträume im Durchgang. Von „Bauchgrimmen“ spricht Dorothea Corts, angesprochen auf den Verlust des für das Stadtbild wichtigen Altgebäudes. Der gefundene Entwurf sei aber eine gute Mischung aus dem Erhalt der alten Struktur und den Prägungen der heutigen Zeit.
Dass der Beirat auch aus politischer Sicht ein Erfolgsmodell sei, bestätigten Lennart Höring (CDU) und Klaus W. Waldschmidt (SPD), Vorsitzender und stellvertretender Vorsitzender des Planungsausschusses – beide sind in ihren Funktionen beratende Mitglieder. Dank des Beirats sei das Stadtbild „besser und schöner“, sagte Höring beim Pressegespräch. Beide Politiker gaben ein klares Signal, die Gast-Plätze für den Planungsausschuss über die Kommunalwahl im September 2020 hinaus zu erhalten.