Trotz DenkmalschutzEigentümer will 200 Jahre altes Haus in Bergisch Gladbach abreißen
- 200 Jahre altes Gebäude an der Hauptstraße in Bergisch Gladbach steht unter Denkmalschutz, aber der Eigentümer will es abreißen.
- Auf dem Gelände sollte ein Mehrfamilienhaus entstehen. Der Eigentümer hatte bereits 40 000 Euro investiert.
- Für den Immobilienmakler Georg Nagelschmidt ist der Denkmalschutz ein „Unding“.
Bergisch Gladbach – Wer an dem Haus Hauptstraße 24 nicht nur vorbeifährt – und das sind jeden Tag Tausende – sondern einmal parkt und aufmerksam hinsieht, der wird überrascht. Denn dieses Häuschen wirkt wie aus der Zeit gefallen. Und auch vollkommen deplatziert: Auf dem Land stehen solche kleinen schnuckeligen Häuser. Aber doch nicht in Bergisch Gladbach, einige Meter vom Gronauer Kreisel entfernt und eingekeilt zwischen Zweckbauten. Michael Werling, emeritierter Professor für Architekturgeschichte und Denkmalpflege, hatte das Haus 2016 entdeckt, und inzwischen steht es unter Denkmalschutz. Für den Immobilienmakler Georg Nagelschmidt ein „Unding“ und nicht nur finanziell eine schmerzhafte Entwicklung.
Nagelschmidt kann eine Abriss- und Baugenehmigung vorlegen, die zumindest noch bis zum 22. Juli 2017 gültig war. Auf dem Gelände des kleinen Häuschens sollte ein Mehrfamilienhaus mit acht Wohneinheiten auf 650 Quadratmetern Wohnfläche entstehen. Die Pläne sind laut dem Immobilienmakler fix und fertig. Im August 2017 hatte der Eigentümer des Grundstücks der Gladbacher Stadtverwaltung mitgeteilt: „Ich beabsichtige nun endlich, das Bauvorhaben im nächsten Jahr umzusetzen, da inzwischen die Finanzierung des Vorhabens gegeben ist.“
Rund 40 000 Euro sind laut Nagelschmidt in die Projektentwicklung geflossen. Alles für den Papierkorb, denn das Haus wurde unter Denkmalschutz gestellt. Es ist ein Baudenkmal gemäß Paragraf 2 des NRW-Denkmalschutzgesetzes. Nagelschmidt: „Mich ärgert die vertane Zeit und natürlich die Kosten. Aber mich ärgert auch, dass hier Wohnraum hätte entstehen können und nun nichts passiert.“
Die Historie
Laut Landschaftsverband wurde das Wohnhaus um 1800 errichtet. Es ist eines der ältesten Wohnhäuser von Bergisch Gladbach. Eigentümer war Johann Wilhelm Guthair. 1856 wird das Haus an den Gutsbesitzer und Kalkfabrikanten Franz Peter Seigen vererbt. Spätestens ab 1893 ist das Wohnhaus Eigentum des Kalk- und Ziegelfabrikanten Wilhelm Odenthal. Bis heute ist es im Besitz der Nachfahren dieser Familie. (nie)
Die Rechtslage scheint eindeutig, denn das Denkmalschutzgesetz wurde ja gerade dafür geschaffen, um Baudenkmäler, wenn solche entdeckt werden, zu schützen. Aber mit der Entdeckung ist das so eine Sache. Das Gebäude verrottet seit Jahrzehnten vor sich hin. Und mit der Ausstellung der Baugenehmigung hatte zumindest die Gladbacher Verwaltung signalisiert, dass die Behörde sich das Haus angesehen hatte – von Denkmalschutz war keine Rede. Dafür musste erst Professor Werling kommen.
Er kam, sah und kurze Zeit später gab es Gutachten vom zuständigen Landschaftsverband, die den hohen Wert des Häuschens dokumentierten. Da heißt es zum Beispiel: „Das Wohnhaus ist bedeutend für Städte und Siedlungen. An seiner Erhaltung besteht aus wissenschaftlichen, hier architekturhistorischen sowie siedlungsgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse.“Im Gespräch mit dieser Zeitung erklärt Werling, was ein guter Architekt aus dem Haus alles machen könne. Die Substanz des Hauses sei, anders als der Anblick von außen vermuten ließe, noch relativ gut. Es sei aus massiven Kalkbruchstein gebaut und im Innern gebe es etwa hochwertige Dielenfußböden. Auch Türblätter, Treppen und historische Fenster seien gut enthalten.
Bei solchen Aussagen verdreht Nagelschmidt die Augen. „Das ist eine Schrottbude.“ Man habe das Haus komplett verrammelt, weil Obdachlose immer wieder darin Quartier bezogen hätten. Wirtschaftlich sei es undenkbar, das Haus denkmalschutzgerecht zu sanieren. Die Perspektive sei klar: „Es wird nichts passieren – eine Schande ist das.“ In Bergisch Gladbach gibt es gleich mehrere Fälle, in denen Eigentümer ihre denkmalgeschützten Häuser einfach verkommen ließen. Und irgendwann geht dann von diesen maroden, in sich zusammenfallenden Häusern auch eine Gefährdung aus. Dann wird doch abgerissen.
Eigentümer, die diesen Weg wählen, sind von der Unwirtschaftlichkeit einer Sanierung im Vergleich zum Abriss überzeugt. Und sie müssen Zeit haben. Viele architektonisch und stadtgeschichtlichen Gebäude sind so von Bildfläche verschwunden. Aber es gibt auch Gegenbeispiele. Etwa in der Gronauer Waldsiedlung, wo wunderschöne alte Häuser erhalten werden konnten. Was aus dem Häuschen Hauptstraße 24 wird, ist allerdings noch nicht klar.