Langer Weg zum DenkmalBürgerhaus Bergischer Löwe wird als Gesamtkunstwerk eingestuft
Bergisch Gladbach – Der Bergische Löwe ist markant, stadtbildprägend und provokant, schlägt eine architektonische Brücke vom Historismus zur Moderne, ist ein Blickfang im Zentrum der Stadt. Nur eines ist er bisher nicht: denkmalgeschützt. Eines der wichtigsten Projekte der dritten Schaffensphase im langen Wirken des Kölner Architekten Gottfried Böhm, der Anfang des Jahres seinen 100. Geburtstag feierte, hat es noch nicht in die Denkmalliste der Stadt geschafft. Das soll sich ändern.
Auf Initiative des Amtes für Denkmalpflege beim Landschaftsverband Rheinland wurde das Bürgerhaus, das schon im Denkmalpflegeplan der Stadt von Professor Michael Werling als „denkmalverdächtig“ eingestuft worden war, begutachtet.
Feierstunde
Die Eintragung in die Denkmalliste der Stadt kommt rechtzeitig zum Festjahr: „100 Jahre Böhm – 40 Jahre Bergischer Löwe.“ Unter diesem Titel steht auch die Feier am Donnerstag, 24. September, 19.30 Uhr, im Bürgerhaus. Katja Fröhlich, wissenschaftliche Referentin des Amtes für Denkmalpflege beim Landschaftsverband, wird über die Bedeutung des Bergischen Löwen als Baudenkmal sprechen.
Musikalisch gestaltet wird der Abend unter anderem vom Dirigenten und Pianisten Roman Salyutov und dem Bergisch Gladbacher Kammerorchester. Ein Kurzfilm zum Bergischen Löwen ist in Kürze auch auf der Homepage des Landschaftsverbandes zu finden. (spe)
https://denkmalpflege.lvr.de/veranstaltungen
Die Prüfung bestand das Gebäude mit der Leichtigkeit Böhm’scher Baukunst: „Der Bergische Löwe ist vom Keller bis zum Dachgeschoss ein Gesamtkunstwerk“, urteilt Katja Fröhlich, wissenschaftliche Referentin des Amtes für Denkmalpflege.
In wenigen Wochen, so Karl Stabenow von der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Bergisch Gladbach, sei es daher so weit: Neben dem Altbau von Ludwig Bopp, der schon 1983 geschützt wurde, steht dann auch der Neubau von Gottfried Böhm - als letzter seiner vier Bauten in der Stadt - auf der mehr als 200 Objekte umfassenden Denkmalliste.
Die Gründe für die Unterschutzstellung sind so zahlreich, dass man sich fragt, warum die Denkmalplakette nicht längst an der roten Fassade des Gebäudes prangt. So ist der Böhm-Bau schon durch seine Entstehungsgeschichte denkmalverdächtig. Er ist typisches Zeugnis der Politik des Landes NRW, das in den 1970er Jahren den Bau von Bürgerhäusern förderte.
Mit dem Modellvorhaben sollte die soziale Gemeinschaft, die Kommunikation und Integration der Bürger gefördert, der Anonymität neugeschaffener Städte und Siedlungen entgegengewirkt werden.
Chronik
1903
erbaut vom Architekten Ludwig Bopp für die frischgegründete „Casino-Gesellschaft“. Am gleichen Platz stand zuvor das Gasthaus Kolter.
1904
Bau des Mariensaals, ein Theaterraum im Jugendstil.
1939
der Bergische Löwe geht in den Besitz der Stadt über.
1952
Umgestaltung zum Bürgerhaus, in dem sich auch ein Kino befindet.
1977
Abriss des Mariensaals und Planung eines Neubaus durch den Kölner Architekten Gottfried Böhm.
1980
Eröffnung des neuen Bergischen Löwen.
1983
der historische Teil des Bergischen Löwen am Konrad-Adenauer-Platz wird in die Denkmalliste der Stadt eingetragen.
1991
das Haus wird auch für Theateraufführungen genutzt. Heute wird das multifunktionale Haus für Kunst und Kultur durch die Bürgerhaus Bergischer Löwe GmbH betrieben. Geschäftsführer ist Norbert Pfennings. (spe)
In gewisser Weise musste sich auch Bergisch Gladbach neu erfinden, nachdem Alt-Gladbach im Rahmen der kommunalen Neugliederung mit Bensberg und Refrath zur Großstadt vereint worden war.
Das Gesamtkunstwerk sei konsequent durchkomponiert, Farben und Materialien seien bewusst gewählt, um Kontraste zu schaffen und einzelne Bauteile hervorzuheben, heißt es im Gutachten. Die dunkelroten Fassadenelemente stehen im Kontrast zum Dunkelgrün der Fensterrahmen und der grünen Fliesen, die Böhm extra für diesen Bau entwarf und in Hessen brennen ließ.
Der Einsatz von Farbe, die Verwendung von Stahl und Glas statt des zuvor verwendeten Sichtbetons, seien typisch für die dritte Phase im Oeuvre Böhms, in der Bauten von „Transparenz, konstruktiver Logik und nüchterner Einfachheit“ entstanden seien, so der Architekturkritiker Manfred Sack 1980.
Runde Fahrstuhltürme mit außen verlaufenden Wendeltreppen, Säle, die wie Plätze konzipiert sind, Erker, Pavillons, Emporen und Logen, gerundete Kanten – der Bergische Löwe, im Inneren gestaltet wie ein Außenraum, zeigt die typischen Merkmale dieser Böhm’schen Schaffensphase. Und das Gebäude sei, „dank der kontinuierlichen Pflege und Instandhaltung, in einem bemerkenswert authentischen Zustand“, freut sich Katja Fröhlich. „Bei jedem Besuch entdecke ich neue Details.“
Aber auch ortsgeschichtlich war und ist der Bergische Löwe als Mittelpunkt des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens prägend. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts stand hier das Gasthaus Kolter, an dessen Stelle der Architekt Ludwig Bopp den historischen Löwen errichten ließ. Bopp war Hausarchitekt der Papierfabrikantenfamilie Zanders, konzipierte in ihrem Auftrag die Gronauer Waldsiedlung und entwarf in direkter Nachbarschaft zum Bergischen Löwen auch das Gasthaus zum Bock sowie das historische Rathaus.
Der Umgang Böhms mit historischer Bausubstanz war stets souverän. Wie im Falle des Bensberger Rathauses band er Altes ein, um Neues zu schaffen. So auch am Konrad Adenauer-Platz, wo der Neubau selbstbewusst neben dem Bopp’schen Löwen steht. Er ordne sich ihm nicht unter, wolle den Altbau aber auch nicht übertrumpfen, bewertete Sack. Vielmehr nehme der Neubau „den Vorläufer etwas belustigt in die Arme“.