Alte Damen hatten sich Trickdiebinnen in Refrath als Opfer ausgesucht, doch Bürger gingen dazwischen. Jetzt fand der Prozess statt.
Zeugin verhindert DiebstahlTrickdiebin muss nach Tumult in Refrath sieben Monate in Haft
Es gab ein ziemliches Tohuwabohu am 11. September 2021 im Refrather Zentrum. An diesem Samstagmittag hatten sich zwei Schwestern aus Köln und aus Kürten, beide Anfang 30, im italienischen Eiscafé auf dem Peter-Bürling-Platz verabredet. Während sie redeten, fiel der Blick der Älteren auf eine alte Dame mit Rollator, die gerade die Kreissparkassenfiliale gegenüber verließ.
Und auf zwei mit Tüten bepackte Frauen, die sich auf dem Platz umblickten, dann zügig auf die alte Dame zusteuerten und sie ansprachen. Während die eine der beiden Frauen die alte Dame dazu brachte, sich von ihrem Rollator und damit auch ihrer Handtasche abzuwenden, versperrte die andere die Sicht auf die Handtasche und …
… hatte die Rechnung nicht mit Zeynep Ö., der älteren der beiden Schwestern, gemacht. „Ich bin in dem Café aufgesprungen, habe geschrien und bin losgelaufen“, schilderte Ö. die Situation als Zeugin vor Gericht. Auch andere Passanten griffen ein, etwa Kfz-Meister Heinz P. (54), der ebenfalls zum Eis essen in der Fußgängerzone war.
Der Strafprozess, in dem jetzt Zeynep Ö., Aylin Ö. und Heinz P. (alle Namen geändert) aussagten, galt der Angeklagten Darija M. (42). Die in der Vorgebirgs-Stadt Bornheim lebende alleinerziehende Mutter von fünf Kindern musste sich wegen gewerbsmäßigen Diebstahls und Computerbetrugs in je zwei Fällen in Bensberg verantworten.
1745 Euro schnelle Beute durch Kartendiebstahl und Betrug
Gemeinsam mit ihrer derzeit nicht greifbaren, weil ins Ausland gereisten mutmaßlichen Komplizin Nadalina V., war sie laut Anklage nach Refrath gekommen und hatte sich zwei besonders „vulnerable Opfer“, alte Damen, gesucht. Zuerst traf es eine 78-jährige Refratherin, die gerade bei „Penny“ eingekauft hatte und ihre Waren auf dem Fahrrad verstaute. Plötzlich waren EC-Karte mitsamt Geheimzahl weg, und prompt wurden am Automaten um die Ecke erst 1000 Euro abgehoben, dann noch einmal 200, dann wurden 200 Euro auf die Geldkartenfunktion geladen und zum Schluss bei Tchibo Bettwäsche und Co. im Wert von 345,89 Euro bezahlt – alles in weniger als einer halben Stunde.
Es folgte der zweite Beutezug: Um 14.15 Uhr kam die 87-jährige Rollator-Fahrerin ins Visier. Da blieb es beim Versuch, aber während Darija M. dann kooperativ auf die Polizei wartete, ging die mutmaßliche Komplizin in Richtung Stadtbahn. Heinz P. folgte der Frau, forderte sie auf, auf die Polizei zu warten. Aber, so der Zeuge, die Frau „schrie laut los, ich wolle sie vergewaltigen. Dann riss sie sich die Kleidung vom Leib und zeigte mir alles, was ich gar nicht sehen wollte.“ Doch auch sie wurde festgenommen.
Vor Gericht gestand Daria M. nur den zweiten, versuchten Diebstahl. Sie bereue die Tat, schäme sich dafür und hätte sich auch bei dem Opfer in der Verhandlung entschuldigt, sagte sie – aber die beiden Opfer waren aus gesundheitlichen Gründen nicht zum Prozess gekommen. Die Tüten mit der Bettwäsche habe sie an einer Haltestelle gefunden. Mit der ersten Tat habe sie nichts zu tun gehabt.
970 Euro im BH der fünffachen Mutter mit dem knappen Budget
Jedoch: Wer sollte das glauben? Im Gebüsch neben der Sparkasse, da, wo sie gestanden hatte, fand sich die EC-Karte der Radfahrerin wieder. Und eine Polizistin fand bei der Durchsuchung der Frau mit dem knappen Budget 970 Euro Bargeld im BH. Die Staatsanwältin forderte ein Jahr Haft auf Bewährung für die 1999 nach Deutschland gekommene und bislang straffrei hier lebende Angeklagte. Dagegen forderte die Verteidigerin eine Geldstrafe nur für den zweiten, versuchten Diebstahl.
Richter Dr. Philipp Stöckle verurteilte die Frau gleichwohl zu sieben Monaten Haft auf Bewährung. Angesichts der vielen Indizien habe er an ihrer Täterschaft keinen Zweifel. An den „großen Unbekannten“ könne er nicht glauben. Und: „Wenn Sie so weitermachen, werden Sie im Gefängnis landen!“