Im Prozess um einen Überfall in Bergisch Gladbach hat sich ein 20-jähriger Kürtener in letzter Sekunde zu einem Geständnis durchgerungen
ProzessRäuber bestellt nach Überfall via Handy Taxi zum Tatort in Bergisch Gladbach
„Ehe das jetzt wieder einen neuen Prozesstermin gibt: Ich war dabei. Aber es war das erste und einzige Mal und es hat sich nicht gelohnt“: Mit einem Geständnis in allerletzter Minute hat ein 20-jähriger Kioskräuber aus Kürten vor dem Jugendschöffengericht seinen eigenen Verteidiger überrascht. Am Ende erhielt der bis dahin nicht vorbestrafte Handwerker die Auflage, 600 Euro an einen Bußgeldfonds für Opfer von Straftaten zu zahlen.
Sein Komplize, ein 17-jähriger Kürtener, der sich zu einem Intensivtäter sondergleichen entwickelt und die letzten zweieinhalb Wochen in Untersuchungshaft verbracht hatte, erhielt nach einer umfassenden Lebensbeichte 22 Monate Haft auf Bewährung.
Neun Anklagen, 30 Zeugen: Prozess gegen Intensivtäter
Neun Anklagen, 30 Zeugen: Der Prozess gegen die beiden jungen Männer war äußerst ungewöhnlich, und dass er zumindest zeitweise öffentlich geführt wurden, ebenfalls. Denn bei 14 bis 18 Jahre alten Jugendlichen ist die Öffentlichkeit grundsätzlich ausgeschlossen, bei 18 bis 21 Jahre alten Heranwachsenden dagegen zugelassen. Stehen ein Jugendlicher und ein Heranwachsender zusammen vor Gericht, siegt aber der Grundsatz der Öffentlichkeit.
Zwischen den beiden gebürtigen Bergisch Gladbachern Jonas G. (17) und Maximilian G. (20) gibt es mehrere große Unterschiede: Jonas ist jünger, aber größer als Maximilian, und anders als sein älterer Kumpel hatte er für sehr viele Verbrechen geradezustehen. Dabei scheint ihm die Inhaftierung gutgetan zu haben: Er wolle reinen Tisch machen und auspacken, kündigte seine Verteidigerin Funda Bıçakoğlu an. Dagegen erklärte Maximilians Verteidiger Jens George, dieser bestreite den vorgeworfenen Raub.
Gleich drei Kioske sollen zwischen August und Dezember 2022 überfallen worden sein, zwei in Frankenforst, einer in Dellbrück. Dabei wurde mit PTB-Waffen geschossen oder mit einer Eisenstange Mobiliar zertrümmert, und es wurden mehrere hundert Euro Bargeld und Zigaretten im Wert von mehreren tausend Euro erbeutet.
Richter nennt die Beweislage erdrückend
Während Jonas die drei Raube gestand, bestritt Maximilian die Täterschaft über seinen Verteidiger: „Er war nichts dabei.“ War er doch, entgegnete Jonas, und Richter Ertan Güven verwies auf weitere Erkenntnisse der Polizei: Sein Handy sei in der entsprechenden Funkzelle eingeloggt gewesen.
Bei einer Hausdurchsuchung seien eine Sturmhaube und eine Rechnung für die PTB-Waffe (sieht einer echten Waffe täuschend ähnlich) gefunden worden. Güven: „Juristen würden sagen: Die Beweislage ist erdrückend.“
Lebensbeichte eines 17-jährigen Räubers
Maximilian leugnete weiterhin, was Jonas zu dem Hinweis brachte, dass es weitere Zeugen gebe. Denn vor dem Überfall habe Maximilian mit einem Komplizen telefoniert, der die Lage ausbaldowert habe und nach dem Überfall ein Taxi für die Flucht vom Tatort gerufen. Als der Richter daraufhin ankündigte, er könne das Verfahren gegen den 20-Jährigen auch wieder abtrennen und mit den neuen Zeugen neu beginnen, rang sich der junge Räuber ohne vorherige Absprache mit seinem überrascht wirkenden Verteidiger doch noch zum Geständnis durch – und konnte den Gerichtssaal bald danach mit seiner 600-Euro-Zahlungsauflage verlassen.
Länger, nämlich bis in den Nachmittag und dann auch wieder ohne Öffentlichkeit, ging der Prozess gegen den 17-Jährigen weiter. Jonas, der zuvor erst einmal vor Gericht gestanden hatte, und zwar wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, hatte sich einen Ritt quer durch das Strafgesetzbuch geleistet, mit zwei schweren Rauben, Körperverletzungen, versuchter räuberischer Erpressung, illegalem Kraftfahrzeugrennen und anderem mehr. Anfang September kam er in Untersuchungshaft, saß zuletzt in Heinsberg – und scheint dabei, wie sein Geständnis nahelegt, sehr ins Grübeln gekommen zu sein.
Der mutmaßliche dritte Mann, der beim Kioskraub in Frankenforst vorher die Lage gecheckt und telefonisch dann das „Go“ gegeben haben soll, wird sich demnächst dazu erklären müssen. Jedenfalls fragte die Staatsanwältin in der Sitzung nach Name und Anschrift und notierte sich die Daten.