Nacht der TechnikGladbacher Unternehmen boten spektakuläre Einblicke
Bergisch Gladbach – Wer seinen Feierabend einmal ganz entspannt und ohne Not im Schockraum eines Krankenhauses verbringen, die Stimmung einer Kläranlage nach Einbruch der Dunkelheit erleben oder erfahren wollte, dass ein Teilchenbeschleuniger weit mehr als nur der Lieferwagen eines Bäckers ist, der kam am Freitag bei der „Nacht der Technik“ auf seine Kosten. Zum zweiten Mal haben sich an der Kölner Aktion, die die größte und bedeutendste in der Region ist, zehn Unternehmen aus Bergisch Gladbach beteiligt; zum ersten Mal gab es „U23-Programme“, bei denen Auszubildende und Studierende für ihre Berufsfelder warben.
Bergisch Gladbach steckt in Luft- und Raumfahrt
Im Evangelischen Krankenhaus markierte ein Parcours anschaulich den Weg vom Rettungswagen bis auf den OP-Tisch, bei der Belkaw erfuhr der Besucher, wie der Strom in die Steckdose kommt, und bei den Deuta-Werken ging es um den Beitrag des Unternehmens zur Sicherheit im weltweiten Zugverkehr. Ein bedeutendes Stück Bergisch Gladbach steckt aber auch in der Luft- und Raumfahrt, unter anderem im Airbus A380. An der Zinkhütte produziert die Firma Polytron Kunststofftechnik Hochleistungsrohstoffe, die Metall und Keramik oft überlegen und teilweise teurer als Gold sind.
Wie bis zu 40 Tonnen Papier pro Stunde entstehen, zeigte eine Führung zur 150 Meter langen und acht Meter breiten Papiermaschine, die bei der Firma Zanders fast eine ganze Halle füllt. Um gut acht Badewannen voll Wasser ging es im Klärwerk Beningsfeld, wo anschaulich die Abwassermenge dargestellt wurde, die dort bei einem Starkregen pro Sekunde anfällt. „Die Kunst, kleinste Dinge zu trennen“ präsentierte Miltenyi Biotec, deren Mitarbeiter aufzeigten, wie einzelne Zellen mit einem magnetischen Antikörper isoliert werden können, während bei RI Rearch Instruments Komponenten für Teilchenbeschleuniger im Dienste der Medizin im Mittelpunkt standen und bei Oevermann Networks ein Treffpunkt von E-Business, Online-Marketing und sozialen Netzwerken geboten wurde.
Ameisen-Roboter im Ring
Netzwerke ganz anderer Art konnten an der Fachhochschule der Wirtschaft (FHDW) geknüpft werden. Bis zu 600 programmierte Ameisen (darunter auch B- und C-Meisen sowie Kampf- und Diabetes-Zucker-Meisen) machten am Bildschirm das Ringen um Äpfel und Zuckerstücke sowie gegen Wanzen unter sich aus. „Intelligenz sieht man nicht, künstliche schon mal gar nicht“, erläuterte Marius Mertens. Trotzdem spiele am Ende auch der Zufall eine Rolle. Die Ameisensimulation will die FHDW mit der Kreisverwaltung als Schulturnier anbieten.
Auf Crashkurs gingen derweil die Sumo-Bots, Autoscooterähnliche Modellfahrzeuge in ihrer Ringer-Arena. Die Bausätze stammen aus Japan, die Rechner wurden in Gladbach auf verschiedene Taktiken programmiert. Wer die Kampf-Zone verließ, hatte verloren. „Gewonnen hat meistens der Offensivere“, erläutert Student Julian Wallasch. Wer lieber selber hinter dem Steuer saß, konnte auf dem Außengelände ein Elektrofahrzeug testen. Erik Schindler, Ex-Student und Honorardozent der FHDW, hatte aus dem Showroom seines aktuellen Arbeitgebers einen Renault Twizy mitgebracht, ein bis zu 80 km/h schnelles, wendiges Elektroauto in Motorrollergröße, das sich auch beim Bremsen auflädt.
Maoms selbstkreiert
Wie verspielt Wirtschaftsinformatik, IT-Consulting und Software Engineering sein können, demonstrierten Studenten, die im Foyer mit Fischertechnik eine „Smart Factory“ mit Maoam-Lager aufgebaut hatten. Am Display konnte der Kunde eine Geschmacksrichtung wählen, anschließend wurde das entsprechende Päckchen mit den Kaubonbons vollautomatisch aus dem Lager geholt und ausgelistet. Und das alles bei „chaotischer Lagerhaltung“: Eine neue Sorte wurde immer dort gebunkert, wo gerade ein Platz frei war.
Virtuell-Reality
In ganz anderen Welten schwebte derweil Maximilian Kenfenheuer, der, assistiert von Moritz Heesen, mit einer Virtual-Reality-Brille als Hubschrauberpilot unterwegs war.
„Da tut sich eine ganz neue Welt auf“, kommentierte Campusleiter Dr. Alexander Brändle. Die Brillen seien nicht nur für Spieler ideal, sondern erleichterten auch die Kleiderauswahl beim Shoppen ganz ohne Umkleidekabine und böten innovatives Lernen. „Man kann beispielsweise eine Reise durch die Blutbahnen des menschlichen Körpers antreten, von Zuhause aus Museen besuchen oder Operationen üben.“ Schwindlig werde dabei dank fortgeschrittener Technik keinem VR-Brillennutzer mehr – es sei denn, man ist Hubschrauberpilot und versucht, in der Luft über den Rotor einzusteigen. Das ist allerdings auch in der Zweidimensionalität des Bildschirms kein optisches Vergnügen.