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Corona in Rhein-Berg„Viel gelernt über den Virus“

Lesezeit 4 Minuten

Auf mobile Beatmungsgeräte wie dieses hat Dr. Tim Eschenbach, Leiter der Notfallambulanz am MKH, ständig Zugriff.

Rhein-Berg – Während im Kreis trotz steigender Tendenz die Zahl der an Covid-19 erkrankten Menschen überschaubar bleibt, zieht das Umland an: In Köln, Siegburg, Leverkusen, Solingen und Wuppertal liegt der Inzidenz-Wert bereits an oder über der kritischen Grenze von 50 Personen je 100 000 Einwohnern in sieben Tagen. Da heißt es für die Kliniken in Rhein-Berg, achtsam zu bleiben. Jederzeit können auf einen Schlag in einem Altenheim oder auf einer Feier mehrere Personen aus der Risikogruppe akut erkranken.

„Im Großen und Ganzen fahren wir wieder normale Kapazität,“ sagt Dr. Andreas Hecker, Ärztlicher Direktor am Evangelischen Krankenhaus (EVK). Dennoch: „Wir treffen uns seit einigen Tagen wieder täglich mit allen Beteiligten in der Klinik, um flexibel auf die Entwicklung reagieren zu können.“

„Wir können jederzeit aufstocken“

War im Frühjahr noch eine komplette Station und der Teil einer zweiten für isolationspflichtige Patienten freigeschaufelt, sind aktuell jederzeit mindestens zwei Zimmer mit speziellem Abluftsystem geblockt. Insgesamt wurden im EVK bisher nur fünf Intensivpatienten behandelt von insgesamt 15 Corona-Patienten. „Angesichts der steigenden Zahlen können wir jederzeit aufstocken,“ versichert Hecker.

Das gleiche gilt für die GFO-Kliniken Marienkrankenhaus (MKH) und Vinzenz-Pallotti-Hospital. Im MKH wurden 23 Fälle in ersten halben Jahr seit dem Anzug der Epidemie in Deutschland behandelt, vier davon auf der Intensivstation.

Aufmerksame Beobachtung

Von 16 Beatmungsplätzen ist man wieder auf die üblichen zehn Intensivbetten heruntergegangen, berichtet Dr. Tim Eschenbach, Leiter der Zentralen Notaufnahmeambulanz am MKH. Aber auch hier wird das Geschehen in der Nachbarschaft aufmerksam beobachtet.

Die Verunsicherung der ersten Monate ist einem routinierten Respekt gewichen. „Wir wissen mittlerweile genau, wann die rote Ampel leuchtet,“ sagt Eschenbach. „Wir wissen uns zu schützen.“ Niemand habe sich bisher direkt bei einem Corona-Patienten angesteckt und sei erkrankt. „Größer ist die Sorge, man könnte als symptomloser Überträger jemand anderen anstecken,“ bringt es Gesundheits- und Krankenpflegerin Maja Koepke auf den Punkt.

Viel gelernt bei Diagnose und Thearapie

Dr. Thomas Stevens, Chefarzt der Pneumologie im EVK, sieht die Klinik medizinisch gut aufgestellt im Umgang mit der Covid-19-Infektion: „Wir haben viel gelernt bei der Diagnose und Therapie.“ Man könne heute bereits in der Notaufnahme meist die richtige Richtung vorgeben. Zudem sei der Test mit Gurgellösung („Das machen wir schon seit Monaten!“) zuverlässiger als der Rachenabstrich. Wichtig sei aber auch: „Bei der Diagnose gehört mehr dazu als das Testergebnis. Negativ getestete Personen können trotzdem infiziert sein, haben wir gelernt.“ Oft zeige sich erst in der Computertomografie der Lunge das „klassische Bild“ eines Befalls.

Dr. Sascha Marohl, Leitender Oberarzt der Anästesiologie und Intensivmedizin am MKH, berichtet über Detailerkenntnisse in den Unterschieden zwischen einer „normalen“ Lungenentzündung und Covid-19. Und darüber, dass die schwer Erkrankten oft an Thrombosen oder Herzinfarkt versterben und man dies bei der Medikamentengabe berücksichtigen müsse. „Wir sehen derzeit weniger schwere Verläufe,“ so Thomas Stevens. „Die Risikogruppen schützen sich gut.“ Aber: Die Erkrankung habe drei Phasen und sei bei schwerem Verlauf „unglaublich hartnäckig und langwierig“.

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Die Fiebersenkung dauere, die Beatmungszeiten seien deutlich länger als bei vergleichbaren Infektionen. „Sobald ein Covid-19-Patient Sauerstoff benötigt, kann das bisher einzige zugelassene Medikament Remdesivir helfen,“ so Stevens. In der letzten Phase der Erkrankung, wenn das Immunsystem in Mitleidenschaft gezogen ist und eine Sepsis droht, werde Cortison verabreicht.

Während die Corona-Welle wieder hochschwappt, ist die Zahl der Influenza- und Erkältungskranken derzeit eher niedrig. „Der Verkauf von Grippemitteln ist auf Null,“ hat Thomas Stevens beobachtet. Die Schutzmaßnahmen – Maske tragen und Abstand halten – verringern offenbar ebenfalls die Ansteckungsgefahr durch andere Viren. „Wir werden sehen, ob das so bleibt,“ meint Tim Eschenbach eher skeptisch. Eins jedenfalls ist für Sascha Marohl klar: „Wir werden wohl lernen müssen, mit dem Virus zu leben. Es gibt im Moment kein Medikament, das die Erkrankung heilt, und auch keinen wirksamen Impfstoff. Ob sich Immunität einstellt, wissen selbst die Virologen nicht sicher.“