Der Verein „Die Platte“ verteilt an Bedürftige warme Suppen, Lebensmittel und Decken. Immer mehr Menschen kommen.
Menschen in NotWie ein Verein in Bergisch Gladbach Obdachlosen hilft
Melina! Du bist wieder da“, freut sich Ali Misini. „Jaa, ich bin wieder gesund!“, antwortet Melina K. (Name geändert). Man kennt sich, beim Kältebus in Bergisch Gladbach. Im Winter werden in Gladbach, Refrath und Bensberg jeden Tag, außer Sonn- und Feiertags, warme Suppen, Lebensmittel und wenn nötig, Decken und Schlafsäcke an bedürftige Menschen verteilt. Das Angebot ist gerade in Krisenzeiten wie diesen sehr gefragt.
Die Ehrenamtler der Platte nennen die Bedürftigen "Schützlinge"
Als Ali Misini und Lutger Nohr vom Verein „Die Platte“ in Bergisch Gladbach mit dem Kältebus ankommen, warten ungefähr 15 Menschen am Bahnhofsplatz. Die Ehrenamtler sind gut eingespielt, sie bauen im Handumdrehen Klapptische auf, kochen heißes Wasser für Fünfminute-Terrinen und erklären den Ablauf: „Erst gibt es die Terrinen, dann verteilen wir die Lebensmittel und danach gibt es Backwaren aus dem Foodsharing.“ Die „Schützlinge“, so nennt der Verein die Menschen, die auf ihre Hilfe angewiesen sind, bilden eine Schlange und unterhalten sich. Dann startet die erste Runde: Misini füllt Wasser in eine Terrine, steckt einen Löffel rein und reicht sie einem Schützling. Dann winkt er den nächsten an die Ausgabe.
Lutger Nohr ist einer der ungefähr 24 ehrenamtlichen Fahrer und Fahrerinnen, die die Schichten mit dem Kältebus immer in zweier Teams fahren. Er hat im Café Himmel und Ääd einen Aushang gesehen, auf dem stand, dass die Platte Hilfe sucht. Da er pensionierter Arzt ist, habe er gedacht, dass er medizinisch helfen könne. „Das ist hier aber nicht so gefragt. Dann habe ich überlegt, dass Essen ausfahren eine sinnvolle Sache ist“, erklärt er. Circa 20 weitere Ehrenamtliche kümmern sich um die Verwaltung der Spenden, Organisation und Büroarbeiten. „Wir können immer weitere Helfer gebrauchen“, sagt Misini. Insgesamt habe der Verein über 80 Mitglieder.
Neben dem Kältebus veranstaltet die Platte jeden Samstag einen Kleider-Basar, auf dem die Schützlinge Kleidung, Hygieneartikel und warme Mahlzeiten bekommen. Außerdem können sie auch Bestellungen aufgeben, wenn die Platte Kleidung, die sie brauchen, gerade nicht da hat. „Manchmal müssen wir ein paar Wochen warten, bis bei den Spenden das Richtige dabei ist, aber bisher konnten wir immer alles besorgen“, sagt Vereinsvorsitzender Misini und betont: „Die knapp 40 Ehrenamtlichen machen eine tolle Arbeit! Ohne sie wäre das alles nicht möglich.“
Mittlerweile sind alle Terrinen verteilt, und es geht weiter mit den Lebensmitteln. Nohr hat diese bereits im Lager an der Hauptstraße in Tüten gepackt und reicht sie nun über die Tische hinweg an die Wartenden. Wer gerade vorne in der Reihe stand, stellt sich wieder hinten an, sodass alle etwas abbekommen. „Die Lebensmittel in den Tüten sind Spenden der Supermärkte Hetzenegger. Dafür sind wir sehr dankbar. Es ist echt toll, dass sie immer fragen, was wirklich gebraucht wird“, erklärt Misini.
Corona und die hohe Inflation treibt immer mehr Menschen zur Platte
Es gibt noch ein paar Reste und der Vorsitzende ruft über die Unterhaltungen der Menschen hinweg, was noch zu haben ist. „Manchmal mache ich das wie ein Marktschreier. Ein bisschen Spaß muss ja auch sein“, erklärt er. Mit seiner offenen Art kommt er bei den bedürftigen Menschen gut an. „Der Ali ist echt ein guter Typ“, sagt Melina K. und fügt hinzu: „Das sind eigentlich alle, die für die Platte arbeiten.“ Sie kommt schon länger zum Kältebus und kennt die meisten Menschen, die an diesem Abend da sind. „Gerade in diesen Zeiten ist das Angebot sehr wichtig für viele“, sagt sie. Die Platte habe seit Corona und der Inflation auch eine erhöhte Nachfrage festgestellt: „Eigentlich werden es jeden Monat mehr Menschen, die kommen“, sagt Misini.
Während alle mit Nahrungsmitteln versorgt werden, kommen die Lebensmittelretter Ilja und Katharina Kuhl zum Einsatz: Sie schmieren Brötchen und teilen diese zusammen mit Brot in Tüten auf, die Ali Misini und Ludger Nohr an ihre Schützlinge austeilen.
Die Kuhls retten die Backwaren privat in ihrer Freizeit und liefern sie zwei Mal die Woche an die Platte. „Wir möchten gerne helfen. Und hier ist unser Einsatz richtig aufgehoben. Die Schützlinge sind einfach klasse“, sagt Ilja Kuhl.
Weihnachtsplätzchen von der Otto-Hahn-Realschule werden verteilt
Der Zusammenhalt unter den Bedürftigen ist groß. Auch wenn sie selbst wenig haben, wird darauf geachtet, dass alle etwas abbekommen. „Wenn einer mal spät dran ist, teilen wir die Sachen, die wir schon bekommen haben auf“, erzählt Melina K..
Zum Schluss gibt es noch Weihnachtsplätzchen, die die Jahrgangsstufe 7 der Otto-Hahn-Realschule für die Schützlinge der Platte gebacken hat. „Ohne die ganze Unterstützung könnten wir das alles gar nicht machen“, sagt Misini. Er und Nohr räumen die Tische wieder ein, verabschieden sich von ihren Schützlingen und fahren weiter nach Refrath und Bensberg.
Kältebus und Obdachlosigkeit in Bergisch Gladbach
In Bergisch Gladbach sind ungefähr 130 Menschen in Notunterkünften gemeldet. Bei der Platte sind nur zwei Menschen in der Stadt bekannt, die auf der Straße schlafen. Natürlich gebe es auch in Bergisch Gladbach eine Dunkelziffer, aber die sei sehr schwer abzuschätzen. Außerdem wird der Platz in den Notunterkünften auch in Bergisch Gladbach langsam aber sicher knapp. Es gebe aktuell nur noch zwei freie Plätze. Wer obdachlos ist oder wem Obdachlosigkeit droht, kann sich auch an den Vereoin „Die Platte“ wenden. Der Vereinn versucht dann eine Notunterkunft zu vermitteln.
Der Kältebus ist von November bis März täglich ab 19 Uhr mit warmen Getränken und Lebensmitteln auf folgender Route im Einsatz: Bergisch Gladbach (Bahnhof), Refrath (Marktplatz Dolmanstraße) und Bensberg (Schloßstraße). Außerdem werden Spenden an den Haltestellen des Kältebusses angenommen: Montag 17 bis 19 Uhr, Mittwoch 9 bis 12 Uhr und Freitag 14 bis 16 Uhr.
Das Seniorenzentrum Bergische Residenz Refrath hat der Platte in der Vorweihnachtswoche eine Spende in Höhe von 2000 Euro überreicht. „Von dieser Höhe sind wir überwältigt“, sagt Ali Misini. Das Geld helfe dem Verein sehr, die bedürftigen Menschen weiter zu unterstützen. (abr)