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Spuren ins Jahr 1903„Hahn's Zitsch“ – Die Geschichte eines bergischen Kultgetränks

Lesezeit 4 Minuten
Hahn's Zitsch Büdchen

„Trink Hahn’s Zitsch“ lautete der Werbespruch, der an „Keppels Büdchen“ angeschlagen war.

  1. „Hahn's Zitsch“ wurde in Bergisch Gladbach am Refrather Weg produziert.
  2. Ein Heimathistoriker machte jetzt einen Fund, der zeigt, wie eng die Limonadenmarke mit Gladbach verbunden ist.
  3. „Zitsch“ ersetzte das Wort Limonade zeitweise sogar in der Umgangssprache.

Bergisch-Gladbach – NGen-KSTA: Wo viele Größen klein angefangen haben [DText-71-128833030]Diese Flasche ist besonders. Sie hat einen hellgrün schimmernden Bauch und ihre Form würde heute wohl in keine vollautomatisierte Abfüllanlage passen. Der Name auf der Banderole war über Generationen ein Begriff im Rheinland: Hahn’s Zitsch.

Heimathistoriker Hans Dieter Scigala hat über die Limonade aus Bergisch Gladbach geforscht und manches Interessante zur Firmengeschichte und zur Produktionsstätte am Refrather Weg seit den 1920er-Jahren herausgefunden (wir berichteten). Jetzt gibt es Neues zur Vorgeschichte: Heimatforscher Otto Müller aus Kürten-Biesfeld hat einen Zufallsfund zu Hahn’s Zitsch gemacht.

Werbeanzeige belegt Geschäftsübernahme schon 1903

In einer Beilage, die 1931 zum 75-jährigen Bestehen der Stadt Bergisch Gladbach in der „Rheinisch-Bergischen Zeitung“ erschien, hatte Firmengründer Carl Hahn eine mehr als halbseitige Werbeanzeige eingerückt. Sie belegt: Die Verbindung des Limonadenproduzenten nach Bergisch Gladbach war offenbar enger und intensiver als bislang vermutet.

Hahn's Zitsch Flasche

Eine Originalflasche von „Hahn’s Zitsch“ aus der Getränkefabrik von Walter Hahn.

„Das von Herrn Carl Kolter, Gastwirt zu Bergisch Gladbach, geführte Mineralwasser-Geschäft nebst Vertretung des Roisdorfer Mineralbrunnens, wurde am 2. März 1903 von Herrn Carl Hahn übernommen und unter der Firma Karl Hahn, Fabrik alkoholfreier Getränke, weiter betrieben.“ Der damalige Leser erfuhr in der Werbeannonce, dass der Betrieb der „laufenden Kontrolle eines vereidigten Nahrungsmittelchemikers“ unterlag.

Zitsch-Limonade eingetragener Markenname

Als Spezialität wird schon 1931 aufgeführt: Hahn’s Zitsch, eine „eingetragene Schutzmarke“. Beworben wird die Limonadenfabrik als „erstes und ältestes Geschäft am Platz“. Als Schutzmarke für Qualitätsgetränke beim „Reichsverband Deutscher Mineralwasserfabrikanten“ sei die Zitsch-Limonade gesetzlich geschützt. Geführt wurde das Getränk als „Brauselimonade“, hergestellt aus reinen Fruchtsäften mit natürlichen Fruchtaromen, unter Zusatz „von mindestens 7 Prozent bestem Zucker“.

Otto Müller

Otto Müller aus Kürten-Biesfeld hat den neuen Hinweis zur Gladbacher Limonadenmarke entdeckt.

Die Limonadenfirma gibt an, ihr Zitsch sei gesund, bekömmlich und auch von einem ihrem Zuckergehalt entsprechendem Nährwert. Künstliche Süßstoffe seien in diesen Limonaden grundsätzlich verboten.Mit dem Namen Kolter springen wir direkt hinein in die Gladbacher Lokalhistorie. Der Tuchfabrikant Heinrich August Kolter war von 1842 bis 1847 Bürgermeister von Bergisch Gladbach, die Produktionsstätten lagen an der Locher Mühle (heute als Strunde-Park bekannt).

Haus Kolter zum Bürgerhaus Bergischer Löwe umgebaut

Kolter baute um 1850 einen Gasthof direkt am Marktplatz, das Haus gilt als Vorläufer des heutigen Bürgerhauses Bergischer Löwe. Just im Jahre 1903, dem Jahr, in dem Carl Hahn ins Gladbacher Mineralwassergeschäft einsteigt, erwirbt die Gladbacher Casino-Gesellschaft das Haus Kolter und baut es um zum ersten Bürgerhaus, dem Bergischen Löwen.

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1904 entsteht der benachbarte Mariensaal, ab 1905 wird der Bergische Löwe für beide Attraktionen gemeinsam geführt. Ob es damals den Zitsch schon gab, muss bislang offen bleiben. Spätestens 1931 muss die Brause im ganzen Land bekannt gewesen sein.

Hans Dieter Scigala hatte bei seinen Recherchen eine Originalflasche ausfindig gemacht, aus der einst Zitsch ausgeschenkt wurde. Seit 1920 sei die Limonade in der Produktionsstätte am Refrather Weg hergestellt worden, Hahn habe dort mit seiner Familie gewohnt. Nach dem Tod des Getränkefabrikanten übernahm Sohn Walter die Limonadenfirma.

Produktion lief bis zur Marktdominanz von Coca-Cola in den 1970ern

Die Blütezeit des Erfrischungsgetränks waren die 1950er- und 1960er-Jahre.Limonade und Zitsch, beides verschmolz zu einer Einheit und schaffte es in den Sprachgebrauch. Wer in den bergischen Gaststätten eine Limo wollte, bekam die Zitsch aus Bergisch Gladbach. Offenbar sprudelte und zischte die Limonade, was dem Getränk zu seinem klingenden Namen verhalf. Heute würde man Marketingmaßnahme dazu sagen. Verkauft wurde sie in Literflaschen. Vielleicht gab es sie damals im Gladbacher Konsum im Regal.

Am „Keppels Büdchen“ auf dem alten Marktplatz war die Zitsch-Limo eine feste Größe, aus dem Verkaufsfensterchen wurde sie angereicht. Büdchens-Mann Peter Keppel hatte in den 50er-Jahren einen Aushang vor seinem Kiosk, der auf die Limo hinwies. Bis in die 1970er Jahre lief die Produktion weiter, ehe der Konkurrenzdruck mit dem US-Konzern Coca-Cola den kleinen bergischen Konkurrenten niederrang.

In Gladbachs Kneipen erhältlich

Neben dem „Keppels Büdchen“ gab es die Zitsch-Limonade auch in den Gladbacher Gaststätten Clever, Brauhaus Am Bock, Postkeller, Bierbrunnen und im Gasthaus Vett. Auch in Hoffnungsthal und Biesfeld erfrischten sich die Kneipenbesucher mit Zitsch.

Zusätzlich unterhielt die Getränkefabrik Hahn eine Generalvertretung für die „Wicküler Brauerei“. Wie Hans Dieter Scigala herausfand, kam auch ein Erfrischungsgetränk mit Namen „Libelle“ sowie eine Cola-Kreation aus dem Hause Hahn.

Im „Rhein-Berg Kurier“, Nummer 3/2018, sind Scigalas Forschungen veröffentlicht. www.bgv-rhein-berg.de