Die eingeschränkte Betreuungszeit in der Bergisch Gladbacher Kita sorgt für Ärger bei den Eltern – und die Erzieher arbeiten an Belastungsgrenze.
„Wir haben kein Personal“Kita in Bergisch Gladbach kürzt bis Juli Betreuungszeit um die Hälfte
Das Kind ist angezogen, der Rucksack gepackt und dann heißt es an der Tür der Kindertagesstätte: „Sie müssen ihr Kind wieder mit nach Hause nehmen, wir haben kein Personal.“ Eine Szene, wie sie Eltern in den vergangenen Monaten immer wieder erleben mussten.
In der Awo-Kita Kunterbunt in Bergisch Gladbach ist die Situation aktuell so dramatisch, dass die Betreuungszeiten bis zum Ende des Kita-Jahres im Juli auf die Hälfte gekürzt werden müssen. Die Eltern protestieren scharf: Einige Mütter haben Angst, ihren Job zu verlieren. Die Schuld sehen sie auch bei der Awo als Träger. „Die Ansage kam schockierend plötzlich“, kritisiert eine Mutter, die im Elternrat sitzt, das Vorgehen der Awo. Die Streichungen seien nur 14 Tage vor der Umsetzung bekanntgegeben worden.
Vorschul- und Inklusionskinder dürfen immer kommen
Ab Montag müssen die Eltern nun ihre Kinder tageweise zu Hause lassen, sie verlieren bis Juli die Hälfte der Betreuungszeit. Ausnahmen macht die Awo nur für Vorschulkinder und Inklusionskinder. Sie dürfen immer kommen. Das hat Konsequenzen für berufstätige Eltern. „Wir kennen Mütter, die ihre Arbeit kündigen müssen, weil sie keine private Unterstützung haben. Einige befürchten, gekündigt zu werden“, berichtet die Mutter aus dem Elternbeirat. Als selbstständige Unternehmerin möchte sie ihren Namen nicht nennen.
Das Problem ist nicht neu. Der eklatante Fachkräftemangel bei der Kinderbetreuung stellt die Einrichtungen in der Stadt trägerübergreifend vor massive Probleme. In vielen Kitas ist die Mangelverwaltung an der Tagesordnung, das Personal arbeitet an der Belastungsgrenze. Die Kooperation der Kita-Fachkräfteverbände in Deutschland schlug wie berichtet im vergangenen Jahr in einem Brandbrief Alarm.
Forderung nach mehr Fachkräften für die Kinder
Die zentrale Forderung: Der Fachraft-Kind-Schlüssel müsse angehoben werden. „Wir wissen darum, dass das für Eltern eine sehr schwierige Situation ist“, betont Eva Kring, Sprecherin der Awo Rhein-Oberberg. „Wir müssen aber auch dem Kindeswohl gerecht werden und unsere Mitarbeitenden vor Überbelastung schützen.“
In der Kita Kunterbunt fehlen langfristig drei Erzieherinnen. Die für eine Mindestbelegung zu Kernzeiten nötigen Mitarbeiter reichten nicht mehr aus, sagt Kring. Von den insgesamt 19 Awo-Kindertagesstätten im Kreisgebiet sei nur die Kita Kunterbunt von einem massiven Personalnotstand betroffen, so dass die Öffnungszeiten dauerhaft und in erheblichen Maße reduziert werden mussten.
Situation sei nur eine Momentaufnahme
Dies sei aber nur eine Momentaufnahme, je nachdem ob Erzieherinnen erkranken oder wegen Schwangerschaften freigestellt, Stellen nicht besetzt werden könnten. Eingeschaltet hat sich auch der Jugendamtselternbeirat, Sprachrohr der Kita-Eltern: „Die Einschränkungen greifen tief in den Familienalltag aller Beteiligten ein“, sagt Felix Piepenbrock vom Vorstand. Das Gremium kritisiert, die Stellen seien nicht zeitnah ausgeschrieben worden.
Obwohl die angespannte Personallage in der Kita Kunterbunt bereits seit Sommer bekannt gewesen sei. Immer wieder hätten die Eltern Einschränkungen seitdem bei der Betreuung hinnehmen müssen. Einen Ausweg sieht Piepenbrock darin, Ergänzungskräfte ohne spezielle pädagogische Ausbildung einzusetzen: Menschen mit anderen Qualifizierungen etwa in der Physiotherapie, Musik- oder Theaterpädagogik.
Zudem könnte die Awo Zeitarbeitsfirmen hinzuziehen. Eine Sofortlösung für die Kita Kunterbunt ist nicht in Sicht, so das Ergebnis eines Krisengesprächs am Dienstagabend zwischen Kunterbunt-Elternvertretung mit dem städtischen Jugendamt, Awo-Geschäftsführung und Jugendamtselternbeirat. „Es ist alles offen“, sagt die Mutter frustriert. Frustrierend sei, dass das Jugendamt sage, es könnte keine Erzieher aus dem Boden stampfen. Die Awo sage, der Arbeitsmarkt sei leer gefegt. „Und wir Eltern baden es jetzt aus, weil Politik und Awo uns im Stich lassen.“