Verwittert und vergessenVision vom Kneipenviertel rund um den Gladbacher „Waatsack“
Bergisch Gladbach – Der „Waatsack“ war schon immer verkehrsgünstig gelegen. Was für den Gasthof an der Ecke Hauptstraße/Odenthaler Straße früher eindeutiger Standortvorteil war, ist für das denkmalgeschützte Gebäude aus dem späten 18. Jahrhundert in heutiger Zeit eher eine Bedrohung. Seit Jahren ist die Verkehrsführung an der viel befahrenen Kreuzung in der Diskussion – und der „Waatsack“ zwangsläufig mittendrin.
Kreisverkehr oder Linksabbiegerspur, Versetzung des Fachwerkhauses (Translozierung) oder Straßenerweiterung in Richtung Kulturhaus Zanders: viele Überlegungen über die Jahre, wenig konkrete Ergebnisse. Und in der Zwischenzeit, so kritisiert der Bergische Geschichtsverein, verfalle eine ganze Häuserzeile mehr und mehr.
„Immer mehr auf Abriss getrimmt“
Die Eigentümer investieren offensichtlich nicht mehr“, bedauert Thomas Klostermann vom Arbeitskreis Fachwerk mit Blick auf das sich an den „Waatsack“ anschließende ehemalige Viktoriakino und mehrere kleine Wohnhäuser, die typisch sind für Bergisch Gladbach um 1900. Den Eigentümern fehle es vermutlich an Planungssicherheit für ihre Immobilien, meint Petra Lebek. „Und so gehen die Fassaden den Bach runter und alles ist immer mehr auf Abriss getrimmt“, bedauert Klostermann.
Dabei habe das Viertel großes Entwicklungspotenzial, meint Mark vom Hofe vom Geschichtsverein. Denn direkt hinter den Gebäuden, die im Denkmalpflegeplan als erhaltenswert eingestuft worden seien, fließt die Strunde und es existierten an ihrem Ufer genug Flächen, um hier attraktive Innenhöfe mit einem gastronomischen Angebot zu entwickeln, meint vom Hofe. Statt mit einer „überholten Politik der autogerechten Stadt“ das Zentrum dem Verkehr zu opfern, „könnte hier direkt an der Innenstadt eine tolle Kultur- und Kneipenszene entstehen“, so seine Vision. „Das fehlt der Stadt.“
Früher eine gastronomische Meile
Damit würde das Viertel wieder eine Funktion erfüllen, die es zu Beginn des 20. Jahrhunderts schon einmal hatte. Damals säumten viele Gaststätten und Ausflugslokale, darunter auch der historische Jägerhof gegenüber vom „Waatsack“ die Straße. Als „Tor zum Strundetal“ lockte man damals viele Städter aus Köln in die Sommerfrische.
Die Serie
Verwittert und vergessen
Verwittert und vergessen - unter diese Stichworte fallen einige Bauten in der Stadt Bergisch Gladbach, um die sich der Bergische Geschichtsverein Sorgen macht. Oft bemühen sich die Lokalhistoriker schon seit Jahren um den Erhalt des Objekts oder eine der historischen Substanz angemessene neue Nutzung. Denn Leerstand, das wissen die Denkmalschützer aus meist bitterer Erfahrung, ist immer ein hohes Risiko. Nicht selten gestaltet dann der Abrissbagger die Zukunft. (spe)
Der „Waatsack“ nahm dabei immer eine besondere Rolle ein. 1792 gebaut, und später mit dem Viktoriasaal erweitert, verkehrten hier auch die Vertreter der städtischen Wirtschaftselite. Vielleicht, weil in der Küche und hinterm Tresen Gehaltvolles unter großzügigem Einsatz von Hochprozentigem ausgeschenkt wurde.
Erhaltungssatzung schützt das Ortsbild
"Die Gebäude in der Umgebung des Waatsacks liegen im Bereich der Erhaltungssatzung Innenstadt von 1993, erläuterte Martin Rölen, Pressesprecher der Stadt Bergisch Gladbach. Abriss oder Nutzungsänderungen stünden damit unter besonderem Genehmigungsvorbehalt.
Diese Genehmigung dürfe versagt werden, wenn etwa das Orts- oder Landschaftsbild beeinträchtigt werde. Nach dem Bebauungsplan Hammermühle von 1974, so Rölen, sei hier "Gastronomie möglich, Wohnen aber nur ausnahmsweise". Der Stadt lägen allerdings aktuell keine Anfragen auf Nutzungsänderungen vor.
Über die künftige Verkehrsführung soll bald mehr Klarheit herrschen. Eine Untersuchung der Verkehrsströme an der Kreuzung sei in Vorbereitung, kündigte Rölen an. Der Auftrag dafür werde in Kürze vergeben.