Schulen in Bergisch Gladbach öffnen wiederLernen mit Hygiene und viel Abstand
- Die Schulen öffnen zumindest für Abschlussjahrgänge wieder ihre Pforten.
- Auch in Bergisch Gladach bereiten sich Lehrer und Schüler auf die neuen Herausforderungen vor.
- Ein Blick in die verschiedenen Schulen der Stadt zeigt: So richtig zufrieden ist nicht jeder mit der Entscheidung.
Bergisch Gladbach – Noch ist es still in den Schulen, aber das wird sich ändern. Ab kommenden Donnerstag werden die Schüler der Abschlussklassen zurück auf die Schulbank gerufen. Sie sollen ab 12. Mai ihre Prüfungen ablegen. Lehrer stehen vor der großen Herausforderung, Schüler und sich selbst vor Infektionen mit dem Corona-Virus zu schützen.
Realschule
Schulleiterin Ulrike Maria Klatt von der Johannes-Gutenberg-Realschule hat Distanz-Fieberthermometer bestellt für ihre 90 Zehntklässler, um das Virus zu bändigen: „Schüler erhalten nur dann Zutritt, wenn sie fieberfrei sind.“ Am Eingang soll kontaktfrei gemessen werden, „denn die Temperatur gilt ja als Indikator für Covid-19“, sagt Klatt. Händewaschen vor jeder Unterrichtsstunde soll zur Pflicht werden. „30 Sekunden Händewaschen bei zehn Schülern – das macht fünf Minuten.“ Zeit, die von der Unterrichtsstunde verloren gehe: „Aber diese Zeit muss aufgebracht werden.“ Um die notwendigen Abstände einhalten zu können, sollen die Schüler gruppenweise zu zehnt zeitversetzt auf drei Etagen unterrichtet werden. „Das kriegen wir hin“, meint Klatt, obwohl nicht alle Kollegen vor Ort sein werden. Von 40 Lehrern zähle ein Drittel zur Risikogruppe. Aber wenn ab 4. Mai ein weiterer Jahrgang dazu kommen sollte, werde es nicht nur personell, sondern auch räumlich eng: Bei der Stadtverwaltung hat Klatt bereits Container angefordert. „What ever it takes“ habe Ministerpräsident Laschet versprochen und Milliardenhilfen für Unternehmen und Einzelpersonen bewilligt. „Aber die Schulen hat er leider vergessen“, kritisiert Klatt. Schüler mit Laptops auszustatten, um einen digitalen Unterricht für wirklich alle zu gewährleisten, wäre wichtig gewesen. „Manche Kinder bei uns haben noch nicht einmal ein Smartphone zur Verfügung“, berichtet Klatt.
Gymnasium
„Gesundheitlich gefährdete Schüler können wir nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz genauso gut aufs Abitur vorbereiten wie alle anderen auch“, betont Dieter Müller, Leiter des Gymnasiums Herkenrath. Betroffene könnten individuell per Fernunterricht durch den Fachlehrer betreut werden. Anders als an vielen anderen Schulen entstünden am Herkenrather Gymnasium keine Platzprobleme, wenn die 128 Abiturienten zurückkommen. Die Kursteilnehmer würden auf nebeneinanderliegende Räume aufgeteilt. „Der Fachlehrer pendelt hin und her“, berichtet Romina Matthes, stellvertretende Schulleiterin, „wir können auf einen Schichtbetrieb verzichten.“ Das Kollegium sei überwiegend jung, deshalb gebe es zum Glück keine personellen Engpässe. Angela Meurer, Vorsitzende der Elternpflegschaft, hält es für richtig, dass die Schüler ihre Abi-Prüfungen schreiben können. Sonst wäre es womöglich immer ein Abitur zweiter Klasse geblieben, etwa bei Bewerbungen an Unis. Für die anderen Jahrgänge gehe es nach den Ferien mit dem Homeschooling in die zweite Runde, kündigt Müller an. Auch da ist er sich sicher, „alle Schüler gleich gut vorbereiten zu können“. Allerdings funktioniere das nur, weil die Lehrer mit ihren eigenen Geräten von zuhause aus arbeiten würden. Die Schule selbst verfüge nur über einen „Haushaltsanschluss“ und benötige endlich eine vernünftige Breitband-Anbindung.
Das sagt ein Abiturient
„Ehrlich gesagt, ich bin erschüttert“, sagt Simon Schmitter, Schülersprecher am Gymnasium Odenthal, der selbst im Abitur steckt. Viele seiner Mitschüler seien Risikopatienten und deshalb gezwungen, zuhause zu bleiben und damit benachteiligt gegenüber denen, die in die Schule zurückehren könnten. Für alle gelte gleichermaßen: Konzentriertes Lernen in dieser Zeit sei schwierig, teils nahezu unmöglich: Einige Mitschüler müssten auf kleinere Geschwister aufpassen. In manchen Familien würden Eltern um ihren Arbeitsplatz bangen, was belastend wirke. Andere haben Krankheits- oder sogar Todesfälle in der Familie. „Außerdem nehmen einige Mitschüler die Kontaktverbote nicht ernst, was das Infektionsrisiko für alle erhöht.“ Er verstehe die Dringlichkeit nicht, die Abschlussprüfungen abzulegen. Eine Durchschnittsnote aus den bisherigen Leistungen zu bilden, wäre gerechter und verantwortungsvoller gewesen. „Ich bin sicher: Es wird eine Vielzahl an Prozessen geben“, prognostiziert Schmitter.
Hauptschule
„Das ist eine große Herausforderung“, sagt Helmut Müller, Schulleiter der Hauptschule Im Kleefeld. Hier laufen gerade die Vorbereitungen für die Rückkehr der 60 Schüler, die ihren Hauptschulabschluss machen wollen: „Wartelinien vor den Toiletten markieren, Tische und Stühle in Einzelreihen aufbauen, Schüler in Gruppen aufteilen, Unterrichtszeiten festlegen, damit man sich nicht über den Weg läuft.“ Unterrichtet werden nur die Prüfungsfächer Deutsch, Mathematik und Englisch. Das haue personell gerade noch so hin. Denn: „Etwa die Hälfte der 30 Kollegen gehört aufgrund des Alters zur Risikogruppe“, sagt Müller. Die Corona-Krise treibt aus Müllers Sicht schon lange bestehende soziale Ungleichheiten auf die Spitze. Die Herkunft werde wichtiger als ohnehin schon. Beim Fernunterricht vor Ostern habe man einige Schüler aus sozial schwachen Familien „einfach verloren“. Weil die technische Ausrüstung fehle oder die Familienverhältnisse kompliziert seien. Diese Jugendlichen benötigten jetzt eine besonders intensive Vorbereitung auf die Prüfungen.