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LärmaktionsplanStadt Bergisch Gladbach will mehr Lärmschutz und bittet die Anwohner um Hilfe

Lesezeit 4 Minuten
Autos stehen in beiden Fahrtrichtungen im Stau.

Die Bensberger Straße im Stadtteil Heidkamp gehört zu den hochbelasteten Straßen in Bergisch Gladbach.

Hotspots sind die Hauptverkehrsstraßen. Die Überarbeitung des Lärmaktionsplans geht in die vierte Runde. Die Meinung der Bürger ist gefragt.

Bergisch Gladbach ist viel zu laut. Hauptsächlich ist es der Geräuschpegel von Straßen, der die Menschen in Bergisch Gladbach stört oder sogar um den Schlaf bringt. Mithilfe des Lärmaktionsplans will die Stadt für mehr Ruhe sorgen. Die Überarbeitung des Plans geht jetzt in die vierte Runde – erneut unter Beteiligung der Bürger, die wieder Lärmprobleme einbringen können – noch bis zum 6. Mai.

Nicht allzu verwunderlich: „Hauptverursacher von Lärm in Bergisch Gladbach ist der Straßenverkehr“, stellt Marlies Thieser vom Fachbereich Umwelt und Technik beim Pressetermin fest. Fluglärm sei auch noch als sehr belastend zu nennen, betreffe aber nur den südlichen Teil des Stadtgebiets. Bahnverkehr und Industrie spielten nur eine Nebenrolle.

Die Beiden stehen nebeneinander vor einer Videoanimation, die eine Tabelle zeigt.

Marlies Thieser und Stefan Eicker vom Fachbereich Umwelt und Technik der Stadtverwaltung Bergisch Gladbach erklären die Lärmkarten, die inzwischen vorliegen.

So stehen im Focus die bereits 2023 auf Basis von sogenannten Lärmkarten klassifizierten Hauptverkehrsachsen mit einem gesundheitsgefährdenden Pegel von über 70 Dezibel am Tag und über 60 Dezibel der Nacht. Die Hotspots sind: Bensberger Straße, Buddestraße, Gladbacher Straße, Kölner Straße, Altenberger-Dom-Straße, Paffrather Straße, Kempener Straße, An der Gohrsmühle, Hauptstraße, Mülheimer Straße, die Straße „Strassen“ in Herkenrath und, nicht zu vergessen, die Dolmanstraße in Refrath. Diese Straßen sind allerdings nicht durchgängig so hoch belastet, sondern in Teilabschnitten.

„Umso näher die Hausfassaden an den Straßenrand rücken, desto lauter ist es für die Bewohner“, sagt Thieser. Von stiller Nacht kann hier keine Rede sein. Nach den Vorgaben einer EU-Richtlinie ist Bergisch Gladbach gesetzlich dazu verpflichtet, den Lärmaktionsplan alle fünf Jahre neu auflegen und Maßnahmen zu prüfen, die die gesundheitsgefährdende Situation an den Hotspots erträglicher machen, aber auch die ruhigen Bereiche zu schützen.

Zu sehen ist eine Karte, die dunkelrot eingefärbte Straßen zeigt.

Wie eine Krake mit vielen Armen ziehen sich die Hauptverkehrsachsen mit einem gesundheitsgefährdenden Schallpegel durch das Stadtgebiet von Bergisch Gladbach.

Doch die Erarbeitung des Plans bedeutet noch nicht dessen Umsetzung. „Es mangelt an Geld und an Personal“, räumt Abteilungsleiterin Nina Kohlgrüber ein. Nur wenige lärmmindernde Maßnahmen konnten in den letzten Jahren durchgeführt werden. Genannt werden etwa die fahrradfreundliche Umgestaltung der Odenthaler Straße und die Anordnung von Tempo 30 auf der Altenberger-Dom-Straße in Schildgen. Der Handlungsspielraum der Stadt, Tempolimits auszusprechen, sei begrenzt, betont Kohlgrüber, da eine flexible Regelung durch den Gesetzgeber bisher nicht beschlossen worden sei. Weitere gängige Instrumente sind Umlenkung von Fahrströmen, Sanierung der Fahrbahndecke, grüne Welle, Stärkung des ÖPNV, Ausbau von Radwegen.

Die Stadtverwaltung weiß also, wo es laut ist, aber es passiert nichts. Den Vorwurf, bei dem Plan handele es sich um einen zahnlosen Tiger, lässt Fachbereichsleiter Stephan Dekker trotzdem nicht gelten. „Das sind Prüfaufträge, die wir festhalten, keine konkreten Maßnahmen“, stellt er klar. Zu entscheiden, was umzusetzen ist, sei die Aufgabe der Politik. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussehen würde: Der Lärmaktionsplan sei ein wichtiges Planungsinstrument, etwa um ruhige Gebiete zu schützen oder Straßenreparaturen zu priorisieren.

Deshalb wünscht sich Dekker, dass sich möglichst viele Menschen mit eigenen Hinweisen und Anregungen einbringen, ihren persönlichen Eindruck der Lärmbelastung im Stadtgebiet dokumentieren und Anregungen zur Verbesserung vorschlagen. Vor allem Anwohner der hochbelasteten Hauptverkehrsstraßen sollen ermutigt werden, mitzumachen. Darüber hinaus sind Betroffene von anderen Umgebungslärmarten wie Bahn- und Fluglärm oder besonders umweltrelevante Industrieanlagen eingeladen, sich zu beteiligen. Nachbarschaftskrach wie private Feste gehört allerdings nicht dazu.

Beteiligung bis zum 6. Mai

Die Beteiligung findet bis zum 6. Mai in erster Linie elektronisch statt: Ein Online-Fragebogen ist auszufüllen. Es gibt aber auch die Möglichkeit, sich per E-Mail, lap@stadt-gl.de, persönlich nach Terminvereinbarung oder telefonisch an die Verwaltung zu wenden, (02202)14-1241 oder 14–1242. Der genaue Link findet sich auf der städtischen Homepage.


Was wie laut ist

Das Bundesministerium für Digitales gibt Beispiele, welchen Lärm, bestimmte Geräte oder Ereignisse produzieren. Ab einer Dauerbelastung von 60 bis 65 Dezibel spricht die Lärmforschung von einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. Bei Pegeln ab 40 Dezibel können sich Schlafstadien ändern. Veränderungen des Schallpegels von Verkehrsgeräuschen werden vom Gehör des Menschen ab etwa 3 Dezibel wahrgenommen. Eine Pegelverringerung um 10 Dezibel empfindet der Mensch als Halbierung der Lautstärke.

Schneefall: 10 Dezibel

Flüstern: in einem Meter Entfernung: 30 Dezibel

Kühlschrank: in einem Meter Entfernung, 40 Dezibel

normales Gespräch: in einem Meter Entfernung, 60 Dezibel

Rasenmäher und S-Bahn: in sieben Meter Entfernung, 70 Dezibel

Presslufthammer in sieben Meter Entfernung: 90 Dezibel

Kreissäge: in sieben Meter Entfernung, 100 Dezibel

Verkehrsflugzeug: in sieben Meter Abstand, 120 Dezibel

Düsenjäger: in sieben Meter Abstand, 130 Dezibel. (ub)