Turmbläser auf dem Rathausturm in Bergisch Gladbach, Fackelgottesdienst in Bensberg – die Menschen sehnen sich nach der langen Corona-Pause nach Traditionen und Gemeinschaftserlebnissen – besonders an Heiligabend.
Tradition am HeiligabendGemeinsames Singen auf dem Gladbacher Konrad-Adenauer-Platz
Schon lange, bevor Turmbläser von der Big Band Bergisch Gladbach erklingen, haben sich auf dem Konrad-Adenauer-Platz junge und ältere Menschen eingefunden. Es duftet nach Glühwein und Kinderpunsch – nicht nur am letzten Glühweinstand, der noch vom Weihnachtsmarkt übrig geblieben ist.
Viele haben sich Thermoskannen mit dem heißem wohlriechenden Punsch mitgebracht, erleuchten mit Kerzen die Textblätter von den 19 Weihnachtsliedern, die pünktlich ab 17 Uhr von den sechs Turmbläsern ertönen. Selbstgebackene Weihnachtsplätzchen werden ausgetauscht – es herrscht ein friedliches, wohlgestimmtes Miteinander. Gemeinsam mit Enkeln feiern Christiane Müller ist mit der Familie eingetroffen – Tochter, Schwiegersohn, Enkel. Laternen erhellen die Familienszene mit den jungen Leuten, die auch süffigen Glühwein eingepackt haben.
Nach Corona bedingter Pause ist die Vorfreude groß
„Schon als kleiner Junge war ich beim Turmsingen mit dabei“, erinnert sich Manuell Große (24) „Heute ist es besonders schön – eine schöne Tradition.“ Gut auf Weihnachten eingestimmt, fahren sie nach dem Event nach Hause, dann gibt es zuerst die Bescherung und anschießend das gemeinsame Fondue. Zwei lebende Weihnachtsbäumchen wandeln mit leuchtenden Lichterketten über den Platz, verschwinden in der Menge. Viele der jungen Leute tragen rote Nikolausmützen.
Der rheinische Hang zum Kostümieren ist unverkennbar. Inzwischen haben sich haben über 500 Menschen eingefunden. Es ist trocken und windstill, mit zehn Grad richtig warm, keiner friert. Beim letzten Turmsingen vor drei Jahren habe es noch richtig fies geregnet, erinnern sich die Leute. Doch nach der Corona bedingten Pause stimmt an diesem Heiligabend einfach alles. Johannes Richter aus Heidkamp ist mit den Enkeln Lejo (9) und Lilia (9) eingetroffen – Lejo trägt ein rote Nikolausmütze Lilia eine grüne Tannenbaummütze.
Vertraute Texte und Melodien aus Kindertagen
„Ich bin immer schon zum Turmsingen gegangen, und jetzt mit meinen Enkeln, die gerade von Dresden nach Bergisch Gladbach gezogen sind“, freut er sich über das schöne Ereignis. Kurz vor 17 Uhr postieren sich die Turmbläser mit beleuchteten Notenständen oben auf dem Balkon vom Rathausturm – da muss man schwindelfrei sein. Und dann geht es los – langsam und bedächtig spielen sie mehrstimmig „Alle Jahre wieder, kommt das Christuskind“. Nur ganz kurz zum Eingewöhnen.
Conny Pering aus Paffrath steht mit Patenonkel und Patentante mitten in der Menge, Oliver Pering verteilt selbstgebackene Plätzchen zum Glühwein. Und singen? „Die erste Strophe geht immer, dann reicht ein Lalala“, feixt Conny Pering und singt mit: „Oh Tannenbaum, wie grün sind deine Blätter.“ Sehr vertraut aus Kindertagen!
Ein stimmungsvoller Auftakt für alle an Heiligabend!
Auch für Dagmar Fleck aus Odenthal-Voiswinkel und ihren Mann ist es gute alte Tradition, zum Turmsingen nach Bergisch Gladbach zu kommen. Sie hat alle 19 Lieder aus dem Internet ausgedruckt – das Licht reicht gerade noch, um die Texte zu erkennen. Aber dann klappt es hervorragend mit „Leise rieselt der Schnee“ und „Kling, Glöckchen, klingelingeling“.
Und weil der Ehemann im Gospelchor singt, ist noch lange keine Pause angesagt – mit kräftiger Stimme geht es weiter mit „Kommet, ihr Hirten“ bis zu „Es ist ein Ros“ entsprungen.“ Langsam versinkt der Rathausturm im Dunkel der Weihnachtsnacht. Wer keine Kerzen – zeitgemäß mit LED-Ausstattung – mitgenommen hat, lädt sich auf dem Smartphone die Texte herunter. Überall leuchten die Displays. Welch ein stimmungsvoller Auftakt für alle an Heiligabend!