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Die Gefahr lauert am TelefonKreispolizei Rhein-Berg gibt Tipps gegen Betrüger

Lesezeit 4 Minuten

Vor allem der Betrug an Telefon, Haustür und im Internet hat während der Corona-Pandemie in Rhein-Berg zugenommen.

Rhein-Berg – Der vermeintliche Arzt, der wegen eines Corona-Tests zum Hausbesuch vorbeikommen möchte, der Gewinnspiel-Geldbote, der nach ein paar „Notargebühren“ die große Gewinnübergabe verheißt, oder der falsche Polizist, der den Schutz von Wertsachen vor Einbrechern verspricht – „Die Betrugsvarianten mutieren zurzeit wie das Coronavirus“, sagt Claudia Kammann.

Gefragt: Hilfe beim Schutz vor Betrügern und anderen Straftätern bietet Kriminalkommissarin Claudia Kammann.

Die Kriminalhauptkommissarin ist bei der Kreispolizei für die Kriminalprävention und den Opferschutz zuständig. Und sie kennt sich aus. In Zeiten, in denen es nur noch eingeschränkt persönliche Kontakte gibt, lauern die Gefahren am Telefon, im Internet – und an der Hausklingel. „Gerade in unserem Kreis braucht grundsätzlich niemand Angst zu haben, abends auf die Straße zu gehen“, sagt sie, „aufpassen muss man aber unbedingt an Haustür, Telefon und im Internet.“ Und das betreffe keineswegs ausschließlich Senioren. „Auch jüngere Menschen werden durchaus Opfer von Betrügern.“

Betrüger sprechen Emotionen an

Häufiges Erfolgsrezept der Betrüger: „Es werden immer Emotionen angesprochen“, sagt Kammann, „und dann neigt unser Gehirn dazu, nicht mehr so gut zu funktionieren.“ Gerade angesichts der aktuellen Kontaktbeschränkungen seien die stärkere Einsamkeit vieler Menschen eine ideale Grundlage für Betrüger, die dies ausnutzten.

Kriminalitätsopfer und Hilfe

2864 Menschen in Rhein-Berg wurden im vergangenen Jahr Opfer von Straftaten, der Großteil war zwischen 22 und 59 Jahren alt (69,8 Prozent der Kriminalitätsopfer), 253 waren über 60 Jahre alt (8,8 Prozent). Der Anteil der Über-60-Jährigen an der Bevölkerung im Kreis beträgt rund 30 Prozent, der der 21- bis 60-Jährigen rund 46,5 Prozent. Unter den Kriminalitätsopfern waren zudem 167 Kinder (5,8 Prozent), 242 Jugendliche (8,4 Prozent) sowie 202 Heranwachsende (7,1 Prozent).

25 Prozent mehr Menschen haben im Corona-Jahr 2020 im Kriminalkommissariat Kriminalprävention/ Opferschutz bei Claudia Kammann und ihrem Team Hilfe gesucht. Dabei seien große Präventionsveranstaltungen wegen der Pandemie-Einschränkungen kaum möglich gewesen, so Kammann. Neben Betrug wendeten sich Hilfesuchende auch wegen Stalking und häuslicher Gewalt an das Kriminalhauptkommissariat, das unter (0 22 02) 205-430 und -431 und -433 und -434 zu erreichen ist.

Ein bisschen Anteilnahme, persönliches Interesse, und mancher Angerufene öffnet nicht nur sein Herz, sondern oft genug auch noch sein Portemonnaie. „Ich weiß nicht, was die mit mir gemacht haben. Die haben mir regelrecht den Kopf abgeschaltet“, sagt eine Mitsiebzigerin, die freigiebig einen erheblichen Geldbetrag bei falschen Polizisten in Sicherheit bringen wollte. Claudia Kammann lernte die Frau in einer Beratung kennen: „Sie ist eloquent und gebildet. Es kann wirklich jeden treffen“, weiß die Kriminalhauptkommissarin.

Häufig lassen Betrüger ihren Opfern auch durch pausenloses Reden gar keine Zeit zum Nachdenken. „Dabei ist es egal, welche Geschichte erzählt wird“, sagt Claudia Kammann: „Immer wenn es um Geld, persönliche Daten, eine zeitliche Dringlichkeit à la »Nur heute kann ich Ihnen dieses Angebot machen«, oder man zur Verschwiegenheit aufgefordert wird, sollten alle Alarmglocken angehen.“

„Man muss sich nicht entschuldigen“

Gute Reaktionen seien dann, zu sagen „Ich lege mal auf“ oder „Ich bespreche mich erst einmal mit einem Vertrauten“, rät Kammann. „Und wenn ich keine Vertrauten habe, dann rufe ich gleich bei der Polizei an.“ Wenn ein Unbekannter am Telefon Geld fordere, sollte man am besten sofort auflegen, so die Kriminalhauptkommissarin: „Man muss sich nicht entschuldigen oder erklären, auch wenn wir das so als gute Manieren gelernt haben. Aber in solchen Fällen darf man die auch gerne dann mal überspringen.“

Scham- oder gar Schuldgefühle brauche niemand zu haben, sagt die Kriminalkommissarin. Daher rät sie auch Angehörigen oder Vertrauenspersonen von Menschen, die offenbar Kontakt mit Betrügern hatten, nicht zu schimpfen. „Es ist wichtig, ein gutes Verhältnis zu dem Betroffenen zu wahren“, sagt sie. Die Frage: „Wie können wir dich unterstützen?“ – beispielsweise an die eigenen Eltern – sei deutlich besser als Unmutsäußerungen wie „Was hast du denn da gemacht!?“

Telefonfilter kann helfen

Helfen könne man Angehörigen beispielsweise mit einem Telefonfilter, der bestimmte Anrufe gar nicht mehr durchstellt. So würden beispielsweise dann Nummern wie die 110, mit denen Betrüger, die sich oft als Polizisten auszuweisen versuchten, gesperrt, weiß Claudia Kammann. Eine weitere Hilfe, die die Kreispolizei derzeit mit Banken einführt, sind Geldumschläge, in die Bankmitarbeiter Barauszahlungen an ihre Kunden aushändigen. Auf diesen Umschlägen stehen dann sechs Fragen, mit denen sich der jeweilige Geldabheber selbst prüfen kann. Zum Beispiel: „Wurden Sie kurz vorher angerufen?“ oder: „Sind Sie von jemandem zur Verschwiegenheit aufgefordert worden?“

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Mit dem Projekt reagiert die Polizei auf immer ausgefuchstere Betrüger, die ihre Opfer häufig ganz genau brieften, wie sie auf Fragen von Bankmitarbeitern zu antworten haben. „Manche lassen ihre Opfer auch mit eingeschaltetem Handy in die Bank gehen, um jedes gesprochene Wort mitzubekommen, und erfinden immer neue Begründungen, warum es unbedingt notwendig ist, dass niemand von der Geldtransaktion erfährt“, weiß Claudia Kammann.

Wer im Kriminalkommissariat Kriminalprävention/Opferschutz beraten werden möchte, erreicht Claudia Kammann und ihre Kollegen, die ihre Beratungsstelle auf dem Zanders-Gelände in Bergisch Gladbach haben, telefonisch unter den Durchwahlen (0 22 02) 205-430 oder -431 oder -433 oder -434.

Nächste Folge: Wenn’s passiert ist. Ein Ermittler der Kreispolizei berichtet aus seiner Arbeit auf der Spur von Betrügern.