Nikolaus auf der Harley„Biker for Kids“ sammeln Spenden für Kinderdorf Bethanien

Einmal auf dem heißen Schlitten mitfahren: Die rotgewandeten „Biker for Kids“ erfüllen viele Kinderwünsche Im Bethanien Kinderdorf.
Copyright: Anton Luhr
Bergisch Gladbach – Dass der einzig wahre Nikolaus auf einem Rentierschlitten mit klingenden Glöckchen kommt, halten die Kinder im Kinderdorf Bethanien in Refrath schon lange für ein Gerücht. Erstens kündigt sich bei ihnen der Nikolaus hupend auf dem röhrenden Motorrad an, und zweitens gibt es nicht nur einen, sondern viele. Dass die eher wie der Weihnachtsmann aussehen als dem heiligen Bischof von Myra zu ähneln, tut der Aktion keinen Abbruch.
Seit 25 Jahren besuchen die „Motorradnikoläuse“ von „Biker for Kids Cologne“ die Kinder. Dieses Jahr sind es weniger als die sonst rund 20 bärtigen Nikoläuse. Wegen Corona, und auch wegen des Wetters. Aber was ein echter Nikolaus und Biker ist, der lässt sich nicht lumpen, wenn den Kids der Dauerregen völlig schnuppe ist. Sie haben nur einen Wunsch: Einmal Sozius beim Nikolaus sein.
Der Nikolaus soll richtig Gas geben
Die Genehmigung dafür haben sie bereits längst selbst vorbereitet. Jeder hat ein Ticket gemalt, auf dem (meist) eindeutig ein Nikolaus auf einem Motorrad zu erkennen ist. Elisa (alle Kindernamen geändert) hält vorsorglich gleich einen anschaulichen Stapel davon in ihren kleinen Händen.
Idee wird 25 Jahre alt
Die Idee für die Nikoläuse auf Motorrädern kam Willi Müller 1996 auf Hawaii, wo genau diese bei tropischer Hitze Geschenke an soziale Einrichtungen brachten. Müller kaufte sechs Kostüme und begann mit Bikern aus seiner Stammtischkneipe. Seine Zeitungsannonce „Sozial engagierte Biker gesucht“ war so erfolgreich, dass er die „Biker for Kids Cologne“ gründete, die seit 2011 als gemeinnütziger Verein tätig sind. Jedes Jahr sammeln die Mitglieder Sach- und Geldspenden, die sie in der Adventszeit an zwei Samstagen zu sechs Einrichtungen fahren. Nach 25 Jahren übergibt Willi Müller nun den Vorsitz an seinen bisherigen Stellvertreter Markus Hennes. (kgr)
Julius ist schon dran. Fast verschwindet er zwischen Nikolaus und dem Weihnachtsbaum, welcher auf dem Gepäckträger montiert ist. Fest schlingt er seine Arme um den Bauch vor ihm und wartet auf die entscheidenden Worte des Nikolauses. Dieser liest nicht aus einem goldenen Buch, sondern hat nur eine schlichte Frage: „Schnell oder langsam?“ „Richtig schnell!“, ruft Julius mutig, krallt sich aber noch ein wenig fester in den plüschigen Mantel, als der Nikolaus ein wenig mit dem Standgas angibt. Elisa sitzt schon auf der Maschine nebenan und hebt beim Anrollen kurz die winkende Hand. Lässig.
Die Warteschlange ist lang
Die orangefarbene Geländemaschine ist besonders beliebt. „Weil die die beste Federung hat, und man damit besonders gut springen kann“, erklärt ein sechsjähriger Kenner der Szene. Sein Nachbar in der Warteschlange ergänzt die Vorliebe mit einem: „Die hat einen bunt blinkenden Weihnachtsbaum.“
Als die Enthüllung die Runde macht, die Nikoläuse seien nur so dick, weil sie unter dem Mantel Lederkombis anhätten, will Sina nicht alles über den Haufen werfen, was sie je über Nikoläuse gelernt hat. Sie zieht die Stirn kraus und sagt: „Nikoläuse haben immer einen dicken Bauch.“
1000 Euro Spende für das Kinderdorf
Für den Besuch bedanken sich die Zirkuskinder des Dorfes mit einer Vorführung auf Stelzen, die die Nikoläuse mit einem volltönenden „Hohoho!“ honorieren. Wie jedes Jahr haben sie einen Scheck mitgebracht: 1000 Euro spenden sie dem Kinderdorf. Und schließlich überreicht Kinderdorfleiterin Jutta Menne noch Willi Müller ein T-Shirt mit aufgedrucktem Biker-Weihnachtsmann.
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Willi Müller ist sozusagen der Ober-Weihnachtsmann. Er ist Gründer des Vereins, dessen Vorsitz er nun nach 25 Jahren abgibt. „Ich bleibe aber weiter persönlicher Ansprechpartner des Kinderdorfs - das ist mir eine Herzensangelegenheit“, sagt er, und will mit der Tradition auf keinen Fall brechen.
30 Jahre lang auf der Harley Davidson
Apropos Tradition: Vor 60 Jahren bekam Willi Müller sein erstes Moped. Ein Fahrrad mit Hilfsmotor, das ihm sein Onkel geschenkt hatte. Ins Kinderdorf kam er ebenfalls mit einem motorisierten Fahrrad – einem E-Bike. „So habe ich begonnen, so höre ich auf“, sagt er. 30 Jahre lang fuhr er eine Harley Davidson „Fat Boy“, bis sie ihm gestohlen wurde. „Alles, was ich mir danach angeschaut habe, war nicht mehr das Gleiche“, sagt er.
Da weder Nikoläuse noch Willi Müller halbe Sachen machen, bohrte der 77-Jährige ein Jahr lang bei Harley Davidson, bis er eines der noch limitierten E-Bikes des Motorradherstellers erhielt. Es war das erste in Köln. Auf der Stange steht „Fat Boy“, und im Kinderdorf zierte es ein Rentiergeweih am Lenker.