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Übergriffe in SeniorenheimGericht verurteilt Rhein-Berger wegen sexuellem Missbrauch

Lesezeit 3 Minuten
Justitia am Gericht

Justitia an einem Gerichtsgebäude (Symbolbild)

Bergisch Gladbach – Wegen sexuellen Missbrauchs zweier Seniorinnen in einem Altenheim in Rhein-Berg hat das Bergisch Gladbacher Schöffengericht einen 59-jährigen Altenpflegehelfer zu elf Monaten Haft verurteilt. Die Strafe setzte das Gericht zur Bewährung aus.

Der Mann hatte im Prozess gestanden, eine 93-jährige Heimbewohnerin in einer medizinisch nicht angezeigten Weise an den Brüsten und im Intimbereich eingecremt zu haben und einer weiteren alten Dame, die in der Kurzzeitpflege betreut wurde, in einem Aufzug über der Kleidung an die Brüste gefasst zu haben, um sich damit sexuell zu erregen. Als ihn die Heimleitung nach den Vorfällen zur Rede stellte, behauptete er: „Ich habe schon 1500 Nonnen eingecremt und den Papst persönlich.“

Übergriffe fanden zwischen Januar und März 2020 statt

Mit seinem Geständnis in letzter Minute ersparte der Bergisch Gladbacher sich und den übrigen Beteiligten eine umfangreiche Beweisaufnahme. Seine 33-jährige Tochter, die bis zuletzt an die Unschuld des Vaters geglaubt hatte, verfolgte den kurzen Prozess leise schluchzend als Zuschauerin. Nach der Verlesung der Anklageschrift und vor dem Geständnis hatte es zunächst ein „Rechtsgespräch“ zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung gegeben.

Zur Anklage gebracht hatte die Staatsanwaltschaft genau zwei Fälle. Der mit Haft zwischen drei Monaten und fünf Jahren bedrohte „sexuelle Missbrauch von Hilfsbedürftigen in Einrichtungen“ (Paragraf 174a Strafgesetzbuch) hatte sich am 24. Januar und am 3. März 2020 in einem kleinen Seniorenwohnheim in Rhein-Berg ereignet.

Täter ließ bei Protest der Opfer von ihnen ab

Ob es womöglich weitere Fälle gegeben hat, blieb im Prozess ebenso offen wie die Frage, wie genau der Mann schließlich aufgeflogen war. Als die alten Damen gegen den Missbrauch protestierten, ließ der Täter von ihnen ab, hieß es in der Anklage. Die Folgen für die Opfer waren gleichwohl erheblich: Beide Frauen hatten Angst, die ältere wollte sogar die Einrichtung wechseln.

Ob die Taten dauerhafte Folgen für die Frauen hatte, blieb im Prozess ungeklärt. Die Beweisaufnahme beschränkte sich nach dem Geständnis auf die Anhörung eines psychiatrischen Sachverständigen. In der Konsequenz blieb damit aber nicht nur den beiden Opfern ein Auftritt vor Gericht erspart, auch ehemalige Kolleginnen und Kollegen aus der Pflege und ermittelnde Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte wurden nicht gehört.

Volles Geständnis nach Rechtsgespräch auch mit Tochter

Gehört wurde dagegen der Täter, der sich nach dem siebenminütigen Rechtsgespräch des Gerichts mit Anklage und Verteidigung und einem weiteren zehnminütigen Gespräch mit seinem Verteidiger Dr. Karl-Christoph Bode und seiner Tochter zum Geständnis entschlossen hatte: „Es stimmt. Es tut mir sehr leid.“

Der psychiatrische Gutachter bescheinigte dem Angeklagten, der als zehnjähriges Kind mit seinen Eltern aus der Türkei nach Deutschland eingewandert war und hier nach der Schule zunächst als Arbeiter tätig gewesen war, erhebliche psychische Störungen, deretwegen er auch seit langem behandelt werde. Der Mann höre Stimmen, allerdings nicht in einem Maße, dass diese ihn zu Handlungen „zwängen“ oder dass er sich unmittelbar bedroht oder verfolgt fühle.

Tochter kümmert sich um psychisch kranken Vater

Seine langjährige paranoide Schizophrenie sei durch Medikamente gedämpft, aber nicht behoben. Folge solcher Krankheiten sei oftmals ein Verlust von Empathie und ein sozialer Rückzug. Regelmäßiger Cannabis-Konsum habe die Ausfallerscheinungen noch verschlimmert.

Von einer strafrechtlich relevanten verminderten Schuldfähigkeit könne aber keineswegs die Rede sein. Auch deute die Aussage zu den „1500 Nonnen“ nicht auf Größenwahn hin, sondern sei eher als rhetorisches Mittel zu verstehen. Damit habe der Angeklagte wohl darstellen wollen, dass es sich um eine übliche pflegerische Tätigkeit gehandelt habe.

Am Ende forderte der Staatsanwalt für den sexuellen Missbrauch in zwei Fällen zwölf Monate Haft auf Bewährung. Das Gericht blieb im Urteil einen Monat darunter. Nach der Verhandlung verließ der Angeklagte den Gerichtssaal gemeinsam mit seiner Tochter. Die allein lebende junge Frau hat den seit Jahren getrennt lebenden Vater unter ihre Fittiche genommen und kümmert sich trotz allem weiter um ihn.