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Papiermacherfamilie Zander auf dem Igeler HofMarias Geist ist überall zu spüren

Lesezeit 4 Minuten

Das Zentrum ihrer Familie ist für Sylvia und Hans Wolfgang Zanders der Igeler Hof hoch über Gladbach. (Fotos: Arlinghaus)

Bergisch Gladbach – Wer das Sträßchen aus dem Strundetal hinauffährt, lässt die durch die Papierindustrie groß gewordene Stadt rasch unter sich – und gelangt doch mitten hinein in eins ihrer Zentren: Eine geschwungene Allee führt auf den Igeler Hof zu. Das historische Ensemble mit landwirtschaftlichem Hof, Herrenhaus und Nebengebäuden geht auf ein mittelalterliches Gut des Johanniterordens mit Wirtschaftszentrum (Komturei) in Herrenstrunden zurück und kam nach der Säkularisierung Anfang des 19. Jahrhunderts in den Besitz der Papiermacherfamilie Zanders.

Hinter der Tordurchfahrt öffnet sich ein mit feinem Kies befestigter Innenhof, der gerahmt ist von Fachwerk, Ställen und dem Herrenhaus. Sylvia und Hans Wolfgang Zanders erwarten die Besucher bereits am Eingang. „Nach dem Krieg bin ich als kleiner Junge mit meiner Familie hier heraufgezogen“, erzählt er: „Anna von Siemens, die mit ihrem Mann Richard Zanders auch Schloss Lerbach gebaut hat, hat den Igeler Hof damals meinem Vater geschenkt.“

Sylvia Zanders geht durch die helle Diele mit der geschwungenen Treppe. Auf der Anrichte liegen „Katzenzungen“ aus Schokolade. „Die sind für die Enkel“, sagt die bald neunfache Großmutter. „Das hier ist der Familiensitz, unser Familienzentrum. So was brauchen Sie auch, sonst können Sie eine so große Familie gar nicht zusammenhalten.“ So oft es geht, kommen die vier Kinder mit ihren Familien auf den Hof. „Wir nutzen jede Gelegenheit, um sie hier zu versammeln“, sagt Sylvia Zanders lächelnd. „Und die Enkel finden’s toll hier, auch mit der Landwirtschaft.“ Nicht von ungefähr führt die offene Seite des Hofs auf ein Spielgelände mit Schaukel, Rutsche und großer Sandkiste. „Alles kinder- und enkelgerecht hier“, sagt Sylvia Zanders und öffnet die Tür zum von hellen Möbeln und Stoffen geprägten Wohnzimmer. Auf einer Anrichte stehende Dutzende Familienfotos, auf einer anderen ebenso adrett Motivtassen mit Bildern der Schnabelsmühle und der Gnadenkirche – wichtige Orte der Familiengeschichte.

Durch hohe Fenster schweift der Blick über Wiesen, Weiden und Wald. Die Hausherrin macht keinen Hehl daraus, dass es ihr trotz der malerischen Lage 2002 nicht leicht fiel, vom Haus an der Schreibersheide, wo die Kinder aufgewachsen sind, herzuziehen. „Ich brauchte eine Weile, um mich hier einzugewöhnen.“

Der Anfang war doppelt schwer: „Kaum waren wir hier drin, brannte die Bude ab, und wir mussten vorübergehend in ein Hotel ziehen, ich hatte nicht mal mehr einen Dosenöffner in der Küche.“ Längst hat sie ihren Frieden mit dem heute ganz nach den Vorstellungen von ihr und ihrem Mann gestalteten Haus gefunden, dessen Name sich von „Erlenhof“ ableitet: „Die Lage ist einfach ein Traum, und man hat trotzdem alles in der Nähe.“ „J’aime la vie“ (Ich liebe das Leben) steht in großen Lettern an der Wand – ein Geschenk der Kinder. Ordentlich aufgereiht Stapel von Unterlagen säumen das Arbeitszimmer und zeugen vom vielfältigen ehrenamtlichen Engagement der Eheleute. „Ich habe noch ein Büro in der Stadt“, sagt Hans Wolfgang Zanders, der bis 1989 Mitinhaber und Vorstand der Papierfabrik Zanders war.

„Im Winter ist das hier unser Lieblingsplatz“, bekennt er und öffnet die Tür zum Kaminzimmer, das die Eheleute 2002 auf einer früheren Terrasse einrichteten. „Den Gang hier haben noch meine Eltern angelegt.“ Hans Wolfgang Zanders zieht im Flur eine Tür auf. Dahinter öffnet sich der Durchgang zu einem lichten ausgebauten Dachgeschoss. „Kulturscheune“ heißt der Raum bescheiden, in Regalen unter den Dachschrägen finden sich Gesamtausgaben großer Dichter, Noten- und Nachschlagewerke. Auf einem Sideboard liegt eine Laute. Neben dem Kamin: ein Ölgemälde von Maria Zanders. „Der Geist von Maria schwebt hier über allem“, sagt Hans Wolfgang Zanders. Ob Altenberger-Dom-Verein, Kulturförderung oder soziales Engagement – die Zanders führen das Erbe der Mäzenin fort. „Maria hatte wie ich vier Kinder und war sozial tätig“, sagt Sylvia Zanders, die mit „Bürger für uns Pänz“ selbst eine Hilfsorganisation mit aus der Taufe gehoben hat: „Ich fühlte mich ihr immer nah.“ Die Familie ihres Mannes ist daran nicht unbeteiligt: Als die gebürtige Berlinerin ins Haus kam, fand sie ein Buch über Maria Zanders auf ihrem Nachttisch. „Ich habe das verstanden, gelesen, und wusste bald besser über die Familie Bescheid als mein Mann.“

Auf dem Igeler Hof sei Maria Zanders nicht allzu oft gewesen. Dafür aber der Komponist Max Bruch. „Die Kammeroper »Scherz, List und Rache« hat er hier oben komponiert“, berichtet Sylvia Zanders. Schon Renate Zanders lud zu Veranstaltungen in die „Kulturscheune“ ein. Mit Konzerten, Dankeschön-Essen für soziale Spender oder einem Abend der Goethe-Gesellschaft knüpfen die heutigen Bewohner daran an. Auf dem Igeler Hof ist die Geschichte von Familie und Papierstadt auf Schritt und Tritt lebendig.