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BüttenrednerMorgens Berater, abends Tuppes

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Bergisch Gladbach – Ein Betriebswirt, der bei der Agentur für Arbeit Unternehmer berät – bei dieser Vita denkt man nicht direkt an Frohsinn und Karneval. Dabei gehört diese Vita einem Büttenredner, der derzeit zu den Aufsteigern in den Sälen zählt: Jörg Runge, im Karneval besser bekannt als „Dä Tuppes vum Land“.

Vor elf Jahren hat der aus Altenkirchen stammende Betriebswirt als „Tuppes“ angefangen, mit Reimreden sein Publikum zu begeistern. Seine ersten Zuhörer fand er bei einer Seniorensitzung im Bergischen, wo er eigentlich für die musikalische Untermalung zuständig war. Als dort ein Redner ausfiel, sprang er ein und hielt seinen ersten „Verzäll“. „Der Tuppes ist heute nicht mehr so brav, wie er zu Anfang war“, schätzt der 42-Jährige. Mit seinen spitzzüngigen Reden, in denen Boris Becker ebenso sein Fett abkriegt wie der ADAC, setzt er auf Humor oberhalb der Gürtellinie und auf Aktualität. „Wenn ich mittags etwas Schräges im Radio höre, dann will ich es abends in der Rede haben“, erklärt der studierte Betriebswirt.

Hauptberuflich arbeitet Runge als Qualifizierungsberater bei der Agentur für Arbeit in Bergisch Gladbach. Er berät Unternehmer bei der Personalentwicklung. Vor acht Jahren stieß er als Quereinsteiger zum Team in der Bensberger Straße. „Wir unterstützen Arbeitgeber dabei, ihr Personal bedarfsgerecht zu qualifizieren. Das Problembewusstsein für die sinkende Zahl an Facharbeitern, die sich durch den demografischen Wandel noch verstärken wird, ist längst noch nicht in jedem Betrieb angekommen. Hier setzen wir an. Wer beizeiten seine Mitarbeiter bei Fortbildungen gezielt unterstützt, sichert letztlich die Zukunft seines Unternehmens“, beschreibt Runge seinen Beruf.

Als „Tuppes vum Amt“ will er dabei aber keinesfalls rüberkommen. Anzug und Krawatte sind für den Berater im Büro selbstverständlich. „Der Beruf ist mir wichtig und die Bühne meine große Leidenschaft, das trenne ich sehr genau. Da mein Job viele Abendtermine mit sich bringt, sammele ich die Überstunden über das Jahr an, um während der Session freie Tage nehmen oder mal eher gehen zu können.“ Der Auftritt vor Publikum ist für ihn die einzige Gemeinsamkeit dieser beiden Welten. Trotzdem: „Manchmal erleichtert es den Einstieg ins Gespräch, wenn mich ein Arbeitgeber erkennt, weil er mich am Abend vorher im Karneval auf der Bühne gesehen hat“, gibt Runge zu.

Als „Tuppes“ arbeitete er sich langsam hoch in der Kölner Karnevalshierarchie. Vom ersten Vorstellabend im Rhein-Erft-Kreis 2006 bis zur Premiere beim Vorstellabend der Kajuja Köln 2008 sammelte Runge viele Erfahrungen. Heute ist er nicht nur aktives Mitglied beim Stammtisch Kölner Karnevalisten und der Kajuja Köln, sondern auch im Kreis Bergischer Karnevalisten. „Ich kann mich noch gut an meinen allerersten Auftritt vor vier Jahren im Kölner Gürzenich erinnern. Damals rief mich die Ehrengarde Köln an, ob ich für einen erkrankten Redner einspringen könnte. Ich fragte: »Wann?« Die Antwort kam prompt: »Heute.« Ich hab es gemacht und es war ein einmaliges Erlebnis.“ Als seine Vorbilder auf der Bühne nennt Runge „De Doof Noss“ Hans Hachenberg, Hans Süper und Botterblömchen Hans Bols. „Als mich nach einem Auftritt im vergangenen Jahr Hans Hachenberg anrief und mir gratulierte, da habe ich mich sehr gefreut.“, erinnert sich Runge an ein Telefonat mit der im vergangenen Jahr verstorbenen „Doof Noss“.

Um Job und Karneval wuppen zu können, setzt der Vater einer fünfjährigen Tochter auf Sport und gesunde Ernährung zum Ausgleich. „Ich trinke in der Session nie Alkohol, gehe lieber in die Sauna und treibe regelmäßig Sport.“ Diese Fitness kann er auch nach dem Ende der Fastenzeit gut gebrauchen. Beim Radrennen „Rund um Köln“ will Runge mit seinem Rennrad wieder am Jedermann-Rennen teilnehmen. „Den Berg vor dem Bensberger Schloss habe ich auch im letzten Jahr gut geschafft“, sagt er stolz.