Bergisch Gladbach – Die Umzugskisten werden bald gepackt sein, und dann endet am Vinzenz-Pallotti-Hospital (VPH) in Bensberg die Geschichte der Pallottinerinnen.
Vor wenigen Tagen wurde offiziell, was sich schon seit geraumer Zeit andeutete: Nach 58 Jahren ihrer Tätigkeit am Krankenhaus verlassen die letzten acht Ordensschwestern das Haus. Aus Altersgründen, begründet Provinzoberin Helga Weidemann.
Allzu beschwerlich seien für die Frauen im Alter zwischen 77 und 87 Jahren, von denen einige immer noch im Haus tätig sind, wenn sie gerufen werden, inzwischen die Lebensumstände geworden. Die Gemeinschaft, die nicht ins Mutterhaus in Limburg zurückkehren will, wird im nahen St. Josefshaus in Refrath, in dem derzeit fünf Mitschwestern leben, ein neues Zuhause finden.
Schwesternnachwuchs gibt es nicht und so wird die Klinik künftig ohne die Präsenz der Pallottinerinnen auskommen müssen. Der Abschied zum 1. Januar fällt zeitlich zusammen mit der Entscheidung der Provinzleitung des Ordens, das Vinzenz-Pallotti-Hospital vollständig an die Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO) zu übergeben, die bereits das Marienkrankenhaus in Bergisch Gladbach übernommen hat.
Das Vinzenz Pallotti Hospital war am 7. Oktober 1958 mit einer Gemeinschaft von damals insgesamt 60 Schwestern feierlich in Betrieb genommen worden.
Sechs Jahre später kamen auch die Schwestern Nicola und Fernandis nach Bensberg, die heute noch hier leben. Die Schwestern übernahmen die Pflege der Patienten auf den Stationen, die Verwaltung und die Arbeit in der Küche, später auch Hospizdienste sowie Unterricht in der Krankenpflegeschule, die den Nachwuchs für die Missionsstationen im Ausland ausbilden sollte.
Auch die Hebammenschule, die Elternschule und zuletzt noch das Bildungsinstitut für Gesundheit zählten zu ihren Aufgabengebieten – die Tage waren ausgefüllt.
„Mit Erziehung und Bildung hat der Orden ja auch angefangen“, sagt Schwester Dominica Rose, die mit 87 Jahren die älteste der Gemeinschaft ist.
1837 wütete in Rom die Cholera. Viele Kinder hatten durch die Epidemie ihre Eltern verloren, zogen bettelnd durch die Straßen oder prostituierten sich, um zu überleben.
Um diese Not zu lindern, gründete der katholische Priester Vinzenz Pallotti ein Waisenhaus für Mädchen und suchte Frauen, die sich um die Waisenkinder kümmern. „Aus diesen Frauen sind später die Pallottinerinnen geworden“, so die Schwester.
Auch wenn später weltliche Kräfte immer mehr Dienste übernahmen, waren die Pallottinerinnen noch präsent im Haus. Schwester Reginata Nühlen in der Krankenhausseelsorge und Sterbebegleitung sowie bei der Leitung der Grünen Damen, Schwester Pacifica Sperlich als Hausoberin, Schwester Nicola Schubert als ehemalige Verwaltungsangestellte in der Buchführung des Fördervereins Hospiz und Schwester Margret Harbaum in der Flüchtlingsarbeit der Gemeinde.
Zur Gemeinschaft gehören zudem Schwester Dominica, die 25 Jahre lang an der Krankenpflegeschule den Pflegenachwuchs unterrichtete, Schwester Fernandis Westhoven, die in der Pflege auf den Stationen tätig war und Schwester Hiltrud Steiner, verantwortlich für die Hauswirtschaft in der Klausur und darüber hinaus für den Küsterdienst in der Kapelle.
Nach langen Jahren im Ausland lebt auch Dr. Rita Lore Wicklein in der Bensberger Gemeinschaft. Die Ärztin war in den Missionsstationen des Ordens in Brasilien und Belize tätig.
„Die starke Verbundenheit der Bensberger mit der Klinik hat ganz viel mit den Pallottinerinnen zu tun“, sagt Beatrice Tomasetti, die die Öffentlichkeitsarbeit des Hauses betreut.
Die Begleitung von zentralen Lebensstationen wie Geburt und Tod hätten immer im Zentrum gestanden. „Und auf dem Gebiet der Hospizarbeit haben die Schwestern hier in Bensberg Pionierarbeit geleistet.“
Der Abschied fällt den Schwestern nicht leicht. „Der Verstand sagt mir: Es ist richtig. Aber mein Herz geht noch nicht mit“, sagt Schwester Nicola lächelnd und hat dabei Tränen in den Augen. Und auch Patienten und Klinikmitarbeiter werden sich an ein Haus ohne den vertrauten Anblick der weißhaarigen Schwestern in der dunklen Ordenstracht gewöhnen müssen.
„Erst heute habe ich einen Mitarbeiter getroffen, dem kamen im Gespräch über den Abschied plötzlich die Tränen“, erzählt Schwester Dominica. „Da sind sie mir auch erstmals gekommen.“ Doch die Gemeinschaft bleibt auch in Refrath zusammen und so schauen die Schwestern nach vorn – getreu dem Motto des Ordensgründers: „Tun, was dran ist.“
„Es ist an der Zeit“, sagt die Provinzoberin. „Wir gehen aufrecht, dankbar und würdig, wenn auch mit Schmerz.“ Das Gebäude verlassen die Schwestern – der pallottinische Geist bleibt zurück.
Offiziell von Bensberg Abschied nehmen werden die Pallottinerinnen mit einem Dankgottesdienst am 15. Dezember, um 15 Uhr, in der Krankenhauskapelle des VPH.
Zu ihm sind vor allem die Mitarbeiter des Krankenhauses, aber auch all diejenigen eingeladen, die sich dem Haus und den Schwestern verbunden fühlen.
Die Geschichte des Vinzenz-Palotti-Hospitals in Bensberg
1835: Der Priester Vinzenz Pallotti gründet in Rom die Vereinigung des Katholischen Apostolats.
1838: Gründung der Gemeinschaft der Pallottinerinnen, die ein Heim für Mädchen führen.
1886: Die kirchliche Approbation wird erteilt.
1890: Beginn der Missionierung in Kamerun.
1895: Gründung des deutschen Zweigs der Pallottinerinnen in Limburg/Lahn 1926.
1935: Neugründung in Refrath.
1941: Die Wehrmacht beschlagnahmt das Mutterhaus in Limburg und nutzt es als Lazarett.
1948: Missionsarbeit in Südafrika.
1954: Bau des Altenheims St. Joseph in Refrath.
1958: Einweihung des Vinzenz-Pallotti-Hospitals in Bensberg.
1963: Heiligsprechung des Gründers Vinzenz Pallotti.
1964: Die Missions-Pallottinerinnen werden eine Kongregation päpstlichen Rechtes.
1977: Missionsaufgaben in Zentralafrika.
1980-1989: Gründung einer Niederlassungen in Brasilien, Indien und in der Ukraine.
1991: Mission in Tansania.
2003: Gründung der St. Vinzenz-Pallotti-Stiftung durch die deutschen Pallottinerinnen
2013: Feier zum 175-jährigen Bestehen.
2016: Die Pallottinerinnen geben ihre Kommunität in Bensberg auf.