Um in Zukunft papierlos zu arbeiten, muss die Stadtverwaltung 4,4 Millionen Seiten scannen.
DigitalisierungWie das Bergisch Gladbacher Rathaus papierlos werden will
Die Floppydisc war einmal in den 1980ern. Heute nutzt niemand mehr dieses Speichermedium. Die auf einer Floppy gespeicherten Dateien zu lesen, bereitet größte Schwierigkeiten, die dafür erforderliche Technik ist gar nicht mehr vorhanden.
Die Digitalisierung öffnet hingegen Türen für Speichermengen, an die vor vier, fünf Jahrzehnten niemand zu denken wagte. Was aber passiert in 500 Jahren mit den Dokumenten von heute? Die Gutenberg-Bibel aus den Anfängen des Buchdrucks hat die Zeiten überdauert, auch Pergamente, Papyrus und Steintafeln sind noch lesbar. Mit der neuen CD von Sängerin Lena könnte das anders sein, ein Kratzer auf der Oberfläche der Silberscheibe reicht wohl schon aus.
Welle der Veränderung ist in der Stadtverwaltung angekommen
Die Welle der Veränderung, der Digitalisierung ist auch in der Stadtverwaltung angekommen. Was manche mit „agilem Arbeiten“ und Homeoffice umschreiben, meint den Abschied vom gedruckten Papier. Er wird irgendwann kommen, auch in der Verwaltung. Aber noch hat die Stadt hat eine eigene Druckerei, Millionen von Seiten werden jährlich ausgegeben, ohne Papier geht es nicht.
Die Verwaltung der Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg war eine Verwaltung des Papiers, auch in Bergisch Gladbach. Die digitalisierte Verwaltung klopft schon an, eine papierarme Arbeitsweise ist in der Umsetzung, intern Dokumentenmanagementsystem genannt.
Die Stadt ist in der Pflicht, archivfähig zu dokumentieren
Alle Mitarbeitenden müssen umdenken, nicht nur Stadtarchivar Dr. Thomas Schwabach, bei dem sich bald alles um Speichermengen und Speichermedizin drehen könnte. Schwabach muss dafür sorgen, dass die Dokumente aus dem Rathaus auch in 500 Jahren nutzbar sind. Die Stadt ist in der Pflicht, ihre Papiere archivfähig zu dokumentieren.
Erste Hebel werden gesetzt, unmerklich, für die Bürger. Im Hauptausschuss entschieden die Politiker einstimmig, einen Dienstleister zum Scannen städtischer Akten zu suchen. Es geht um 4,4 Millionen Seiten, die qualitätssicher digitalisiert und gespeichert werden müssen. Eine knappe Million Euro kalkuliert die Verwaltung. Sämtliche Alten müssen abgeholt und für das Scannen vorbereite werden.
Können die digitalisierten Akten vernichtet werden?
Eingeklebte Notizzettel müssen von Hand entfernt, Klammern abgenommen werden, das Papier muss fürs Durchlaufen der Scans geglättet sein. Nichts darf beim Scannen durcheinander geraten, eine Überwachung muss auch eingerichtet sein. Was nach dem Scannen kommt, ist die eigentliche Frage: Müssen alle Akten weiter in den Archivkellern des Stadthauses aufbewahrt werden oder können sie auch entsorgt werden?
Schließlich gibt es ja den Scan. Wichtiges voreilig zu entsorgen wäre ein Supergau für die Behörde. Diese Frage hatten auch mache Politiker im Fachausschuss auf dem Herzen. Es kommt wohl auf die Wichtigkeit der Dokumente an. Manches, was von niederer Bedeutung für die Stadtgeschichte ist, könnte auch direkt in den Papierschredder gelangen.
Ohne das Scannen ist der neue Standort nicht zu nutzen
In der Verwaltung schauen die Entscheider auf den Umzug ins neue Stadthaus an der Bensberger Straße. Im ehemaligen AOK-Gebäude werde es nicht genügend Platz zur Lagerung der Akten geben, berichtet Bürgermeister Frank Stein (SPD). Das heißt: Ohne das Scannen kann die Verwaltung an ihrem neuen Standort gar nicht arbeiten.
Und noch etwas: Die Mitarbeitenden sollen zunehmend auf das Arbeiten zuhause umsteigen. Um im Homeoffice überhaupt arbeiten zu können, müssen die Akten digital vorliegen. Das ist noch ein Grund, weshalb sich die Verwaltung intensiv mit dem Scannen der Papiere beschäftigt. Die Verwaltung wird papierarm, das ist gesetzt. Und in einigen Jahrzehnten könnte sich vollständig papierlos sein. Das Scannen ist der Türöffner für ein neues Zeitalter der Verwaltung.