Delegation aus Partnerstadt Butscha fällt kleiner aus – Ukrainische Kinder wollen Erwachsene bei Stadtlauf vertreten
TeilabsageKrieg verhindert Ausreise zum Bergisch Gladbacher Stadtfest
„Ich liebe Gladbach“, schreibt Tolik Rybakov in großen Lettern in das Goldene Buch der Stadt Bergisch Gladbach. Er ist froh, seit Montag mit der Schülergruppe aus Bergisch Gladbachs Partnerstadt Butscha im Bergischen zu sein und über das Stadtfest am kommenden Wochenende hier zu bleiben. Seine Mutter begleitet die Gruppe als Lehrerin, sein Vater kämpft an der Front im Osten der Ukraine.
Normalerweise ist das Bergisch Gladbacher Stadtfest immer auch ein Ort der Begegnung mit Bergisch Gladbachs Freunden aus den Partnerstädten. Aber derzeit herrscht in mehreren dieser Städte Krieg, im Nahen Osten ebenso wie in der Ukraine – und nichts ist „normal“.
Großteil der offiziellen ukrainischen Delegation erhielt keine Ausreiseerlaubnis
So hat auch ein Großteil der Delegation aus Bergisch Gladbachs ukrainischer Partnerstadt Butscha kurzfristig absagen müssen. Der Grund: Es gab keine Ausreisegenehmigung für die daheim dringend benötigten Vertreter der Stadtverwaltung.
Fünf Mal haben allein in den vergangenen 24 Stunden in der Stadt nordwestlich von Kiew die Luftalarmsirenen geheult. Aus eigener Erfahrung vergangener Hilfskonvois nach Butscha wissen die Mitglieder des Vereins zu Förderung der Städtepartnerschaft Bergisch Gladbach – Butscha nur zu gut, wie angespannt dann die Situation sein kann, zumal wenn der Strom ausfällt und die Luftabwehr in unmittelbarer Nähe zu hören ist, um die zumeist auf Kiew zielenden Raketen und Drohnen abzufangen.
Umso mehr freuen sich die Vertreter des Partnerschaftsvereins und auch Bürgermeister Frank Stein, der die Partnerschaft mit Butscha mit initiiert hat, dass die Schülergruppe aus Butscha, die in diesen Tagen in Bergisch Gladbacher Familien und an der Integrierten Gesamtschule Paffrath zu Gast ist, wie geplant nach Bergisch Gladbach kommen konnte. Es ist bereits der zweite Beuch dieser Art, nachdem im vorigen Jahr schon einmal eine Schülergruppe aus Butscha in Bergisch Gladbach war.
„Ihr seid zu guten Freunden geworden“, sagt er beim Empfang im Rathaus und spricht von den vielen Verbindungen, die über die Hilfstransporte, aber auch die bereits eingeschränkt möglichen Besuche der Partner zu Festen in der jeweiligen Partnerstadt möglich sind.
„Es ist gut, dass unsere Schülerinnen und Schüler den Krieg ein paar Tage hinter sich lassen können. Wir sind sehr dankbar dafür“, sagt Lehrerin Tanja Rybakova, die die Gruppe mit ihrer Kollegin Iryna Kukushkina begleitet. „Das Einzige, was zählt, ist die Zukunft – sind unsere Kinder! Hier in Bergisch Gladbach erleben wir, wie schön eine Welt ohne Krieg sein kann. Und wir erfahren gemeinsam, welchen Wert Freundschaft hat.“
Tief beeindruckt ist davon auch Manfred Habrunner vom Energieversorger Belkaw, der sich ehrenamtlich auch im Vorstand des Vereins „Bürger für uns Pänz“ engagiert. Belkaw und „Bürger für uns Pänz“ hatten den Austausch durch Spenden ermöglicht.
„Wir sind sehr froh, dass trotz aller aktueller Einschränkungen der bereits zweite Besuch von Schülern aus Butscha bei uns möglich ist“, sagt Frank Haag, Vorsitzender des Partnerschaftsvereins. „Und wir danken allen, die diesen Besuch ermöglicht haben“, ergänzt Arne Meinhardt, der den Besuch vom Partnerschaftsverein eng begleitet. „Es geht nichts über die Begegnung von Menschen.“
An diesem Freitag wollen mehrere ukrainische Schülerinnen und Schüler für ihre Heimatstadt Butscha am Stadtlauf zum Auftakt des Bergisch Gladbacher Stadtfestes teilnehmen – so wie dies auch die offizielle Erwachsenen-Delegation der Stadt geplant hatte, die nun in Butscha bleiben musste.
Während des Bergisch Gladbacher Stadtfestes sammelt der Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Bergisch Gladbach – Butscha gemeinsam mit der Humanitären Hilfe Bergisch Gladbach und Overath am Samstag, 7. September, und Sonntag, 8. September, jeweils von 10 bis 18 Uhr, Spenden für weitere Hilfsprojekte in der Ukraine. Am Stand wird dann auch wie bereits im April ein ukrainischer Krankenwagen zu sehen sein, der bei einer Einsatzfahrt in der Nähe von Charkiw beschossen wurde – ein stummer Zeuge eines von zahlreichen Verbrechen im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.