MundartSchnöken, schluchen oder schnuppen

Selbst den Organisatoren des Mundart-Abends fällt es nicht immer leicht, die Dialekt-Varianten im Rheinland zuzuordnen.
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Bergisch Gladbach – In Bergisch Gladbach sagt man schluchen. Nein, das ist nicht ganz richtig. In Moitzfeld heißt es schluchen, in anderen Teilen von „Jläbbisch“ ist man sich nicht ganz so einig, welcher Begriff für „naschen“ in der historischen Mundart der gängige ist. Das ist aber eigentlich gar nicht so außergewöhnlich, eher die Faustregel, die für das gesamte Bergische gilt: In jedem Dorf gibt es einen anderen Dialekt. Heißt naschen also in Bergisch Gladbach schluchen, wird in Kürten eher schnöken, in Untereschbach schnuppen und in Wermelskirchen gar schnagern gesagt. Die zahlreichen Varianten, mit denen Leckermäuler im Rheinischen ihr Tun beschreiben, hat das Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte (ILR) im Landschaftsverband Rheinland mit einem Fragebogen erfasst und für einen Sprachatlas ausgewertet.
„Das Rheinland ist der interessanteste Sprachraum Deutschlands, und das Bergische ist sozusagen das Highlight“, so ILR-Sprachwissenschaftler Peter Honnen beim Vorbereitungstreffen für den diesjährigen Mundartabend in der Volkshochschule Bergisch Gladbach. Das besondere sei eben diese Vielfalt der verschiedenen Dialekte, durch die man streng genommen gar nicht von einem Sprachraum reden könne, weil eine Einteilung anhand der Fülle an Verschiedenheiten gar nicht möglich sei. Dem können die anderen Mitwirkenden der Veranstaltung nur zustimmen: Fast endlos scheint die Diskussion zu bestimmten Begriffen, die in der Runde verglichen und von jedem der anwesenden Experten zumindest leicht unterschiedlich bezeichnet werden. „Es ist so schade, dass dieses Kulturgut so wenig gepflegt wird,“ so Emil Odenthal, der seit 1984 an den Mundartabenden in der Volkshochschule mitwirkt. Werde es nicht weitergegeben, drohe es, auszusterben. Er bedauert, dass gerade so wenige junge Menschen sich für das Bergische Platt interessieren. „Eigentlich wäre es wichtig, einige Lehrer mit ins Boot zu holen, die dieses historische Wissen an den Schulen weitergeben können“, stimmt VHS-Leiterin Birgitt Killersreiter ihm zu.
Primäres Ziel ist jetzt aber erst einmal, durch das neue Konzept des Mundart-Abends am 26. Oktober generell mehr Menschen für das Thema zu begeistern. Der Abend soll neben zahlreichen Anekdoten, Geschichten und Liedern in Mundart auch viele Informationen über die Verbreitung der verschiedenen Dialekte liefern. „Es gibt einige Merkmale, an denen man deutlich erkennen kann, ob jemand aus diesem Raum stammt“, erklärt Honnen einen Aspekt seiner wissenschaftlichen Arbeit. „Im Bergischen gibt es generell kein G als Anlaut. ’Gläbbisch’ wird dementsprechend Jläbbisch’ ausgesprochen. Auch das ä und die sch-Laute am Ende sind ziemlich deutliche Merkmale für das zentrale Rheinland.“ Je weiter man allerdings auf der Sprachkarte nach Osten rutscht, desto westfälischer wird der Dialekt. „Das kann ich dann zum Beispiel kaum noch verstehen“, gibt Annemarie Hagen aus Lindlar zu, die sich im dortigen Freilichtmuseum für die Mundart-Pflege einsetzt. Um auch am Veranstaltungsabend die kleinen und großen Unterschiede der verschiedenen Orte zu verdeutlichen, wird sie mit zwei weiteren Vortragenden – Autor Peter Caspers aus Köln sowie Karl Heinz Fröhlingsdorf aus Bergisch Gladbach – Beispiele aufzeigen. Zudem haben die Organisatoren historische Hörproben, unter anderem von August Kierspel, Bergisch Gladbachs bekanntestem Heimatdichter, im Programm.
Die Veranstaltung „Bergisches Platt – Zwischen Kölsch und Westfälisch“ findet heute, Freitag, 26. Oktober, von 19.30 bis 21 Uhr in der Volkshochschule Bergisch Gladbach, Haus Buchmühle, statt. Der Abend ist eine Kooperationsveranstaltung der VHS Bergisch Gladbach, des Bergischen Geschichtsvereins, Abteilung Rhein-Berg und des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte. Der Eintritt kostet acht Euro an der Abendkasse.