Missbrauchsfall von Bergisch GladbachAnklage gegen Hauptverdächtigen erhoben
Bergisch Gladbach/Köln – Was sich hinter der Fassade dieses Gladbacher Reihenhauses über Jahre abgespielt haben soll, entsetzte nicht nur die Menschen in der rheinisch-bergischen Kreisstadt, sondern sorgte bundesweit für Aufsehen – und zu Ermittlungen eines Pädophilennetzwerks in bis dahin nicht dagewesenen Ausmaß.
Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Köln Anklage gegen den mittlerweile 43-jährigen Familienvater erhoben, in dessen Haus die Polizei im Oktober hunderttausende kinderpornografische Bilder und Filme sowie Hinweise auf den Missbrauch der eigenen Tochter gefunden hatte. Und damit kommen noch weitere Vorwürfe gegen den gelernten Koch und Hotelfachmann ans Tageslicht.
79 Straftaten werden dem Mann zur Last gelegt
Die Staatsanwaltschaft wirft dem 43-Jährigen nicht allein vor, seine 2017 geborene Tochter immer wieder sexuell missbraucht zu haben und kinderpornografisches Bildmaterial davon via Internet verbreitet zu haben, sondern sich darüber hinaus auch mit Chatpartnern aus Internetforen zum Missbrauch weiterer Kinder verabredet zu haben.
Insgesamt werden dem Bergisch Gladbacher, der seit seiner Festnahme im Oktober in Untersuchungshaft sitzt, 79 Straftaten zur Last gelegt, wie das Landgericht Köln gestern mitteilte. Allein in 61 Fällen soll der Familienvater seine Tochter ab dem dritten Lebensmonat bis kurz vor seiner Festnahme nach den Herbstferien 2019 sexuell missbraucht haben. Wie berichtet, war der damals 42-Jährige zunächst wegen des Besitzes von kinderpornografischen Materials ins Visier der Ermittler geraten. Erst bei der Sichtung von Bild- und Filmmaterial, das auf mehreren Terabyte umfassenden Speichermedien im Haus und auf dem Grundstück des Mannes sichergestellt worden war, hatten sich die Hinweise auf den sexuellen Missbrauch ergeben.
Chatpartner aus Kamp-Lintfort
In einem „überwiegenden Teil“ der nun angeklagten Fälle soll der Mann die sexuellen Handlungen fotografiert oder gefilmt haben und die Aufnahmen über verschiedene Online-Messengerdienste an gleichgesinnte Chatpartner gesendet haben. Auch soll er andere Kinder über das Internet zu sexuellen Handlungen vor der Kamera motiviert haben.
Einen Teil seiner Taten soll der Bergisch Gladbacher gemeinsam mit einem Chatpartner aus Kamp-Lintfort am Niederrhein begangen haben. Dabei sollen der Sohn und die Tochter des Chatpartners sowie die Tochter des Angeschuldigten missbraucht worden sein. Zudem sollen sich die beiden Männer zu einem „schweren sexuellen Übergriff“ auf die dreijährige Nichte des Chatpartners verabredet haben – und das insgesamt in vier Fällen. Der Chatpartner aus Kamp-Lintfort muss sich vom kommenden Dienstag an in Moers vor Gericht verantworten.
Der Prozess gegen den 43-jährigen Bergisch Gladbacher könnte laut Landgericht Köln im Sommer beginnen, sofern das Hauptverfahren von der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts als Jugendschutzkammer eröffnet wird. Die Kammer strebe an, zeitnah über die Eröffnung des Hauptverfahrens zu entscheiden, hieß es gestern aus Köln.
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Laut Gericht hat sich der 43-jährige Angeschuldigte bislang nicht zu den Vorwürfen eingelassen. „Er hat jedoch im Ermittlungsverfahren an der Identifizierung seiner Chatpartner mitgewirkt“, so Jan F. Orth, Pressesprecher des Landgerichts. Im Fall einer Verurteilung drohen dem Bergisch Gladbacher eine Freiheitsstrafe zwischen zwei und 15 Jahren. Außerdem stehe die Anordnung der Sicherungsverwahrung im Raum, so Orth.