„Keine Angst, wir kommen vorbei“Bergisch Gladbacher Feuerwehrmann im Interview
Bergisch Gladbach – Unermüdlich haben die Feuerwehrmänner und -frauen Keller leergepumpt, Menschen gerettet und Trost gespendet an diejenigen, die fast alles verloren haben. Rund 150 Einsatzkräfte waren allein in Bergisch Gladbach an bisher 1500 Einsätzen beteiligt. Wie sieht die Lage in Gladbach aus und was machen solche Tage mit den Feuerwehrleuten? Darüber hat Linda Thielen mit Frank Haag, stellvertretender Leiter der Gladbacher Feuerwehr, gesprochen.
Den Rheinisch-Bergischen Kreis hat es nicht so schwer getroffen wie andere Gebiete. Viele Keller sind wieder leer, aber noch nicht alle. Melden sich noch viele Gladbacher bei Ihnen, die im Wasser stehen?
Haag: Es gibt noch einige Anrufe. Etwa im Viertelstundentakt klingelt das Telefon. Einige haben erst spät bemerkt, dass ihr Keller vollgelaufen ist. Beispielsweise, als sie aus dem Urlaub wiedergekommen sind. Oder auch Firmen, deren Lager noch unter Wasser stehen. Uns ist es wichtig, dass wir allen helfen. Gerade jetzt, wo es wieder ruhiger ist. Die Leute müssen keine Angst haben, wir kommen vorbei.
Gibt es denn noch Schwerpunkte, an denen Sie aktuell verstärkt im Einsatz sind?
Wir haben heute Morgen erfahren, dass die Lagerhalle einer Firma in Gladbach vollgelaufen ist. Da sind die Kollegen gerade im Einsatz und das wird wohl auch etwas länger dauern. Bis zu 450 Kubikmeter Wasser stehen in den Hallen, die abgepumpt werden müssen. Ansonsten helfen wir in anderen Kommunen aus. Einige Kollegen unterstützen beispielsweise gerade in Rösrath.
Als am Anfang die Keller vollgelaufen sind, konnten Sie nicht überall gleichzeitig sein und mussten eine Prioritätenliste erstellen. Haben die Leute Verständnis, wenn Sie sie vertrösten müssen, da es an anderen Stelle brenzliger ist?
Das war auch für uns schwierig zu kommunizieren. Ich glaube uns war allen nicht bewusst, was da für ein Jahrhundertereignis auf uns zukommt. Aber spätestens als die Menschen gesehen haben, dass selbst die Feuerwehr kaum hinterherkommt, gab es Verständnis. Kollegen haben teilweise angefangen, einen Keller leer zu pumpen, und dann kam ein Anruf, dass sie abbrechen müssen, da sie an anderer Stelle dringender gebraucht wurden. Das ist dann nicht leicht, den Leuten das beizubringen, dass man wieder einräumt, obwohl der Keller noch halb voll ist mit Wasser.
Sie haben bei Ihren Einsätzen Menschen getroffen, die alles verloren haben. Besonders schlimm war es in Hebborn. Was macht das mit Ihnen? Können Sie diese Leute überhaupt trösten?
Da ist viel Empathie nötig und oft nicht einfach, die eigenen Emotionen zurückzustellen. Wir versuchen natürlich auf die Menschen zuzugehen, sie zu trösten und mit ihnen Lösungen zu erarbeiten.
In anderen Kreisen sieht es zurzeit noch schlimmer aus...
Ja, das geht unter die Haut, wenn man mitbekommt, wie viele Menschen das Unwetter nicht überlebt haben. Deshalb bieten wir nach den Einsätzen auch psychologische Betreuung an. Aber wir haben auch das Gegenteil erlebt. Dankbarkeit und Nachbarschaftshilfe, wo wir am Ende gar nicht mehr helfen mussten, da Nachbarn gemeinsam Keller leergepumpt haben.
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Viele haben nun die Sorge, dass solchen starken Unwetter wegen des Klimawandels häufiger auftreten. Kann sich die Feuerwehr auf so etwas überhaupt vorbereiten?
Hochwassereinsätze sind Teil unserer Ausbildung. Aber man kann Hochwassereinsätze in so einem Ausmaß, wie wir es jetzt erlebt haben, schlecht üben. Was uns sehr geholfen hat, war unsere Ausrüstung. Wenn wir Dinge anschaffen, hören wir oft: Wofür braucht ihr das denn? Jetzt sind die Sachen zum Einsatz gekommen, haben sich bewährt und Leben gerettet. Ohne Überlebensanzüge und Boote hätten wir schwimmen müssen. Mit der technischen Ausrüstung, der Ausbildung und der Besonnenheit der Kameradinnen und Kameraden kann man auch solche schweren Einsätze meistern.
In anderen Regionen ist die Hochwasser-Lage weiterhin sehr angespannt. Kann es sein, dass die Feuerwehr aus Bergisch Gladbach angefordert wird, um auch dort zu unterstützen?
Das kann sein. Wir waren vergangene Nacht beispielsweise schon in Stolberg im Einsatz. Es gibt ein spezielles Landeskonzept. Darin ist festgehalten, wie der Bereitschaftsdienst geregelt ist. Auch bei uns in Gladbach gibt es Bereitschaften und Fahrzeuge, die parat stehen.