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ProzessWiderstand light: Mildes Urteil für Bergisch Gladbacher Reichsbürger

Lesezeit 4 Minuten
Grube Cox, Naturschutzgebiet.

Nach einer Konfrontation mit der Polizei im Naturschutzgebiet Grube Cox in Bergisch Gladbach stand ein 53-jähriger Reichsbürger jetzt vor Gericht.

Skandal im Sperrbezirk: Das Tun eines Gladbacher Reichsbürgers im Naturschutzgebiet Grube Cox hatte einen munteren Strafprozess zur Folge.

„Er war halt sehr anstrengend“, bringt ein 44-jähriger Hauptkommissar der Bergisch Gladbacher Polizei sein persönliches Erlebnis mit dem Angeklagten Antonio P. an der Grube Cox auf den Punkt. Denn der 53-jährige Gladbacher lebt in einer eigenen Welt nach eigenen Gesetzen. Landläufig würde man P. (Name geändert) einen Reichsbürger nennen. Allerdings wirkt der schmächtige Mann nicht wie ein potenzieller Putschist, sondern wie einer, der sich einfach geistig unglaublich vergaloppiert hat. In diesem Sinne ein Reichsbürger light, aber eben sehr anstrengend.

P. spricht sowohl der von ihm so genannten „sogenannten Polizei“ als auch der Richterin und überhaupt allem, was mit Staatlichkeit zu tun hat, die Legitimität ab. Für ihn ist das irgendwie praktisch, denn angesichts dieser Grundhaltung muss er natürlich auch etwas so Banales wie die Grenzen des Naturschutzgebietes an der Grube Cox nicht beachten. Das hat am 3. Juni 2023 erst zum Polizeieinsatz und jetzt zum Prozess wegen Widerstandes geführt.

Zwischendurch lässt er sich aus seiner Gefolgschaft einen Becher Wasser reichen

Zweieinhalb Stunden hat Richterin Miriam Kuschel dafür angesetzt, rund ein Dutzend Zuhörerinnen und Zuhörer aus dem persönlichen und/oder politischen Dunstkreis des Angeklagten sitzt im Publikum. Für P. ist es die große Bühne. Auf den Stuhl des Angeklagten setzt er sich nicht, doch pragmatisch findet er einen Weg, seine Ansichten zu deklamieren: Im Stehen, zwischen Anklagebank und Zuschauerraum. Zwischendurch lässt er sich einen Becher Wasser von jemandem aus seiner Gefolgschaft reichen. „Ich bleibe hier stehen als Mensch“, sagt er, will keine Angaben zu seinem Geburtsdatum machen und auch nicht zu seiner Staatsangehörigkeit.

Die Richterin bleibt cool

Als der Staatsanwalt die Anklage – Widerstand gegen Polizeibeamte, die ihm rechtmäßig das Video-Handy abnehmen und seine Personalien feststellen wollten – verlesen hat, wird P. grundsätzlich. Die „sogenannten Polizisten“ seien gar keine Polizisten, sondern privat unterwegs gewesen, und sie hätten keine Ausweise dabei gehabt. Auch die Richterin sei nicht legitimiert und habe keinen Ausweis. Er selbst sei „keine Person“. Sondern: „Ich bin Antonio, der Mensch.“ Die Richterin bleibt cool: „Was können Sie als Mensch Antonio zu dem Vorfall sagen?“ Mehrfach fängt der Angeklagte an, sich ein bisschen konkret zu äußern, um dann doch wieder grundsätzlich zu werden.

Unterm Strich liegen am Ende einer aufreibenden Beweisaufnahme die Darstellungen gar nicht so sehr weit auseinander. Am 3. Juni 2023 herrscht strahlender Sonnenschein, wie man auf einem im Prozess abgespielten Video einer polizeilichen Bodycam sehen kann. Die Polizei ist informiert worden, dass jemand direkt am See ein Zelt aufgeschlagen habe und im See gebadet werde.

Die erste Streifenwagenbesatzung textet der Bergisch Gladbacher zu

Eine erste Streifenwagenbesatzung rückt an, wird von P. zugetextet, zieht sich zurück und fordert den Vorgesetzten an. Als der mit einem weiteren Kollegen eintrifft, eskaliert die Situation kurzzeitig: Antonio fängt an, den Einsatz zu filmen und hört damit weder auf noch rückt er sein Handy raus. Ein kurzes Rangeln, sich sperren, dann ist alles wieder gut. Neben den Polizisten und diversen Spaziergängern sind Antonio, sein die Aussage verweigernder Sohn und eine 58-jährige Freundin an der Grube Cox. Die empört sich über den Polizeieinsatz, ohne dabei explizit Reichsbürgeransichten durchschimmern zu lassen.

Immer wieder empören tut sich auch der Angeklagte, einmal geht er im Gerichtssaal sogar auf die Knie. „Was erzählt ihr euren Kindern?“, habe er die Polizisten nach dem Einsatz gefragt und fragt es nun auch die Richterin. Doch die lässt sich nicht provozieren, sondern schließt die Beweisaufnahme.

Angeklagter bringt Völkerrecht, Menschenrecht, EMRK und Gott ins Spiel

Im Plädoyer lässt sich auch der Staatsanwalt nicht provozieren und fordert 900 Euro Geldstrafe auf Bewährung wegen Widerstandes für den bis dahin nicht vorbestraften Angeklagten. Antonio P. erklärt im letzten Wort: „Das Plündern von Menschen ist laut Haager Landkriegsordnung verboten“ und bringt Völkerrecht, Menschenrecht, Europäische Menschenrechtskonvention und Gott ins Spiel: Der „sieht alles“.

Als die Richterin vor der Urteilsverkündung kurz den Saal verlässt, verkündet Antonio den Seinen: „Sie muss bei jeder Verhandlung den Richtereid aussprechen.“ Sonst sei sie zu „entfernen“ Doch die Juristin wird nicht entfernt, sondern verkündet ihr Urteil: 30 Tagessätze zu 30 Euro auf Bewährung.